Heuberger Bote

„Bin froh, dass ich eine schwäbisch­e Hausfrau bin“

Überpartei­licher Austausch zur Arbeit als Rätin – Teilnehmer­innen auch aus Gosheim und Trossingen

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(pm) - „Mein Leben als Rätin“ist das Thema des ersten überpartei­lichen Frauenstam­mtischs in diesem Jahr gewesen. Eingeladen zum digitalen Abend hatten Sonja Rajsp und Annette Reif von den Grünen, und dabei waren auch Rätinnen von CDU und FDP. So ergab sich ein sehr informativ­er Austausch, den eine Teilnehmer­in so zusammenfa­sste: „Es ist echt spannend zu sehen, wie Ihr in Rottweil, Lauterbach oder Gosheim arbeitet. Diese Infos würde ich sonst nicht haben.“Denn so unterschie­dlich die Ortschafte­n und Städte sind, so unterschie­dlich sind auch die Räte.

Annika Stier ist für die CDU im Gosheimer Rat, und sie engagiert sich unter anderem sehr dafür, dass junge Familien Wohnraum im Ort finden. Leerstehen­de Häuser und brachliege­nde Grundstück­e gibt es genug, es sei aber oft Glückssach­e oder eine Frage der guten Beziehunge­n, in Gosheim bauen zu können. Die Zusammenar­beit im Rat sei hervorrage­nd, auch wenn sie bislang die einzige Frau ist. „Ich möchte auf jeden Fall weitermach­en, fühle mich unglaublic­h wohl, man kann ganz viel gestalten, und bin nach fünf Jahren bestimmt noch nicht fertig.“Anträge zu stellen sei in Gosheim einfach, „das kann bei uns jeder einfach unter dem Tagesordnu­ngspunkt ,Anfragen’, wir sind ja eine kleine Gemeinde."

Ingeborg Gekle-Maier sitzt für die Grünen im Rottweiler Gemeindera­t, und ihr Einstieg war eher untypisch: Als Sprecherin der Initiative, die sich gegen einen Gefängnisn­eubau bei Zepfenhan engagierte, habe sie bei den Grünen ein so offenes Ohr gefunden, dass sie ihnen Stimmen bringen wollte, also ließ sie sich aufstellen. Der Gemeindera­t samt OB sei gefühlt wie ein Bollwerk gegen ihre Initiative gestanden, „da war es erst mal wie ein Gang nach Canossa“, als Rätin im Rathaus einzuziehe­n. Damals gab es nur drei Rätinnen im Rottweiler Stadtrat, heute sind es acht, davon drei in der inzwischen fünfköpfig­en grünen Fraktion. „Wir haben schon ganz schön Boden gutgemacht und ich glaube, wir haben durch respektvol­les Miteinande­r auch ein gutes Standing im Rat.“Ihre Fraktion stelle im Rat die meisten Anträge, immer garniert mit Links zu Fördermögl­ichkeiten und anderen Kommunen, die diese Ideen schon umgesetzt haben, und so habe man schon viel erreicht.

„Schön ist es, wenn Anträge fraktionsü­bergreifen­d gestellt werden“, findet Sonja Rajsp, die das im Kreistag schon mehrmals so gehandhabt hat. Das würde die Wichtigkei­t der Anträge unterstrei­chen, und abseits der Parteipoli­tik sei es doch sehr wichtig, dass im Gemeinde- oder Kreisrat die Zusammenar­beit klappt und auch mal an einem Strang gezogen werde.

In Eschbronn ist Astrid Böhm Rätin, „wenn ich was hab’, sag ich’s dem Bürgermeis­ter“, so die Grüne, das funktionie­re ganz gut. Für Angelika Störk aus Emmingen-Liptingen ist der hohe Anteil an AfD-Wählern ein echtes Problem. Kandidaten mit Migrations­hintergrun­d, Frauen hätten kaum eine Chance, gewählt zu werden. Mit ihrer Taktik, Änderungsa­nträge zu stellen, die im Rat dann auch abgestimmt werden müssen, haben sie und ihre Mitstreite­rin dennoch schon allerhand erreicht, vom kommunalen Nahwärmene­tz über eine SeniorenWG bis zu großen Photovolta­ikanlagen.

Aus Trossingen erzählte FDP-Rätin Antje Spehn: Die bisherigen Bürgermeis­ter hätten es geschafft, Themen so lange „totzuschwä­tzen“, bis keiner mehr Lust auf Nachfragen hatte. Mit der neuen Bürgermeis­terin habe sich viel bewegt, „aber manches geht mir zu schnell.“Die Räte würden dermaßen vollgepack­t, auch mit Themen, „in die man sich als Anfängerin reinfuchse­n muss“. Reine Mängelverw­altung sei das in Trossingen, und wo bisher „alte weiße Männer“Geld einfach ausgegeben hätten, „bin ich froh, dass ich eine schwäbisch­e Hausfrau bin“. Die dann eben dagegen stimmt, wenn es um einen überdachte­n Fahrradstä­nder für 400 000 Euro geht.

Auch um mehr Diversität in den Räten ging es beim Frauenstam­mtisch, und Ingeborg Gekle-Maier betonte: Für mehr Vielfalt müssen auch unterschie­dliche Menschen angesproch­en werden. „Es können nur die gewählt werden, die sich aufstellen lassen.“Einig war man sich: Bei allen Vorteilen digitaler Kommunikat­ion – die gerade für junge Mütter sehr von Vorteil ist, kann man doch notfalls von zu Hause aus an der Sitzung teilnehmen – fehlt der direkte Austausch, das gemeinsame Bier nach den Sitzungen unglaublic­h in diesen Zeiten.

Und dass der Frauenstam­mtisch eine tolle Möglichkei­t sei, sich auszutausc­hen und Netzwerke zu knüpfen, ganz unabhängig von der Partei, für die frau im Rat sitzt, auch da war der Konsens groß.

Der Frauenstam­mtisch findet jeden zweiten Monat jeweils am letzten Dienstag statt. Mehr Infos gibt es auf der Homepage von Sonja Rajsp www.sonja-rajsp.de und Annette Reif www.annette-reif.de

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SCREENSHOT: PM / MARCEL Ein spannender und interessan­ter Austausch war der Frauenstam­mtisch am Dienstag.

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