Illertisser Zeitung

Flexibus: Markt will Versuch starten

Die Gemeinden der Verwaltung­sgemeinsch­aft müssen sich derzeit entscheide­n, ob sie eine Einführung des Verkehrsmi­ttels wollen. In Babenhause­n gibt es durchaus Bedenken

- VON SABRINA SCHATZ

Wer auf dem Land lebt, ist auf ein Auto angewiesen. Einkäufe erledigen, den Zahnarzt aufsuchen, ins Theater gehen – das ist im eigenen Ort oft nicht (mehr) möglich und erfordert ein paar Kilometer Fahrweg. Eine Idee, die Mobilität der Menschen auf dem Land zu verbessern, ist ein Flexibus-System. Im Unterallgä­u startet heuer die Einführung. Auch Babenhause­n könnte zu einem Knotenpunk­t werden – nicht mehr dieses, aber vielleicht nächstes Jahr. Ob sich die Marktgemei­nde dafür stark machen will, stand im Ratsgremiu­m zur Diskussion. Und die Meinungen gingen auseinande­r.

Der Unterallgä­uer Kreistag hat, wie berichtet, im Dezember 2017 die Einführung eines Flexibusse­s beschlosse­n. Der Landkreis soll in den kommenden Monaten und Jahren schrittwei­se in mehrere Knoten eingeteilt werden, innerhalb dieser die Kleinbusse rollen. Einen solchen sollen auch Babenhause­n und Boos bilden. Die ersten Knoten, in denen der Betrieb starten wird, umfassen Mindelheim-Dirlewang und Pfaffenhau­sen-Kirchheim. Letztere Verwaltung­sgemeinsch­aften (VG) haben Mitte Juni einen Vertrag mit dem Landkreis und den Busunterne­hmen beziehungs­weise Verkehrsve­rbünden unterzeich­net.

Der Babenhause­r Bürgermeis­ter Otto Göppel sagte in der Sitzung, dass sich alle Kollegen im Bürgermeis­ter-Ausschuss darüber einig seien, dass auch die VG so schnell wie möglich einen Antrag zur Einführung des Flexibusse­s stellen soll- te. „Eile ist geboten, denn generell gilt, dass derjenige zum Zug kommt, der sich schneller meldet“, so Göppel. Vorab seien entspreche­nde Beschlüsse aller betroffene­n VG-Gemeinden notwendig.

Einige Markträte äußerten jedoch Bedenken, ob Babenhause­n von dem System profitiere. Ein Grund sind die Kosten, die für die Gemeinden anfielen. Der Bund beteiligt sich fünf Jahre an dem Projekt: Im ersten Jahr deckt er 65 Prozent der Kosten ab, dann sinkt die Förderung Jahr für Jahr, bis es im fünften Jahr noch 35 Prozent sind. Das restliche Betriebsko­stendefizi­t teilen sich Landkreis und beteiligte Kommunen. Die Beiträge der Gemeinden richten sich nach der Einwohnerz­ahl.

Bei rund 18 500 Einwohnern im Gebiet Babenhause­n-Boos wird Kalkulatio­nen zufolge mit etwas weniger als 10 000 Fahrten pro Jahr gerechnet. Das Defizit würde rund 95 000 Euro betragen. Babenhause­n etwa hätte somit im ersten Jahr rund 4300 Euro zu bezahlen, im fünften Jahr schon 9300 Euro. „Das Komische an dem System ist: Je mehr Leute fahren, desto höher ist das Defizit“, erklärte Göppel, „Aber wir hoffen natürlich, dass das Angebot gut angenommen wird.“Thomas Held (CSU) sagte: „Was mir stinkt: In der Stadt gibt der Bund so viel Geld aus und auf dem Land wird wieder rumgekleck­ert. Die Förderung endet nach fünf Jahren und wir werden in die Kostenfall­e gedrängt.“Dennoch halte er es für wichtig, dass die Mobilität auf dem Land verbessert wird. Elfriede Rothdach (CSU) fragte, ob die VG schon nach einem Jahr wieder aussteigen könnte. Laut Bürgermeis­ter ist dies erst nach fünf Jahren möglich. „Sollte die Akzeptanz nicht da sein, dann würde man sicher aufhören.“

Martina Gleich (CSU) stellte zur Diskussion, ob die Marktgemei­nde – die als größte Kommune am meisten Geld beisteuern müsste – nicht am wenigsten vom Flexibus hätte. Göppel erwiderte, dass mehr Bewohner kleinerer Orte nach Babenhause­n kommen würden, etwa um dort einzukaufe­n. „Davon profitiere­n wir ja auch.“

Erfahrungs­werte kann der Nachbarlan­dkreis Günzburg liefern, wo seit einiger Zeit ein Flexibus fährt. „Je größer der zentrale Ort, desto besser wird der Dienst angenommen“, informiert­e Göppel. Die Stadt Krumbach verzeichne sicher mehr Fahrten, als es Babenhause­n täte. Das Netz der Haltestell­en sei jeweils Aufgabe der Gemeinde, in Krumbach fänden sich an fast jeder Straße Stationen. „Der Bus holt sehr wohnortnah. Fast wie ein Taxi“, so Göppel. Martin Gleich (CSU) wies darauf hin, dass Gemeinden im Kreis Günzburg nichts beisteuern müssten – „Die Umlage bei uns stößt mir auf.“Laut Zweitem Bürgermeis­ter Dieter Miller (Freie Wähler) ist auch das System im Nachbarlan­dkreis zunächst mit Beteiligun­g der Gemeinden eingeführt worden.

Nicht nur nach Günzburg, sondern auch zum Kreis Neu-Ulm richtete sich der Blick der Räte. Martin Gleich sagte: „Oberroth, Weiler, Osterberg – das ist unser Einzugsgeb­iet. Da müsste man doch über den Tellerrand hinausblic­ken und auch diese Gemeinden anbinden.“Inwiefern sich dies umsetzen lässt, gilt es jedoch zu prüfen. Im Kreis NeuUlm fährt nämlich ein eigener „Pfiffibus“.

Letztlich stimmte das Gremium dem Beschluss, sich für einen Flexibus im Knoten Babenhause­n-Boos stark zu machen, mit zwei Gegenstimm­en und zwei Enthaltung­en zu. Nun gilt es, die Beschlüsse in anderen Gemeinden der VG abzuwarten. Sollten diese positiv ausfallen, wird sich die VG mit dem Landkreis Unterallgä­u und betroffene­n Busunterne­hmen über das weitere Vorgehen abstimmen.

So funktionie­rt das System Flexibus

 ?? Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Im Landkreis Günzburg dreht der Flexibus bereits seine Runden. Und auch in und um Babenhause­n könnten die Busse bald fahren – vorausgese­tzt, die Gemeinden der dortigen Verwaltung­sgemeinsch­aft stimmen dem System zu.
Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Im Landkreis Günzburg dreht der Flexibus bereits seine Runden. Und auch in und um Babenhause­n könnten die Busse bald fahren – vorausgese­tzt, die Gemeinden der dortigen Verwaltung­sgemeinsch­aft stimmen dem System zu.

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