Im Wahlkampf bauen SPD und Union auf die Familien
CSU verspricht Milliarden. Und die zuständige Ministerin will die Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Beruf verbessern
Union und SPD umgarnen im beginnenden Wahlkampf gezielt Familien. Mit ihrem Konzept der „Familienarbeitszeit“hat Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) gestern das jüngste Angebot ins sozialdemokratische Schaufenster gestellt. Es soll eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf garantieren, indem es Kinderbetreuung und die Pflege von Angehörigen erleichtert. In der Praxis würden diese Aufgaben laut Schwesig überwiegend von Frauen übernommen, die deshalb entweder nicht oder nur in geringem Umfang erwerbstätig seien. Ihr Vorschlag solle die Möglichkeit schaffen, dass in Familien beide Elternteile ihre Arbeitszeit jeweils auf 28 bis 36 Stunden reduzieren, um sich gemeinsam um Kinder oder Angehörige zu kümmern. Um den Verdienstausfall auszugleichen, sollen die Eltern ein „Familiengeld“von zusammen 300 Euro erhalten.
Der Vorschlag an sich ist nicht neu, das jetzige Konzept bezieht aber die Pflege alter oder kranker Familienmitglieder mit ein. Ziel sei „eine ausgewogenere Balance zwischen Zeit für Familie und für Berufstätigkeit“, sagte Schwesig. Die Regelung solle zudem Väter ermutigen, sich mehr Zeit für die Familie zu nehmen. Schwesig rechne mit Kosten von 2,5 Milliarden Euro bei Kinderbetreuung und Pflege. Allein im Fall der Pflege würden mehr als fünf Milliarden Euro eingespart, wenn Angehörige diese Aufgaben übernehmen. Und weil die Erwerbstätigkeit von Frauen gestärkt würde, ergäbe sich ein beträchtliches Mehr an Steuern und Sozialabgaben, so Schwesig.
Die Union will das Thema Familie keineswegs der SPD überlassen. So hat CSU-Chef Horst Seehofer bereits ein milliardenschweres Maßnahmenpaket für eine familienpolitische Offensive versprochen. Und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) kündigte an: Wir werden Familien mit Kindern noch stärker unterstützen. Dies gelte für die Bereiche Eigentums- und Vermögensbildung, Betreuung und Bildung. Maßnahmen, die in der Union diskutiert werden, sind laut Seehofer etwa die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für Familien mit geringem Einkommen sowie Einmalzahlungen, etwa zum Kauf von Kinderwagen oder Babysachen.
Im Bereich der Steuern bringt Seehofer ein Kindersplitting mit höheren Freibeträgen pro Kind ins Gespräch. Beim bekannten Ehegattensplitting wird das Haushaltseinkommen für die Berechnung des Einkommensteuersatzes halbiert. Der mit dem niedrigeren Satz ermittelte Betrag wird dann verdoppelt. Bei einem Kindersplitting, wie es die CSU offenbar bereits durchrechnen ließ, würde zum Faktor zwei für die Ehegatten für jedes Kind der Faktor 0,5 hinzukommen. So ergäbe sich für eine Familie mit zwei Kindern der Faktor drei – die dreifache Steuer würde auf ein Drittel des Haushaltseinkommens berechnet werden. Auch die SPD hat immer wieder Vorschläge zu einem Familiensplitting gemacht. Der Steuervorteil soll sich nach den sozialdemokratischen Konzepten ausschließlich nach der Zahl der Kinder rich- » ten, egal ob die Eltern verheiratet oder alleinerziehend sind. Bekannt ist auch, dass sowohl Union als auch SPD über ein Baukindergeld nachdenken. Nach recht weit gediehenen Überlegungen aus CDU und CSU könnte das etwa so aussehen: Eine Familie, die ein Eigenheim baut oder erwirbt, würde pro Kind jährlich 1200 Euro bekommen, und das zehn Jahre lang. Bei einer Familie mit drei Kindern kämen so 36000 Euro zusammen. In manchen Gegenden Deutschlands entspräche das etwa zehn Prozent des Werts eines Eigenheims.
Die sozialdemokratische Bauministerin Barbara Hendricks hatte kürzlich ebenfalls laut über ein Baukindergeld nachgedacht. Nach ihrem Vorschlag sollte es nur in Wohnungsmärkten bezahlt werden, in denen sich die Immobilien in den vergangenen Jahren stark verteuert haben. Auch die schrittweise Abschaffung von Kita-Gebühren könnte es laut Seehofer in das Wahlprogramm der Union schaffen. Doch mit seiner Forderung, Bildung müsse von der Kita bis zum Studienabschluss kostenfrei sein, hat SPD-Chef Martin Schulz in diesem Bereich bereits vorgelegt. Die Rot-Rot-Grüne Koalition im Berliner Senat hat die kostenfreie Bildung sogar schon beschlossen.
Beide Parteien denken an ein Baukindergeld