Griechenland lockert
Corona Während hierzulande die Wirtschaft wegen des Lockdowns erstarrt, öffnen in Griechenland die Geschäfte wieder. Gerade noch rechtzeitig zum Winterschlussverkauf
Athen Aufatmen bei den griechischen Einzelhändlern und ihren 140000 Beschäftigten: Rechtzeitig zu Beginn des Winterschlussverkaufs am Montag dürfen die Läden wieder öffnen. Sie waren seit dem Beginn des Lockdowns am 7. November geschlossen.
Es gelten allerdings Abstandsregeln: In Geschäften mit bis zu 100 Quadratmeter Fläche dürfen sich maximal vier Kunden gleichzeitig aufhalten, in größeren Läden jeweils ein Kunde pro 25 Quadratmeter Fläche. So soll Gedränge vermieden werden. Auch Friseure dürfen ab Montag wieder zur Schere greifen. Die Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhr gilt allerdings weiter. Auch wer tagsüber die Wohnung verlässt, etwa zum Einkaufen oder für einen Spaziergang, muss per SMS eine Genehmigung anfordern. Überregionale Reisen bleiben verboten.
Mit der Lockerung reagiert die Regierung auf einen Rückgang der Neuinfektionen. Dank des Anfang
verhängten Lockdowns, an den sich die Bevölkerung in ihrer großen Mehrheit auch über Weihnachten und Silvester weitgehend hielt, hat sich die Lage inzwischen entspannt. Die Sieben-Tage-Inzidenz, die die durchschnittliche Zahl der Neuinfektionen pro 100000 Einwohner angibt, liegt in Griechenland aktuell bei 39,1. Zum Vergleich: In Deutschland beträgt der Wert 139,2.
Griechenland und Finnland sind derzeit nach den Daten der europäischen Behörde ECDC die einzigen EU-Staaten, die nicht als Risikogebiete rot, sondern nur gelb markiert sind. Die griechische Provinz Epirus, die Ionischen Inseln, die Kykladen und die Dodekanes-Inseln sind sogar als einzige Regionen des Kontinents auf der Corona-Karte grün eingezeichnet, weil sie in den vergangenen 14 Tagen weniger als 25 Neuinfektionen pro 100000 Einwohner meldeten. So gut schneidet in Europa nur noch das zu Dänemark gehörende Grönland ab.
Dass die Regierung jetzt die Beschränkungen lockert, hat aber nicht nur mit den günstigeren Infektionszahlen zu tun. Aus dem Einzelhandel kommen immer mehr Hilferufe. Nachdem die Händler bereits im Frühjahr 2020 einen mehrwöchigen Lockdown zu verkraften hatten, verloren sie jetzt auch noch das Weihnachtsgeschäft. Jeder zweite Geschäftsinhaber stehe vor der Pleite, warnt Stavros Kafounis, der Vorsitzende der Athener Handelskammer. Nicht nur die Existenz zehntausender Familienunternehmen steht auf dem Spiel. Die Pandemie zieht das chronische Krisenland immer tiefer in die Rezession. „Jeder Monat Lockdown kostet die Volkswirtschaft über drei Milliarden Euro“, rechnete Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis in einer Parlamentsdebatte vor.
Nach vorläufigen Berechnungen ist das griechische BIP im vergangenen Jahr infolge der Pandemie um 10,5 Prozent geschrumpft. Auch die Aussichten für 2021 verschlechtern sich zusehends. Noch im vergangenen Oktober erwartete die RegieNovember rung ein Plus von 7,5 Prozent. Jetzt rechnet sie nur noch mit einer Erholung von 4,8 Prozent. Die Analysten der Großbank HSBC reduzierten jetzt ihre Wachstumsprognose für Griechenland sogar auf drei Prozent.
Noch keine Lockerung gibt es allerdings für die Gastronomie. Die rund 80000 Restaurants, Tavernen, Cafés und Bars bleiben vorerst geschlossen. Sie sollen frühestens in einigen Wochen wieder öffnen, sofern die Infektionszahlen weiter zurückgehen. „Wir müssen vorsichtig sein und einen Schritt nach dem anderen machen“, sagt Wirtschaftsminister Adonis Georgiadis. Anfangs sollen Gäste voraussichtlich nur im Freien bewirtet werden. Weil um diese Jahreszeit selbst in Griechenland die Temperaturen in die Nähe des Nullpunkts sinken können, fördert die Regierung jetzt die Anschaffung von Heizstrahlern für die Außengastronomie. Pro zehn Quadratmeter Bewirtungsfläche bezuschusst das Wirtschaftsministerium jeweils einen Heizstrahler mit 100 Euro.