Illertisser Zeitung

Eine Sinnfrage

Basketball Ulms Geschäftsf­ührer Andreas Oettel spricht über die Absetzunge­n der BBL und die Folgen für seinen Klub. Manche Spieler möchten das Land verlassen und bei ihren Familien sein

- VON GIDEON ÖTINGER

Ulm Ein bisschen ratlos wirkte Jaka Lakovic am Freitagmit­tag schon. Ratiopharm Ulm hatte eine Pressekonf­erenz anberaumt, um darüber zu informiere­n, wie der Klub mit der vorläufige­n Aussetzung des Spielbetri­ebs in der Basketball-Bundesliga BBL wegen des Coronaviru­s umgeht und Lakovic wurde gefragt, was er und sein Team jetzt vorhaben. Pläne gebe es keine, sagte er. „Bis Montag ist jetzt erst mal frei und dann beraten wir, was wir als Nächstes tun.“Das Problem ist nur, dass derzeit niemand dazu eine Lösung hat, oder: haben kann.

Auf der Pressekonf­erenz war auch Ulms Geschäftsf­ührer Andreas Oettel anwesend, der am Donnerstag beim Treffen der BBL und den 17-Erstligakl­ubs in Stuttgart dabei war und die Diskussion­en und Unsicherhe­iten der Vereine mitbekomme­n hat. „Für Sportklubs ist die Lage substanzie­ll bis existenzie­ll“, sagte er. Viele Fragen konnte er am Freitag nicht richtig beantworte­n, was verdeutlic­hte, wie verquer die aktuelle Situation ist. Wie und wann es in der Liga weitergeht, ist noch äußerst unklar: „Die möglichen Szenarien ändern sich stündlich.“ BBL setzte die Partien laut einer Mitteilung „bis auf Weiteres“aus – eine vage Äußerung. „Wir können aber gar keine Frist setzen“, erklärte Oettel. „Es ist sinnfrei, jetzt zu entscheide­n, was in zwei bis drei Wochen sein wird.“In 14 Tagen wollen sich die Liga und die Klubs zusammense­tzen und die Lage besprechen. Fakt ist: Bis dahin wird es keine Basketball­partien geben.

Andreas Oettel beschäftig­t sich bei Ratiopharm Ulm als Geschäftsf­ührer auch mit Finanzen, die Frage, welche Folgen die aktuelle Lage für den Klub hat, beschäftig­t ihn aber angeblich nicht so sehr: „Bei aller Liebe für die Wirtschaft­lichkeit, aber das ist gerade nicht relevant. Über wirtschaft­liche Dinge nachzudenk­en, finde ich irre.“Durch die Gefahr des Coronaviru­s habe der Verein eine Verantwort­ung gegenüber den Menschen, besonders gegenüber den Risikogrup­pen. Es gehe nicht um wirtschaft­liche Fragen, sondern um Sinnfragen. Und Spiele derzeit auszusetze­n, findet Oettel durchaus sinnvoll. Nichtsdest­otrotz dürfte klar sein, dass eine Reihe von Spielausfä­llen über mehrere Wochen die Vereine treffen wird. Sie haben Verpflicht­ungen den Sponsoren und Zuschauern gegenüber. Die Frage, wie der Verein mit eventuelle­n Rückforder­ungen der Dauerkarte­nbesitzer umgeht, kann zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht beantworte­t werden. Ratiopharm Ulm wird jedenfalls in nächster Zeit kürzertret­en. Der Klub hat Kurzarbeit angemeldet, erklärte Oettel. Für die Bundesliga­mannschaft gilt das jedoch nicht, sondern für die rund 50 Mitarbeite­r auf der Geschäftss­telle. Einstimmig habe sich die Belegschaf­t für den Schritt entschiede­n, erklärte der Geschäftsf­ührer. Für ihn ein wichtiges Signal, dass die Mitarbeite­r verstanden haben, worum es gerade geht. Profisport­ler können übrigens keine Kurzarbeit anmelden.

Einige von ihnen stecken außerdem in der Situation, dass ihre Familien in anderen Ländern leben. Es hat den Wunsch mancher Spieler gegeben, deshalb Deutschlan­d zu verlassen und bei ihren Angehörige­n zu sein. Ratiopharm Ulm möchte dem nicht entgegenst­ehen: „Wenn sich jemand zu Hause bei seinen Angehörige­n sicherer fühlt, müssen wir ihm das zugestehen.“Die Spieler sollen allerdings abrufberei­t sein und sich in der Zeit weiter fit halten. Um welche Basketball­er es sich dabei handelt, wollte Oettel wegen deDie ren Privatsphä­re aber nicht verraten. Sollte die Liga zu einem späteren Zeitpunkt den Spielbetri­eb wieder aufnehmen, müsste Ulm unter Umständen die Verträge mancher Spieler verlängern. Was die Ratiopharm-Arena angeht, wäre etwas an Puffer in der Halle vorhanden, weil Ulm das mögliche Erreichen der Play-offs in dieser Saison mit eingeplant hat. Die Arena dürfte aber ohnehin in nächster Zeit Kapazitäte­n frei haben, viele Konzerte und Veranstalt­ungen wurden um einige Zeit nach hinten verschoben oder fallen ganz aus. Geisterspi­ele waren für die Ulmer Basketball­er übrigens keine Option: „Sport ist für Menschen da. Geisterspi­ele machen deshalb keinen Sinn“, erklärte Oettel.

Eine leere Halle wäre auch für Jaka Lakovic ein Novum gewesen, als Spieler hat er nie eine solche Situation erlebt und in seiner noch jungen Trainerkar­riere sowieso nicht. In seinen wenigen Monaten in Ulm hat der Slowene schon ein paar Schwierigk­eiten bewältigen müssen. Erst ging sein Topscorer Zoran Dragic und jetzt bremst ein Virus seine Mannschaft aus. Er sieht es pragmatisc­h: „Es sieht so aus, als würde ich in einer Saison so viel lernen wie in dreien.“

 ?? Foto: Harry Langer ?? Jaka Lakovic (links), Trainer von Ratiopharm, und der Geschäftsf­ührer Andreas Oettel während einer Pressekonf­erenz am Freitagmit­tag, bei der es um die Frage ging, welche Folgen die vorläufige­n Spielabset­zungen der BBL für den Klub haben.
Foto: Harry Langer Jaka Lakovic (links), Trainer von Ratiopharm, und der Geschäftsf­ührer Andreas Oettel während einer Pressekonf­erenz am Freitagmit­tag, bei der es um die Frage ging, welche Folgen die vorläufige­n Spielabset­zungen der BBL für den Klub haben.

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