Illertisser Zeitung

Einsatz in drei Wänden

Emily Martin richtet bei einem bekannten schwedisch­en Möbelhaus die Musterzimm­er ein. Was ihr an der Arbeit als Gestalteri­n für visuelles Marketing gefällt

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Eine junge Frau in einer grauen Arbeitshos­e mit Werkzeug an der Seite, schaut sich in dem kleinen Wohnzimmer um. Auf dem Sofa liegt ein aufgeschla­genes Buch, die Seiten nach unten. Es scheint, als wolle der Leser seine Lektüre bald fortsetzen. Emily Martin nimmt die ordentlich zusammenge­faltete Decke von der Couch, schüttelt sie und wirft sie locker neben das Buch. „So sieht das ganze doch viel gemütliche­r aus“, sagt sie.

Die 19-Jährige arbeitet bei Ikea als Gestalteri­n für visuelles Marketing. Hinter dieser sperrigen Berufsbeze­ichnung verbirgt sich in ihrem Fall die Aufgabe, Musterzimm­er so einzuricht­en, dass sie die Kunden zum Möbelkauf anregen sollen. Die Räume sollten dabei gleichzeit­ig funktional und optisch ansprechen­d sein. Emily will den Kunden auch neue Ideen geben und zeigen wie sie mit den Produkten – Aus Sicht des Möbelhause­s – die beste Lösung für ihr Zuhause schaffen.

Der Arbeitstag der Gestalteri­n beginnt in der Regel um 7 Uhr, also zwei Stunden bevor die ersten Kunden kommen. Dann hat sie Zeit, durch die Ausstellun­g zu gehen. Dutzende Musterzimm­er sind dort aufgebaut, die eigentlich keine richtigen Zimmer sind, sondern Nischen mit drei Wänden, in denen Möbel, Deko- und Einrichtun­gsgegenstä­nde präsentier­t werden. Bevor die Kunden hereinströ­men räumt Emily dort auf, beziehungs­weise schafft etwas künstliche Unordnung. „Es soll ja bewohnt aussehen, sodass sich die Leute möglichst wohlfühlen“, erklärt Emily. Deshalb sind die Tische in den Esszimmern manchmal schon gedeckt und die Kissen auf den Sofas nicht ordentlich aufgeschüt­telt, sondern etwas zerknautsc­ht – als ob der Bewohner gerade aufgestand­en wäre. Zu jedem Zimmer, das sie einrichtet, denkt sie sich eine Geschichte aus. Wer wohnt dort? Was macht die Person gerne und wie würde es in ihrer Wohnung aussehen? In Emilys Vorstellun­g gibt es dann zum Beispiel die junge Frau, die sich einen neuen begehbaren Kleidersch­rank eingericht­et hat und ihn natürlich ihren Freundinne­n zeigen will. Für die imaginären Frauen hat Emily schon ein Tablet mit Sektgläser­n vorbereite­t.

Im vergangene­n Jahr hat die 19-Jährige ihre Ausbildung bei Ikea beendet und wurde danach als Gestalteri­ndort angestellt. Insgesamt drei Jahre hatte die die Ausbildung gedauert. In dieser Zeit arbeitet die junge Gestalteri­n abwechseln­d für drei Wochen im Betrieb und anschließe­nd saß sie eine Woche an der Schule für Farbe und Gestaltung in Stuttgart. Auf dem Stundenpla­n standen Dinge wie Farblehre, Lichtsetzu­ng oder auch Präsentati­onstechnik­en.

Gestalter für visuelles Marketing arbeiten nicht nur bei Ikea und anderen Einrichtun­gshäusern, sondern zum Beispiel auch in Bekleidung­sgeschäfte­n. Während ihrer Ausbildung hatte Emily die Gele- genheit, sich diesen Bereich anzuschaue­n, denn Ikea kooperiert in der Ausbildung mit Mode-Unternehme­n wie H&M. Statt Zimmer einzuricht­en hat die 19-Jährige dort die Schaufenst­er dekoriert und so die Mode ins rechte Licht gerückt. Das Arbeitsfel­d der Gestalter für visuelles Marketing ist aber noch größer. Manche von Emilys Kollegen arbeiten auch im Messebau, wo sie die Stände bei Ausstellun­gen gestalten.

Bisher macht Emily die Arbeit noch viel Spaß. Sie hat sich für diese Ausbildung entschiede­n, weil sie einen Job wollte, bei dem sie kreativ sein kann, der abwechslun­gsreich ist und bei dem sie nicht nur im Büro sitzt. Wer als Gestalter für visuelles Marketing arbeiten möchte, sollte ein gewisses Talent für Gestaltung mitbringen, sagt Emily. Während der Ausbildung werde das Auge weiter visuell gefördert, wie auch das Gefühl für Stimmigkei­t und Trends. Auch privat kann sie von ihrer Ausbildung profitiere­n. Gerade steht der Umzug in eine neue WG an. Da ist es ganz praktisch, dass sie inzwischen ganz gut Möbel aufbauen und Wände streichen kann. Und Einrichtun­gsideen hat Emily auch schon mehr als genug.

Tipps zur Ausbildung „Gestalter für visuelles Marketing“gibt es unter berufenet.arbeitsage­ntur.de oder unter ihk lehrstelle­nboerse.de.

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Foto: Franziska Wolfinger Emily zeigt ihrem Kollegen, wie sie diesen begehbaren Kleidersch­rank eingericht­et hat. In ihrer Vorstellun­g wohnt dort eine junge Frau, die das neue Zimmer stolz ihren Freundinne­n zeigen will.

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