Wenn der „Hausmeister“das Unternehmen kauft
Das alteingesessene Illertisser Modehaus Rimmele hat einen neuen Inhaber: Adrian Nas. Der 35-jährige Unternehmer spricht über den Besitzerwechsel, die schwierige Lage der Textilbranche und seine Pläne
Nein, Türke sei er nicht: Das sagt Adrian Nas und lacht. Der neue Inhaber des Modehauses Rimmele (und der dazu gehörenden vier Geschäfte) kennt das Gerücht, das seit Tagen in Illertissen zu hören war. Demnach habe ein Geschäftsmann aus dem Land am Bosporus das alteingesessene Modeunternehmen gekauft. Woher die vermeintliche Nachricht stammt, weiß Nas nicht. „Vielleicht liegt’s an meinem Bart“, sagt der 35-Jährige, der ursprünglich aus Rumänien kommt. Aus Klausenburg. Ein Unbekannter ist Nas in der Vöhlinstadt nicht: Seit elf Jahren arbeitet er im Modehaus Rimmele, lenkte als Geschäftsführer die Geschicke des traditionsreichen Geschäfts. „Mir liegt viel an dem Unternehmen.“Da sei es folgerichtig gewesen, den Hut in den Ring zu werfen, als sich kürzlich ein Eigentümerwechsel anbahnte.
Nas kaufte die kleine Firmengruppe von der Familie Fischbach, die zugehörigen Immobilien hat er gemietet. Die etwa 50 Mitarbeiter werden allesamt übernommen – von dem Mann, den sie früher scherzhaft „Hausmeister“nannten. Weil er sich stets um alles gekümmert habe, wie es heißt. Was sich unter seiner Ägide ändern wird? Erst einmal gar nicht so viel. In den vergangenen Jahren habe er die Firma so aufstellen können, wie er sie haben wollte, sagt Nas. Und Duzen werde er die Beschäftigten weiterhin, außer die Azubis. Auch wenn keine großen Umbauten geplant sind: Ein bisschen etwas tut sich doch.
Hinter den Kulissen werde ständig daran gearbeitet, Rimmele und die vier Geschäfte (S.Oliver, Cara, Cecil, Tally Weijl) und deren Sortimente dem Geschmack, den Trends und dem Zeitgeist anzupassen. „Es wird laufend optimiert“, sagt Nas, der seit 18 Jahren in der Modebranche arbeitet. Gelernt hat er seinerzeit bei der Textilkette Hennes & Mauritz (H&M) in Nürnberg, war dort schließlich als Gebietsleiter für die Expansion zuständig. Ein fordernder Job, oft war erst gegen 22 oder 23 Uhr Feierabend. Danach arbeitete Nas für die Modefirmengruppe CBR, wobei er die Familie Fischbach kennenlernte. Schließlich wechselte er nach Illertissen.
In einer Stadt dieser Größe ein konkurrenzfähiges Modegeschäft zu betreiben, das sei durchaus eine Herausforderung, sagt Nas. Die Textilbranche durchlebe momentan schwere Zeiten. Das liege an einem Überfluss an Waren. Aber auch an der Konkurrenz von Online-Handelsriesen wie Amazon oder Zalando. Der Situation müsse man sich stellen: „Wir schauen immer, was am Markt passiert, welche Hersteller angesagt sind“, sagt Nas. Auf insgesamt rund 2000 Quadratmetern könne man einiges bieten, von Hemden sogenannter Premiummarken bis zur Jeans für 39 Euro.
In den Abteilungen stünden Tabletcomputer bereit: Sei ein gewünschtes Kleidungsstück nicht vorrätig, könne es bestellt werden, meistens innerhalb von 48 Stunden. Einen Onlineshop will Nas nicht an- daran seien schon viele gescheitert. Ein Grund: Rund 70 Prozent der verkauften Waren würden von den Kunden zurückgeschickt. Um diese Retouren zu stemmen, brauche man Lagerflächen, Personal und Geld. „Das ist sehr aufwendig“, sagt Nas. Und deshalb unrentabel.
Bei Rimmele setze man auf den persönlichen Kontakt: Da werde schon mal zehn oder 20 Minuten geratscht, weiß Nas. Das gehöre einfach dazu. Deshalb habe man auch mehr Mitarbeiter auf den Ladenflächen im Einsatz als andere Händler. 90 Prozent der Einkäufer seien Stammkunden. Gerne und häufig angenommen werde das Angebot, Kleidungsstücke mit nach Hause zu nehmen, um sie dort anzuprobieren. Wer sich zum Kauf entscheide, könne das Geld überweisen: „Dann muss man gar nicht mehr vorbeikommen“, so Nas. Mit Strategien wie diesen wolle man es dem Kunden so bequem wie möglich machen.
Und das funktioniert offenbar gut: Mit den vergangenen Geschäftsjahren sei man zufrieden, sagt der neue Inhaber. Damit das so bleibt, wollen er und sein Team „am Ball bleiben“. Themen gibt es einibieten, ge, eines davon: die Parkplätze in der Innenstadt. Von denen gebe es zu wenige, heißt es immer wieder von den Gewerbetreibenden. Auch die Vorbesitzer des Modehauses übten Kritik. Die wiederholt die Familie Fischbach/Rimmele nun in einer Erklärung, die sie zum Eigentümerwechsel verfasst hat. Tatsächlich gebe es in Illertissen „ein Parkplatzsterben“, heißt es da. Als Beispiele werden die Sanierung der Spöck und der Umbau der Querparkplätze genannt. Auch durch den erfolglosen Einsatz für Stellflächen habe man in den vergangenen Jahren das Herzblut verloren, um die Verantwortung für die Arbeitsplätze, die Herausforderungen des Marktes und die Risikobereitschaft für Investitionen weiter anzunehmen, steht in dem Schreiben. Dass schriftliche und mündliche Argumente nichts bewirkt hätten, sei „für uns sehr frustrierend“. Man hoffe, dass mit der Übergabe eine positive Veränderung für die Geschäfte in Illertissen einhergeht.
Auch wenn Nas positiv gestimmt in die Zukunft blicken will: Die Parkplatzfrage werde ihn, das Modehaus und den Illertisser Einzelhandel weiter begleiten. Viele Kunden kämen eben mit dem Auto, da seien weitere Stellflächen gefragt. Geht es nach Nas, sollte man sich seitens der Stadtverwaltung hierzu Gedanken machen. Falls das Modehaus eines Tages schließen müsse, sei das für die Attraktivität Illertissens ein großer Nachteil. Ein gleichwertiger Ersatz lasse sich wohl nicht finden: Viele große Textilketten machten einen Bogen um Kleinstädte, sagt Nas. „Da kommt sicher kein anderer und macht so etwas.“
Das sind allerdings nur düstere Gedankenspiele: Denn ein Ende von Rimmele steht nicht zu befürchten. Im Gegenteil: Nas ist nach Illertissen gekommen, um zu bleiben. Gemeinsam mit seinen Stellvertreterinnen Sonja Grüner und Angela Dopfer will der Branchenkenner die Entwicklungen im Blick behalten. Und darauf reagieren. Wenn es sein muss, auch eigenhändig. Von einem Chef, der nur im Büro sitzt, hält Nas nämlich gar nichts. So stellt sich der Inhaber auch mal selbst an die Kasse: „Ich kenne jeden Winkel im Laden und weiß wohin jeder Cent fließt“, sagt der 35-Jährige. Sein Spitzname „Hausmeister“kommt wohl nicht von ungefähr.
Illertissen würde an Attraktivität verlieren