Die Wiesn für Gesundheitsbewusste
Mit den mild-alkoholischen Erfrischungsgetränken ist es so wie mit dem Vitamin D: Der Körper kann sie meist nicht in ausreichendem Maße selbst herstellen, sodass sie von vielen Menschen von außen in Form von Weinschorle oder Radler zugeführt werden müssen. Gerade im Sommer steigt das Bedürfnis bei vielerlei Gelegenheiten, möglichen Mangelerscheinungen vorzubeugen. Etwa bei Weinfesten, Bierfesten, Welfenfesten, Schützenfesten, Rutenfesten und später Oktoberfesten. Letzteres ist nach dem Bekunden amtsbekannter Bayern die größte Kulturveranstaltung des Freistaates.
Die letzte Wiesn zog immerhin 6,3 Millionen Kulturinteressierte nach München, welche aus reiner Kulturbeflissenheit 124 Ochsen verspeisten und diese mit 7,3 Millionen Maß Bier hinunterspülten. Damit schlägt das Oktoberfest die documenta in Kassel um Längen, obwohl das hessische Kunst-Event nur alle paar Jahre stattfindet, während die Wiesn jährlich zur Zerstreuung einlädt – außer es ist Corona. Dann bleibt die Kultur freilich auch in München auf der Strecke.
Der Bierpreis wird im Schnitt bei 13,37 Euro pro Liter liegen. Statt wegen der Inflation noch mehr zu verlangen, haben sich die Wiesnwirte darauf verständigt, eher die Schaumkrone noch ein bisschen wachsen zu lassen. Vor dem Hintergrund unschöner Szenen, die trunkene Besucher immer wieder liefern, ist die Ausdehnung des Schaums nicht als betrügerischer Akt zu werten, sondern als Gesundheitsfürsorge. Denn beim Bier ist es wie beim Vitamin D: Zu viel davon ist ungesund. (nyf)