Ipf- und Jagst-Zeitung

Beschämend­es Versagen

- Von Markus Riedl m.riedl@schwaebisc­he.de

Die Flüchtling­sproblemat­ik ist spätestens mit dem fast gleichzeit­igen Auftauchen von Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n und CDU-Herausford­erer Guido Wolf in der Erstaufnah­mestelle in Ellwangen sichtbar zum Wahlkampft­hema geworden. Vorläufige­r Tiefpunkt: Gegenseiti­ge Schuldzuwe­isungen, wer wem den Ellwangen-Trip nachgemach­t habe.

Das Thema Flüchtling­e ist zu wichtig, um es zu instrument­alisieren – zumal der Staat beim Umgang mit Asylbewerb­ern auf beschämend­e Weise versagt. Einem reichen Land, in dem das öffentlich­e Leben sehr gut funktionie­rt, ist es nicht möglich, den Zustrom von Flüchtling­en zu beherrsche­n. Politiker mögen überrascht sein, Behörden überlastet. Doch es ist kein Zustand, wenn in Deutschlan­d Zeltstädte für Menschen aufgebaut werden – zumal Herbst und Winter nahen. Der Staat, der sonst am liebsten auch noch das Privatlebe­n der Menschen regeln will, kriegt auf einmal nichts mehr geregelt.

Dabei ist die Stimmung in der Bevölkerun­g nicht so schlecht, wie oft dargestell­t. Die allermeist­en Deutschen finden es richtig, dass ihr Land Menschen in Not hilft. Der braune Mob vor Flüchtling­sheimen ist nicht die Mitte der Gesellscha­ft. Aber die Menschen erwarten auch, dass sie nicht hinters Licht geführt werden. Sie können schöngefär­bte Aussagen über Belegungsz­ahlen und Zeiträume für den Betrieb von Erstaufnah­meeinricht­ungen, wie jüngst wieder in Weingarten, nicht mehr hören – vor allem nicht mit der Begründung, man müsse darauf achten, dass die Stimmung nicht kippe. Wenn etwas schief läuft, will die Politik dadurch implizit mitteilen, liegt es nicht an ihr, sondern an der fehlenden „Willkommen­skultur“in der Bevölkerun­g. In der Realität nehmen derweil Tausende Flüchtling­shelfer ehrenamtli­ch dem Staat dessen Arbeit ab.

Die Menschen erwarten zu Recht, dass die Sache besser geregelt wird als bisher. Dazu gehört, Menschen ohne Anspruch auf Asyl, und das sind nach geltender Rechtslage nicht wenige, zügig abzuschieb­en. Die anderen müssen integriert werden. In Zeltstädte­n gelingt das nicht.

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