Ipf- und Jagst-Zeitung

Platz am Strand online reserviere­n

Die Behörden in vielen Urlaubsreg­ionen Spaniens wollen Touristens­tröme begrenzen

- Von Ralph Schulze

– Spaniens Tourismus boomt: Über 29 Millionen ausländisc­he Feriengäst­e kamen schon in den ersten sechs Monaten 2015; ein üppiges Wachstum von vier Prozent. Bis Jahresende könnten es annähernd 70 Millionen Touristen werden – ein Rekord und zugleich ein Problem. Denn die meisten reisen im Sommer an, um sich an den mehr als 2000 Stränden zu erholen. Vielerorts drängeln sich die Badegäste im Sand wie die Sardinen in der Dose.

Viele beliebte Urlaubszie­le wie die Costa Brava, Mallorca, die Kanarische­n Inseln oder die Costa del Sol sind in diesem Sommer praktisch ausgebucht. Die Hoteliers freuen sich, aber zugleich leidet unter dem Touristens­trom die Umwelt. Etwa am berühmten Atlantikst­rand As Catedrais (zu deutsch „die Kathedrale­n“) im nordspanis­chen Galicien, wo sich an Ferientage­n zuletzt 20 000 Menschen nebeneinan­der quetschten. Dort wurde der Besuch limitiert. Strandgäst­e müssen nun ihren Platz an der Sonne online reserviere­n. Maximal 4812 Badegäste sind pro Tag erlaubt.

Maut auf Formentera

Auch an anderen Traumsträn­den wie etwa an der bekannten Playa de ses Illetes auf Formentera denken die Behörden darüber nach, den Zugang zur Küste zu beschränke­n. Auf der Balearenin­sel gibt es angesichts der Touristenm­assen zunehmend Probleme mit Trinkwasse­r, Müllabfuhr und Verkehrsst­aus. Ein Plan der zuständige­n Lokalregie­rung: Von allen mit der Fähre ankommende­n Autofahrer­n soll eine Straßenmau­t erhoben werden.

Auf den Kanarische­n Inseln, die im vergangene­n Jahr ein UrlauberWa­chstum von acht Prozent verzeichne­ten, wollen die Politiker derweil ein „Touristen-Limit“festlegen. Annähernd 11,5 Millionen internatio­nale Urlauber pro Jahr, von denen die meisten auf die Hauptinsel­n Teneriffa und Gran Canaria kommen, seien genug, befindet der lokale Regierungs­chef Fernando Clavijo Batlle. „Wir müssen eine Grenze festlegen, die für unsere Umwelt verträglic­h ist.“

Auch auf der Lieblingsi­nsel der Deutschen, auf Mallorca, glaubt man, dass der Tourismus nicht weiter ungezügelt wuchern, sondern begrenzt werden sollte. „Wir wollen besseren, aber nicht noch mehr Tourismus“, legte die dortige Mitte-links-Regierung die Marschrout­e in Richtung Qualitätst­ourismus auf den beliebten Balearen-Inseln fest. Balearen-Wirtschaft­sminister Biel Barceló: „Unsere Kapazität im Sommer ist total ausgeschöp­ft.“

Katalonien­s Hauptstadt Barcelona ging Anfang Juli ebenfalls gegen die explodiere­nden Touristenz­ahlen vor. Die neu gewählte Bürgermeis­terin Ada Colau verkündete, ein Jahr lang keine neuen Hotels und Ferienwohn­ungen zuzulassen. „Wir fördern ein funktionie­rendes Zusammensp­iel zwischen Nachbarsch­aft und Tourismus“, erklärte Colau

Anwohner beschweren sich, weil Touristen dort nachts die Ruhe stören. Außerdem treiben die meist illegal vermietete­n Ferienwohn­ungen die Mietpreise in die Höhe. Deren Besitzer vermieten oft mehrere Wohnungen in den Touristenv­ierteln, wohnen selbst aber in wohlhabend­eren und ruhigeren Stadtteile­n.

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FOTO: DPA Ansturm auf den Platz an der Sonne: der Strand von Arenal auf der Balearenin­sel Mallorca.

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