KABARETT
Mit diesen Scherzkeksen ist man gut genährt für den Aufbruch
Das ist doch mal ein guter Tipp fürs gerade losgebretterte neue Jahrzehnt: Mundabwischen! So könnte man die Lebensweisheiten von Ilka Bessin auf einen Nenner bringen. Die selten um Auskunft verlegene Berlinerin hat jetzt ihre alte Cindy-rolle und den rosa Marzahn-strampler lange hinter sich gelassen. Und das ist gut so. Nur wer aufgibt, hat wirklich verloren, verkündet sie nun mit kessem Aufbruchsmut. „Das Leben ist keine Einhorn-torte“, sagt sie. „Es sei denn, man streut Glitzer drauf.“Ihr neues Programm ist auf all diejenigen Mitmenschen zugeschnitten, bei denen es gerade nicht so läuft, weil sie statt des Hauptgewinns zuletzt immer nur Nieten gezogen haben. Es kann aber nicht immer nur bergauf gehen, weiß Bessin. Es wird auch mal wieder bergab gehen. „Was ist wohl leichter: Sich den bekloppten Berg mit ‘nem Puls von 2000 raufzuquälen oder locker und easy bergab zu schlurfen?“, fragt sie scheinheilig. Na eben! (Freiheiz, 23.1.)
Schlaffe Ausreden lässt Hagen Rether, der bekanntlich aus einem ganz anderen, härteren Holz geschnitzt ist, nicht gelten. „Wir können die Welt nicht retten?“, käut er falsche Ausflüchte der Selbstgerechten und Verzagten nach, nur um sie gleich wieder zurückzuweisen. „Ja, wer denn sonst?“. Sein noch immer aktuelles, schmerz- wie scherzhaftes „Liebe“-programm will er als Anstecknummer verstanden wissen.
Und als Aufruf, sich nicht so schnell gehen zu lassen. (Deutsches Theater, 13.1.)
Wer das neue „Götzendämmerung“-solo von Götz Frittrang absolviert hat, kann dem Weltuntergang entspannt entgegensehen. Er will ebenfalls nicht hinnehmen, dass es im Jahr nicht wirklich mehr Höhepunkte als das saisonale Reifenwechseln und das jeweilige Anund Abdrehen des Gartenwasserhahns aufweist. Daher nimmt er sein geneigtes Publikum mit auf eine Reise ins eigene Gehirn. Auf den irrwitzigen Wanderungen hält man immer wieder mit Aussprüchen wie „Genauso kenn ich das auch“oder „Moment mal, wie kommt er denn darauf?“inne und verlässt das Theater rundum geläutert. Es wird ein Kuraufenthalt. Und danach muss man neidlos zugestehen: Frittrang lohnt sich! (Lach- und Schießgesellschaft, 15.1.)
Erfrischt und gesundet sollte man übrigens auch von einem Besuch beim Ösi Robert Palfrader zurückkommen. Und auch innerlich geläutert. Immerhin erzählt er seiner Gemeinde im neuen „Allein“-programm, was ihn vom katholischen Klosterschüler zum Atheisten gemacht hat. Und zwar zu einem, dem Religion trotz allem heute noch wichtig ist. Außerdem weiß Palfrader jetzt alles über sein Gen-material, mütter- wie väterlicherseits. Und davon mehr, als er eigentlich erfahren wollte. Zwischendurch führt er erhellende Gespräche mit einem Krankenhauskeim, einem polnischen Anthropologen, einem Bettler, einem Partygast, mit seinem Ur-großvater und mit Gott (beide bitte nicht miteinander verwechseln!). Ganz zum Schluss gibt es noch einen Vorschlag, den man wirklich nicht ablehnen kann. Hingehen! (Lustspielhaus, 23.1.)
Ebenfalls zu neuen Pflichtterminen dürften die Freitage und Samstage im neu eröffneten Quatsch Comedy Club werden, von dem Erfinder und Mentor Thomas Hermanns viel Erleuchtendes im neuen „Ortsgespräch“zu erzählen weiß. Die Eröffnungsfeierlichkeiten mit dem Bochumer München-kenner, der in Nürnberg aufwuchs und schon lange in Berlin lebt, stehen unter dem neubaierischen Motto „O’glacht is“. (Nachtkantine, ab 17.1.)
Richtiger Bayer mit allem, was dazu gehört (inklusive Hut) ist natürlich die Urgewalt Helmut A. Binser, den derzeit vieles umtreibt. Mit 40 sieht er sich in der Lebensmitte angekommen. Und er muss zwangsläufig an „Löwenzahn“denken. So auch der Titel des neuen Solos. Immerhin ist im Hochsommer der eigenen Existenz noch so manches Feld zu bestellen. Die Scheune im Garten steht noch nicht. Auch alle 60er-witze sind noch nicht erzählt. Und sein alter Benz aus den 80ern hat die eine
Million Kilometer noch nicht erreicht. Binser gibt Gas. (Schlachthof, 10./11.1.)
Sportlich durchstarten werden natürlich auch die acht hochmotivierten Impro-teams, die wieder zum Kräftemessen und Wett-witzeln in den Ring steigen. Es geht darum, mit gelenktem Geistesblitz ins Schwarze zu treffen und sich nicht mit Einfall sowie Einfalt ein Eigentor zu schießen. Kenner wissen eh: Der fastfood Improcup 2020 ist eine Pflichtveranstaltung, die Herz, Hirn und Hemmungslosigkeit (beim Dazwischenschreien) fordert. (Schlachthof, ab 18.1.)
Tolle Ideen im Überfluss hält übrigens die „kabarettistische Theatercomedy“mit dem Überfliegertitel „Drüber“bereit, für die sich als Texter Alexander Liegl, Angelika Gruber und Ingrid M. Lechner verantwortlich zeichnen. Letztere nimmt ihre Zuhörer mit auf eine Alm und dann noch mit ins Flugzeug. Spätestens mit Erreichen der Reiseflughöhe wird ihr dort jäh bewusst, dass Tomatensaft eben doch dicker ist als Blut. Nun kann man sich nur noch anschnallen und warten, bis diese blöden Zeichen da oben erloschen sind. Wundern darf man sich allerdings nicht, wenn auf dem Nebensessel eine Kuh sitzt. (Vereinsheim, 15.1.)
An die nicht ganz alltägliche Form der Theatercomedy – noch dazu solo auf der weiten Bühne – hat sich Heike Feist gewagt. Sie spielt in ihrem Stück „Alle Kassen, auch privat“die Wirrnisse in einer ganz normalen Hausarztpraxis durch. Kurz bevor Frau Doktor die Sprechstunde beginnen lassen möchte, tropft es von der Decke. Wasserschaden im Behandlungszimmer! Doch das ist nicht das einzige Malheur, mit dem sie kämpfen muss. Am Ende weiß man ganz sicher: So einer Ärztin würde man gerne vertrauen. (Das Schloss, 17.1.)
Wo findet man denn überhaupt noch Zuflucht im hektischen Alltagsdurcheinander? Das Duo Petzenhauser & Wählt weiß ganz genau wo: im Wirtshaus. Dort spielt auch ihr neues „Montag Ruhetag“-programm. Es ist der Ort, wo auf Tauffeiern frische Erdenmenschen ins Leben und bei Leichenschmäusen Verblichene aus ebensolchem gesoffen werden. Auf Hochzeiten wird dem Verderben entgegengetanzt. Und am Stammtisch marinieren die ganz Weisen ihre Weltkenntnis in Weißbier. Prost! (Schlachthof, 17.1.)
Und kaum sitzt man ein wenig sinnierend beim Gerstensaft, ist schon wieder – ach – so viel Zeit vergangen. Höchste Eisenbahn also für Ecco Meineke, den Schnellstarter auch dieses Jahres. Er blickt in „Rückblick 2020“auf die ersten 20 Tage der neuen Dekade zurück. Zeit für die wichtigsten Höhepunkte, die großen Ereignisse und die besten Toten. Ecco weiß es: Es war jetzt schon wieder sehr bewegend. (Lach- und Schießgesellschaft, 20.1. und Stadtbibliothek Germering, 26.1.)
Wer dann trotzdem noch einen An- oder Stromstoß fürs Weitermachen im neuen Jahr benötigt, darf natürlich keinesfalls die neue Elektroshow in Münchens schönstem Varieté-theater verpassen. Die Sänger, Tänzer, Artisten, Musiker und Spaßmacher wirbeln hierfür wieder einmal Klänge, Farben und Köperteile durcheinander. Und das elektrisiert. (GOP, ab 16.1.)