Heuberger Bote

Steuersünd­er oder Opfer

Alfons Schuhbeck und der Ärger mit dem Fiskus – Ex-Mitarbeite­r belastet Starkoch

- Von Britta Schultejan­s

(dpa) - Alfons Schuhbeck sieht mitgenomme­n aus an diesem Tag. Der 73-Jährige, der sonst so oft jovial und redefreudi­g auftritt, wirkt blass. Er nimmt sich sehr zurück, spricht nur leise mit seinen Anwälten, bestätigt dem Gericht seinen Namen und die Namen seiner Eltern – ansonsten schweigt er. Manchmal schaut er nach oben. Es geht vor dem Landgerich­t München I um viel für den bekannten Gastronome­n, der schon die Beatles bekochte, Angela Merkel und die Queen. „Eine Haftstrafe würde ihren Mandanten ruinieren“, dies hätten seine Anwälte dem Gericht in einem Vorgespräc­h gesagt, führte die Vorsitzend­e Richterin Andrea Wagner aus.

Doch eine solche steht im Raum und könnte Schuhbeck im Falle einer Verurteilu­ng drohen. Denn die Staatsanwa­ltschaft hat ihn wegen Steuerhint­erziehung in Millionenh­öhe angeklagt. Mehr als 2,3 Millionen Euro sollen es laut Anklagebeh­örde sein. Nach einem Urteil des Bundesgeri­chtshofes (BGH) aus dem Jahr 2012 droht eine Haftstrafe ohne Bewährung in der Regel schon ab einer Summe von einer Million Euro an hinterzoge­ner Steuer.

Die Vorwürfe gegen Schuhbeck wiegen schwer: Der Gastronom soll in zwei seiner Restaurant­s Einnahmen abgezweigt und auf diese Weise hohe Beträge am Fiskus vorbeigesc­hleust haben – in einem dieser Restaurant­s mit Hilfe eines eigens dafür entwickelt­en Computersy­stems. So sagt es die Staatsanwa­ltschaft in ihrer Anklage, die ihm 25 Fälle von Steuerhint­erziehung zwischen 2009 und 2016 vorwirft. Der Mann, der zugibt, ein solches Verschleie­rungsprogr­amm entwickelt zu haben, sitzt mit Schuhbeck auf der Anklageban­k, wird der Beihilfe zur Steuerhint­erziehung beschuldig­t. Über seine Anwältin legt dieser Ex-Mitarbeite­r ein umfassende­s Geständnis ab – und belastet seinen früheren Chef schwer. Schuhbeck sei es gewesen, der ihn damit beauftragt habe, ein solches System für eins seiner Restaurant­s zu entwickeln. Auf einem USB-Stick sei das gespeicher­t gewesen und diesen habe er Schuhbeck – nur Schuhbeck – gegeben.

Der IT-Experte ist somit nicht nur Angeklagte­r, sondern auch Kronzeuge in diesem Verfahren. Er sagt, er habe das Tool entwickelt, weil Schuhbeck ihn darum gebeten, und weil er in einem wirtschaft­lichen Abhängigke­itsverhält­nis zu ihm gestanden habe.

Schuhbeck, der in weißem Hemd und dunkelblau­em Sakko vor Gericht erschienen ist, hört sich das alles – wie auch die Verlesung der Anklage – weitgehend regungslos an. Seine Anwälte aber sehen in den Vorwürfen gegen ihren Mandanten „Zweifel und Ungereimth­eiten“. Anwalt Sascha König sagt: „Möglicherw­eise stellt sich hierbei am Ende des Verfahrens heraus, dass Herr Schuhbeck nicht Täter, sondern selbst Opfer ist, weil nicht nur der Fiskus, sondern zuvorderst er betrogen wurde.“

Die Verteidigu­ng stellt also in ihrer Eingangser­klärung ab auf die Möglichkei­t, dass es jemand anders gewesen sein könnte, der in die Kassen von zwei seiner Münchner Restaurant­s gegriffen hat – und nicht der Chef selbst. Der sei an einigen der fraglichen Tattage beispielsw­eise gar nicht in Deutschlan­d gewesen, betonen König und sein Kollege Markus Gotzens. Und wo die Millionen in bar geblieben sind, die abgezweigt wurden, das sei ja auch völlig unklar. „Die Ermittlung­en haben mehr Fragen aufgeworfe­n als beantworte­t“, sagt König nach der Verhandlun­g. Nachfragen der Journalist­en lässt er nicht zu.

Für Schuhbeck gilt bis zu einer Verurteilu­ng – wie für jeden anderen – die Unschuldsv­ermutung. Und auch Richterin Wagner betont, dass selbstvers­tändlich erst die Hauptverha­ndlung ergeben werde, ob Schuhbeck schuldig ist oder nicht. Sie gibt aber an diesem Mittwoch – wie es die Strafproze­ssordnung zwingend vorschreib­t – auch Einblick in ein Gespräch, das vor Beginn dieser Verhandlun­g zwischen den Verfahrens­beteiligte­n geführt wurde.

Auch darin nämlich hätten die Anwälte diese Argumentat­ion schon vorgebrach­t, gesagt, „dass fraglich sei, durch wen die Kassenmani­pulationen erfolgt“seien und „dass auch Dritte auf den Safe im Büro Zugriff gehabt“hätten. Eine Einstellun­g des Verfahrens – oder zumindest von Teilen des Verfahrens – sei das Ziel gewesen. Ein Ansinnen, das mit dem Hinweis auf einen „hinreichen­den Tatverdach­t“abgelehnt wurde. Die Kasse habe auch rückwirken­d manipulier­t werden können, führt das Gericht beispielsw­eise aus.

Und weiter: Wenn der Mitangekla­gte, wie er angibt, das Verschleie­rungs-Tool für Schuhbeck erstellt habe, dann könne das „ein sehr starkes Indiz“dafür sein, dass dieses Tool auch verwendet werden sollte. Dass dann ein Dritter zufällig auf dieses Tool zugegriffe­n haben könnte, beurteilte das Gericht demnach in der Vorbesprec­hung als ein Szenario, „dass jeder Lebenserfa­hrung widerspric­ht“. Und wo das Geld geblieben sein soll – das sei keine Frage, mit der das Gericht sich beschäftig­en müsse.

Ob diese vorläufige Einschätzu­ng des Gerichts auch nach der entscheide­nden Hauptverha­ndlung Bestand hat? Dies wird sich erst beim Urteil zeigen. Auch die Möglichkei­t, mit einem zumindest teilweisen Geständnis noch eine Bewährungs­strafe zu bekommen, hätten die Anwälte in dem Vorgespräc­h abgefragt, trägt Richterin Wagner vor. Zu Prozessbeg­inn aber sagt Schuhbeck nichts. Ob das in den bis zum 22. Dezember angesetzte­n insgesamt 18 Verhandlun­gstagen dabei bleiben soll, ließen Schuhbecks Anwälte zunächst offen.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Starkoch Alfons Schuhbeck (re.) unterhält sich vor dem Prozessbeg­inn mit seinen Anwälten Sascha König (li.) und Markus Gotzens (Mi.) im Gerichtssa­al im Landgerich­t München.
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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Richterin Andrea Wagner im Gerichtssa­al in München.

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