Er bietet Trump Sachsen an
Kabarett Jahresrückblick der anderen Art: Fast drei Stunden begeistert Urban Priol mit seinem Programm im voll besetzten Ulmer CCU
Ulm Tilt! Ende, vorbei, das Spiel ist aus. Spiel? Politik ein Spiel? Mitnichten, und doch spielt Kabarettist Urban Priol bei seinem traditionellen Jahresrückblick „Tilt“im voll besetzten Ulmer Congress-Centrum verbal mit den Parteien, den Politikern, der Regierung aus diesem unserem Land ebenso wie mit den Großkonzernen oder den ausländischen „Verrückten“wie Donald Trump oder Recep Tayyip Erdogan, den Präsidenten der USA und der Türkei, dass bei den Besuchern kein Auge trocken bleibt.
Dabei wütet Priol doch so bitterernst von der Bühne herab. Er würfelt die Angesprochenen in seinem knapp dreistündigen Programm mitunter bunt durcheinander, ohne die Zusammenhänge zu verwirren, ohne den Faden zu verlieren, ohne Punkt und Komma. Ein brillanter Meister des politischen Kabaretts, bei dessen Auftritt man geneigt ist, seine ganze Schelte als wahrhaft hinzunehmen, sich unter dem Feuerwerk der Schmähungen und der Wucht seines Bombenhagels abzuducken. Oh wie schlecht war die Politik in diesem Jahr! Wie schlecht sind die Deutschen! Man müsste sich schämen – aber es war ja am Freitagabend nur Kabarett – oder?
Jeder bekommt vom gebürtigen Aschaffenburger Urban Priol sein Fett ab. Als einen der bescheuertsten Einfälle bezeichnet er die Maut„Geschichte“von Verkehrsminister Andreas Scheuer, dem „Master oft the Maut-Desaster“. Es war, so der Kabarettist, „der Knüller des Jahres“. Ein großes Thema 2019 – der Niedergang der großen Volksparteien, so Priol. „Die merken es bloß nicht.“Der 58-Jährige lässt kaum ein gutes Haar an den politischen Akteuren. Weder an Bundeskanzlerin Angela Merkel, die „14 Jahre lang nur Pillepalle-Politik“gemacht habe und die er zusammen mit Ursula von der Leyen, der neuen Präsidentin der Europäischen Kommission sowie Annegret Kramp-Karrenbauer, der neuen Verteidigungsministerin, mit den „Hexen von Eastwick“vergleicht. Auch der britische „Märchen-Onkel“Boris Johnson, der „Lord of the lies“(zu deutsch: Lord der Lügen), der „Great Britain zu Little Britain“machen werde und die Österreicher mit ihrem Video-Skandal von Ibiza bekommen von Urban Priol Breitseiten.
Böse Worte auch über Donald Trump und seinem vergeblichen Versuch, den widerspenstigen Dänen Grönland abzukaufen (Priol: „Er hat sich selbst nach Deutschland eingeladen. Helgoland steht nicht zum Verkauf, aber wir könnten ihm Sachsen anbieten“) und über „Miss Ernte“Julia Klöckner, über die ach so wenig kampfbereite Bundeswehr, die katholische Kirche, „die behauptet, die 68er seien an der Missbrauchsaffäre schuld, weil sie mit ihrer sexuellen Revolution und ihrer zügellosen Freizügigkeit die Priester verführt haben“, über VW und die anderen am Abgas-Skandal beteiligten Automobilkonzerne.
Urban Priol hätte sicher noch stundenlang weiter schmähen können. Großer Jubel brandete auf, als er vom just erfolgten Sieg der Heidenheimer Kicker beim großen HSV berichtete. Viel Applaus gab es auch für seine Einschätzung: „Jürgen Klinsmann ist wieder hier. Ein Mann von internationaler Strahlkraft, also ein Blender.“Tilt! Aus und vorbei. Auf das Jahr, das laut Priol sicher so „bescheuert wird wie 2019. Machen wir das Beste draus!“