Wandern im Premium-Modus
Der SeeGang rund um den Überlinger See führt auch hinauf in die Höhe
Mit Superlativen sparen die Touristiker vom Bodensee nicht: Von atemberaubenden Ausblicken, einzigartigem Genuss zu Fuß, Waldpfaden wie aus dem Märchen und geheimnisvollen Schluchten sprechen sie, wenn sie den SeeGang beschreiben. So ist erst einmal Skepsis angebracht. Trotzdem lockt der SeeGang, der von Überlingen nach Konstanz (oder umgekehrt) führt. Wurde er doch im vergangenen November vom Deutschen Wanderinstitut zum Premiumweg gekürt. Dank der hohen Punktezahl, die er erreichte, gilt er fortan sogar als der schönste Streckenwanderweg Baden-Württembergs und rangiert an dritter Stelle im bundesweiten Vergleich. „Ganz klar, im kommenden Jahr wollen wir der schönste Streckenwanderweg in Deutschland werden“, umreißt Caroline Schlatterer von Bodman-Ludwigshafen-Tourismus das Ziel. Wenn das kein Grund ist, die Wanderschuhe zu schnüren!
Etwas Kondition vonnöten
Die anfängliche Skepsis ist nicht nur den überschwänglichen Beschreibungen im Infomaterial geschuldet, sondern auch der Tatsache, dass der Überlinger See bereits vor wenigen Jahren umrundet wurde. Das war tatsächlich sehr schön. Doch was sollte jetzt neu und anders und gar „Premium“sein? Alles. Denn der SeeGang führt nicht wie zuerst erwartet auf den schon bekannten Bodenseerundweg, sondern bereits beim Startpunkt im Überlinger Stadtgarten über viele Stufen hinauf auf die sanften Höhenzüge des Hinterlands. Etwas Kondition muss deshalb schon mitbringen, wer die rund 20 Kilometer bis nach Bodman an nur einem Tag bewältigen will. Denn zwischen Überlingen und Sipplingen geht es stets bergauf bergab, zum Beispiel auf einem schmalen Pfad zwischen meterhohen Sandsteinfelsen durch den wildromantischen Spetzgarter Tobel. Im Hochsommer bietet dieser Waldweg willkommenen Schatten, im Mai duftet der gesamte Tobel kräftig nach Bärlauch, und im Herbst schließlich bedecken bunte Blätter den Pfad.
Unglaubliche Weitblicke
Oberhalb des Schlosses Spetzgart – einer Außenstelle des Salemer Internats – empfangen blühende Wiesen und unglaubliche Weitblicke den Wanderer. Unten liegt der See, der sich von hier aus fast in seiner kompletten Länge überschauen lässt. Auf der gegenüberliegenden Seite grüßen bei klarer Sicht nicht nur der Bodanrück, sondern auch das Schweizer Alpenmassiv mit Säntis und Churfirsten. Am Wegesrand stehen jede Menge Bänke, sogar bequeme Holzliegen und -schaukeln, um diesen grandiosen Anblick völlig entspannt genießen zu können. Nach diesem besonderen Hochgefühl geht es wieder hinein in den Wald. Jetzt ist es der Hödinger Tobel, der mit seiner Urwald-Atmosphäre für ein prickelndes Gefühl sorgt. Erst nach Sipplingen führt der Weg wieder hinunter zum See und dann immer am Wasser entlang nach Ludwigshafen und durch das Naturschutzgebiet weiter bis Bodman.
Mehr als verdient hat der Wanderer jetzt eine Dusche, ein leckeres Abendessen mit Fisch und Wein vom See sowie ein gemütliches Bett. Bodman bietet dafür reichlich Gelegenheit. Doch dem Müßiggang frönen sollte man erst nach einem kurzen Abstecher zu den Lenk-Gärten. Der Bildhauer Peter Lenk, bekannt für seine teils witzigen, teils ironischbösen Skulpturen und Erschaffer der Hafenfigur Imperia in Konstanz, hat in Bodman seinen Wohnsitz und sein Atelier. Viele seiner überdimensionalen Werke sind hier im Freien ausgestellt.
Nicht wundern, wenn nach diesem Besuch die Träume von drallen Frauenkörpern und gnomenhaften Männergesichtern dominiert werden. Spätestens nach dem Aufstieg zur Burgruine Altbodman am nächsten Morgen ist der Kopf aber wieder frei. Auf dem Traufpfad Richtung Liggeringen und Langenrain prägen sich wieder Bilder von grünen Wiesen, blauem Wasser und weißen Segeln ein. Auf einen Höhepunkt des SeeGangs müssen Wanderer in dieser Saison leider verzichten. Nach mehreren Erdrutschen im Frühjahr ist die spektakuläre Marienschlucht vorerst nicht passierbar. Stattdessen führt der Weg weiter auf dem Bodanrück bis in die Ortschaft Wallhausen am See. Weitere 15 Kilometer des über 53 Kilometer langen SeeGangs sind hier zurückgelegt. Ganz originell übernachtet es sich nach dieser Etappe in den Schlaffässern auf dem Campingplatz Klausenhorn direkt am Seeufer.
Abwechslungsreich
Noch einmal knapp 20 Kilometer sind es dann bis Konstanz. Und wieder führt der SeeGang weg vom Wasser steil nach oben. Über den Litzelstetter Purren und durch den Mainauwald geht es schließlich wieder hinab zum Konstanzer Hörnle. Am See entlang vorbei an alten und neuen Villen erreicht der Wanderer dann das Zentrum der sehenswerten Konzilstadt.
Der SeeGang ist deutlich länger als die Umrundung des Überlinger Sees auf dem Bodenseerundweg. „Rund 20 Kilometer“schätzt Caroline Schlatterer. Nicht nur länger, auch abwechslungsreicher. Und genau das ist ein wichtiges Kriterium für das Wanderinstitut, eine Strecke zum Premiumweg zu küren. Aber auch die Möbilierung am Wegesrand, das Vorhandensein von Picknickund Grillplätzen sowie eine sehr gute Beschilderung sind Punkte, die bei der Vergabe des Qualitätssiegels eine Rolle spielen. Was den SeeGang zusätzlich auszeichnet, sind die vielfältigen Möglichkeiten, ihn in einzelne Etappen aufzuteilen oder dank bestens verbundenem Schiff-, Zug- und Busverkehr nach Belieben abzukürzen. Doch das wiederum wäre ausgesprochen schade.
Weitere Informationen sowie Kartenmaterial zum Herunterladen gibt es im Internet unter
Sommerzeit
www.premiumwanderweg-seegang.de
oder bei der Tourist-Information Bodman-Ludwigshafen,
Einen Pauschalwanderurlaub auf dem SeeGang mit vier Übernachtungen, Gepäcktransport und mehr bietet ab 389 Euro an: www.original-landreisen.de