Wie ein alter Baum zu jungen Trieben kommt
Bei einer Serie von Veranstaltungen wollen Gartenbauvereine Wissen vermitteln. Der erste Teil: das Veredeln
Sie wissen, wie man es sprießen lässt: Fachleute und Gartenbesitzer aus dem ganzen Landkreis Neu-Ulm haben sich im Museum für Gartenkultur auf der Illertisser Jungviehweide ausgetauscht – es ging um das Veredeln von Obstgehölzen. Es war der Auftakt zur Reihe „Gartenwissen aus erster Hand“, wobei Vereine mit Schwerpunktthemen die Jahresausstellung „Reiche Ernte – der Arbeit Lohn“begleiten.
Franz Rendle vom Obst- und Gartenbauverein Unterroth und Herbert Schmid von den Kollegen in Au hatten sich auf je einem Präsentationstisch ausgebreitet, um mit scharfen Messern an Gehölzen das Veredeln vorzuführen und um Fragen zu beantworten. Herbert Schmid berichtete, wie so mancher unfreiwillig zum eigenen Garten und damit zwangsläufig zu einem Hobby komme: „Gerade eben suchte jemand bei mir Rat. Er hatte einen alten Obstgarten geerbt und noch nie mit Bäumen zu tun gehabt.“Schmid empfahl einen Verjüngungsschnitt. Dazu lasse sich mit Veredeln die Lieblingssorte anbauen. Er ergänzte: „Besser irgendwas schneiden als jahrelang gar nichts.“Ideal sei, den alten Zweig knapp vor dem jungen, dessen Wachstum gefördert werden soll, abzusägen.
Am Tisch von Gartenpfleger Rendle schaute Besucher Franz Eberl aus Buch zu. Obwohl er zehn Obstbäume besitze, reize ihn das Veredeln, erklärte der Zuschauer, um mehr Sorten von einem Baum ernten zu können. „Das ist doch praktisch“, fand Eberl, „platzsparend und ich habe den ganzen Herbst Äpfel, frühe bis späte Sorten.“Rendle kennt einen Apfelzüchter am Bodensee, dessen Baum 58 Sorten trägt. „Jetzt, Ende April bis Mitte“, so Rendle, „ist die beste Zeit, um Edelreiser zu pfropfen.“Er machte vor, wie es geht: Mit einem Längsschnitt öffnete er den Ast von der Seite und löste die Rinde beidseitig. Dann schob er ein schräg angeschnittenes Reis (ein kleiner Ast), das noch nicht getrieben hat, hinter die gelöste Rinde. Franz Iberle, ebenfalls vom Unterrother Team, ergänzte: Eigenschaften des Baums könnten in das Obst des aufgepfropften Reisers übergehen. Genaueres lasse sich aber nur durch Ausprobieren erfahren. Es gebe noch andere Methoden, in jedem Fall müsse die Veredelungsstelle mit Bast verbunden werden. Darauf müsse alles dick mit erwärmtem guten Veredelungswachs eingestrichen werden.
Einen dritten Präsentationstisch hatte Otmar Moritz aus Oberelchingen mit Nisthilfen und Insektenhotels für Wildbienen bestückt. „Ohne die Tiere, die als erste ausschwärmen und Frühblüher bestäuben, würden diese aussterben.“Um das Überleben der kleinen Bienen in den Gärten zu sichern, hat sich der pensionierte Lehrer beim Häuschenbauen ganz auf die Bedürfnisse der Insekten eingestellt. Er weiß, dass bei Kirschplantagen besonders auf Wildbienen gesetzt werden müsse, weil sie mit ihrem rundum behaarten Körper am effektivsten Pollen verteilten. Die farbigen Kästen gefallen auch Wolfgang Dewein, der mit Freunden der Gartenbauvereine Heidenheims angereist ist: „Wir haben die Gärten angeschaut und werden nun alles im Museum ansehen.“ ● ● ● ● ● ● ● ●