Diese Ananas schmeckt ziemlich bitter
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Die Goldene Ananas ist ein Früchtchen mit eher schlechtem Ruf. Sie wird demjenigen verliehen, der ein völlig unwichtiges Spiel gewonnen hat. Einzige Ausnahme ist das bedeutsamste Tennisturnier der Welt. Den goldenen Siegerpokal der Männer ziert dort eine Ananas. Es gibt zwei Theorien, warum das so ist. Die eine besagt, dass die Ananas auf eine alte britische Seefahrer-Tradition zurückgeht. Schiffskapitäne, die aus der Karibik zurückgekehrt waren, platzierten eine Ananas vor ihrem Haus. Das sollte allen die unversehrte Heimkehr demonstrieren.
Weniger romantisch ist die zweite Version. Sie basiert auf der Tatsache, dass die Ananas in den Anfängen des Turniers von Wimbledon ein Statussymbol war. Als die feine Gesellschaft dort 1877 erstmals Bälle zu Turnierzwecken über das Netz schlug, war das tropische Obst diesen Kreisen vorbehalten. Es wurde Gästen serviert, um ihnen eine besondere Form der Wertschätzung zu entbieten.
Dem Rest der Sportwelt hat sich der Reiz der Goldenen Ananas nicht erschlossen. Immerhin: Sie ist mit einem (wenn auch bedeutungslosen) Sieg verbunden. Im deutschen Eishockey wird dieser Tage um eine Goldene Ananas gekämpft. 14 Mannschaften spielen in der DEL2 während der Hauptrunde viermal gegeneinander. Es folgen Play-offs, an deren Ende dem Sieger ein Pokal überreicht wird. Das war’s. In die DEL darf der Zweitliga-Meister nicht aufsteigen. Dort oben bleibt man lieber unter sich.
Der Grund ist einfach: Geld. Eishockey ist hierzulande für die meisten Klubs ein Verlustgeschäft, das ohne regelmäßige Finanzspritzen von Investoren kollabieren würde. Jedes Jahr zittert die halbe Liga, ob alle 14 Erstligisten genügend Geld zusammenkratzen, um eine Lizenz zu bekommen. Seit Gründung der DEL im Jahr 1994 sind 18 Klubs von der Bildfläche verschwunden – fast alle aus finanziellen Gründen. Erst vergangene Saison kapitulierten die Hamburg Freezers, deren Lizenz Bremerhaven übernahm. In diesem extrem instabilen Umfeld will die DEL kein zusätzliches Risiko in Form eines neuen Mitglieds eingehen und hat die Hürden für eine Auf- und Abstiegsregelung hochgesteckt. Was aber ist eine Meisterschaft wert, wenn sie nicht zum Aufstieg berechtigt? Natürlich nicht nichts. Aber auch nicht viel mehr.
Umgekehrt ist es auch befremdlich, dass die Klubs im Tabellenkeller der DEL frühzeitig und ganz entspannt die nächste Saison planen können. Frei nach dem Motto: Uns kann ja eh nichts passieren. Dabei würde ein spannender Abstiegskampf, wie etwa in der Fußball-Bundesliga, der DEL sehr guttun. Denn sonst herrscht bald an beiden Enden der Tabelle Tristesse. Oben gewinnt München mit den Red-Bull-Millionen und unten geht’s noch nicht mal um die Goldene Ananas.