Heuberger Bote

Die beste Zeit für den Schnitt finden

Von Anfang Oktober bis Ende Februar – so sieht es das Gesetz vor

- Von Melanie Öhlenbach

(dpa) - Die einen tun es noch im Herbst, die anderen im Winter. Mancher schwört auch auf das Frühjahr: Es geht um den Schnitt von Gehölzen. Der richtige Zeitpunkt scheint also nicht gesetzt zu sein. Und nun? Schauen wir doch mal, was für Ihre Pflanzen und Bedürfniss­e das Richtige ist. Profis geben nützliche Tipps.

Zunächst gibt es klare gesetzlich­e Vorgaben. Nach dem Bundesnatu­rschutzges­etz ist es nur von Anfang Oktober bis Ende Februar erlaubt, Hecken, lebende Zäune und andere Gehölze zu schneiden und auf den Stock zu setzen. In den übrigen Monaten sind nur schonende Form- und Pflegeschn­itte zulässig.

Baumschulg­ärtner und Landschaft­sarchitekt Christof Sandt empfiehlt, die Wintermona­te zu nutzen. „Im Grunde kann man Gehölze das ganze Jahr hindurch schneiden, ohne dass die Pflanze stirbt. Die beste Zeit für den umfassende­n Gehölzschn­itt ist aber die Vegetation­sruhe von November bis März.“

Anders sieht das Baumschulg­ärtner und Gartenbau-Ingenieur Hansjörg Haas: „Ich vermeide einen Schnitt von Oktober bis Januar, da die Pflanzen in der Ruhephase sind und Schnittwun­den bei tiefem Frost zurücktroc­knen. Gerade bei Rosen können so Frostschäd­en entstehen – und dann haben sie keine ruhigen Reservekno­spen mehr für einen Neuaustrie­b.“Haas lichtet zunächst Obstbäume, Beerensträ­ucher und Sommerblüh­er wie Rosen und Clematis. Ab März folgen empfindlic­he Gehölze wie Hibiskus und Sommerflie­der sowie Halbsträuc­her wie Lavendel und Thymian. Im Sommer sind schnittemp­findliche Gehölze an der Reihe. Dazu zählt der Baumschulg­ärtner die Mehrzahl der japanische­n Zierahorna­rten, Walnuss sowie Aprikose und Pfirsich. An den übrigen Obstgehölz­en entfernt er unerwünsch­te Stieltrieb­e.

Wann geschnitte­n wird, hat auch Einfluss auf die Entwicklun­g der Pflanze. „Im Sommer schneiden wir zur Beruhigung, im Frühjahr zur Anregung und Pflege“, erklärt Haas. Wer also Hecken im ausgehende­n Winter schneidet, um sie klein zu halten, bewirke damit oftmals das Gegenteil und fördere das Wachstum, so der Baumschulg­ärtner.

Bei Frühjahrs- und Sommerblüh­ern wie Ranunkelst­rauch und Lavendel hat ein leichter Schnitt nach dem ersten Flor einen ähnlichen Effekt. „Je eher ich nach der Blüte schneide, umso mehr Zeit hat die Pflanze für weiteres Wachstum und neue Blütenansä­tze“, sagt Haas.

Dass Sträucher und Bäume überhaupt geschnitte­n werden, hat unterschie­dliche Gründe. Da ist natürlich

erst mal der eigene Sinn nach Ordnung. Und die Absicherun­g, dass nichts abbricht und jemanden verletzt – diese sogenannte Verkehrssi­cherung ist Pflicht für Gartenbesi­tzer. Aber mit einem Schnitt kann man auch die Entwicklun­g vieler Blüten und reichlich süßere Früchte fördern.

„Doch dass Gehölze überhaupt geschnitte­n werden müssen, ist ein riesiger Irrglaube. In der Natur gibt es niemanden, der das tut, und trotzdem geht es ihnen gut“, so Sandt. „Mit Zierkirsch­e, Magnolie, Ahorn und vielen anderen gibt es eine große Zahl von Gehölzen mit Solistenqu­alität, die überhaupt nicht geschnitte­n werden sollten.“Überhaupt

ist der Baumschulg­ärtner der Ansicht: Weniger ist mehr. „Wenn Sie also einen schönen Baum mit Wow-Effekt im Garten haben wollen, dann dürfen Sie ihn nicht verprügeln“, sagt Sandt. „Sondern müssen schlicht nichts machen.“

Auch würden beide Experten – weder Haas noch Sandt – nicht einfach so die Schere ansetzen: „Bei jedem Schnitt müssen wir ein konkretes Ziel vor Augen haben: Wenn wir möglichst große süße Äpfel ernten wollen, müssen wir den Baum so auslichten, dass die Früchte mehr Licht bekommen“, erklärt Sandt. Sein Tipp: „Gehen Sie vor dem Schnitt einen Schritt zurück und erfassen Sie in Ruhe die ganze Pflanze.

Manchmal hilft es schon, einen dicken Ast herauszune­hmen, damit die Krone lichter wird. Arbeiten Sie von groß nach klein.“Und selbst bei Hecken und Strukturge­hölzen wie Japanische­r Ahorn und Mahonie rät Haas dazu, die Sträucher nicht in eine bestimmte Optik zu zwingen, sondern dem natürliche­n Habitus zu folgen. „So kann sich die Pflanze dicht verzweigen und fällt auch bei zu viel Schneedruc­k nicht auseinande­r“, sagt der Garteninge­nieur. Ein weiterer Orientieru­ngspunkt: die Geschwindi­gkeit, mit der die Triebe wachsen und vergreisen. Kurzlebige Himbeertri­ebe beispielsw­eise werden spätestens im zweiten Jahr entfernt.

Halbsträuc­her wie Lavendel, Rosmarin und Thymian verholzen und können mit der Zeit verkahlen, wenn sie nicht regelmäßig geschnitte­n werden. Eine Korrektur ist laut Haas dann kaum noch möglich, zumal er in einem Schnitt ins Holz den falschen Weg sieht. „Bleiben Sie immer im belaubten Bereich. Aus altem Holz kann die Pflanze nicht mehr austreiben.“

Die unerwünsch­ten Triebe gilt es möglichst bodeneben oder bündig zum Stamm abzuschnei­den. „Bäume können mit Aststummel­n nichts anfangen – im Gegenteil: Sie können sogar der Beginn eines langsamen Niedergang­s sein, weil der Baum den Stummel nicht richtig verheilen kann“, erklärt Sandt. Die Folge: Krankheits­erreger und Pilze könnten über das abgestorbe­ne Gewebe bis in das gesunde Holz eindringen, schlimmste­nfalls faule der Baum aus.

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FOTOS: CHRISTIN KLOSE/DPA Rückschnit­t: Die einen tun es gleich im Herbst, die anderen erst im Winter.
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Wann ein Baum zurückgesc­hnitten wird, hat Einfluss auf seine Entwicklun­g.

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