Der Starttermin bleibt offen
Die Bundesliga wähnt sich bereit für ihr Comeback und gibt sich bis Ende Juli Zeit
(dpa/SID/zak) - Trotz aller Widerstände und gesellschaftlicher Kritik: Die Fußball-Bundesliga steht in den Startlöchern für eine Saison-Fortsetzung und wartet auf das entscheidende Signal aus der Politik. „Es liegt nicht an uns, einen Starttermin festzulegen“, sagte DFL-Boss Christian Seifert am Donnerstag nach der Mitgliederversammlung der 36 Erst- und Zweitligisten. „Wenn es der 9. Mai wäre, wären wir bereit. Wenn es irgendein Tag danach sein wird, sind wir auch dann bereit“, verkündete der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga.
Das erste Mai-Wochenende als Starttermin für eine Wiederaufnahme des seit 9. März ausgesetzten Spielbetriebs nannte Seifert „unrealistisch“. Als DFL ein Datum festzulegen, wäre „anmaßend, gehört sich auch nicht und liegt nicht an uns“, stellte er klar. Die Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel konferieren am 30. April – dann könnte eine Entscheidung fallen. Das Bundesinnenministerium hatte sich am Vortag gegen die baldige Terminierung des Neustarts ausgesprochen.
Man habe bis Ende Juli Zeit, die Saison zu beenden, sagte Seifert – die Verträge vieler Spieler, die Ende Juni auslaufen, müssten dann umgeschrieben werden. Im August sollen laut UEFA die fehlenden Europacup-Spiele folgen. Hinter den Kulissen beschäftigt sich die milliardenschwere Bundesliga auch mit einem Worst-Case-Szenario, falls Politiker und Gesundheitsexperten zu einer anderen Bewertung kommen als von den Clubs erhofft. Sollten Spiele in nächster Zeit unmöglich sein, müsse klar sein, „dass wir auch in einigen Monaten nicht spielen werden. Dann wäre die Bundesliga irgendwann ein Kollateralschaden dieser Corona-Krise“, betonte Seifert vor ausgewählten Journalisten, die relativ gnädig mit der Liga umgingen. Warum die gut betuchten Bundesligaspieler nicht dem Beispiel der Profis des AS Rom folgen, die Hochzeit der Pandemie abwarten und stattdessen auf ihr Gehalt verzichten, wenn sie keine Gegenleistung liefern (können), wurde Seifert nicht gefragt.
Um den Saisonabbruch zu vermeiden, hat eine DFL-Task-Force unter Leitung von DFB-Chefmediziner Tim Meyer ein umfassendes Konzept erarbeitet, das den Vereinen bei der dreistündigen Konferenz vorgestellt wurde und die Rahmenbedingungen für eine Fortsetzung der Saison definiert. Ein konkretes Datum für die Rückkehr ins reguläre Mannschaftstraining ist darin nicht enthalten.
Dafür sind in dem Papier strikte organisatorische Vorgaben fixiert. So sollen maximal 300 Personen an der Durchführung einzelner Geisterspiele beteiligt sein – Spieler und Trainer eingeschlossen. Zum regelmäßig zu testenden Stab eines Clubs gehören demnach 40 Menschen. Zudem gibt es klare Vorgaben für die Hygiene.
Die Spieler sollen künftig engmaschig auf das Coronavirus getestet werden, mindestens einmal pro Woche. Dafür rechnet die DFL mit 20 000 nötigen Tests. Dem Robert-Koch-Institut zufolge liegt die Kapazität für Coronatests deutschlandweit bei 818 000 Tests pro Woche, die DFL beansprucht laut Seifert 0,4 Prozent davon. „Wir haben eine Kooperationsvereinbarung mit fünf Laborverbänden abgeschlossen“, sagte er. Alle hätten versichert, „dass die derzeitigen Kapazitäten ausreichend sind und es durch die Tests im Fußball zu keinen Engpässen in anderen Bereichen der
Gesellschaft kommt“. Zudem werde die DFL Geld an das Land für zusätzliche Tests in Seniorenheimen spenden. Eine Sonderrolle würde sich der Fußball nicht anmaßen. „Falls sich die Lage wieder verschlechtern sollte, wird der Profifußball selbstverständlich zurückstehen. Die nationale Gesundheit hat immer Vorrang. Wenn nötig, werden wir aufhören zu testen und zu spielen“, sagte Seifert.
Darüber, ob die Spieler trotz fehlender Symptome ständig kontrolliert werden sollen, war ein gesellschaftspolitischer Streit entbrannt. Auch das Robert-Koch-Institut meldete Zweifel an der Sinnhaftigkeit an. Die Diskussionen über den Neustart hatten in dieser Woche Fahrt aufgenommen, nachdem die Ministerpräsidenten
Markus Söder (Bayern/CSU) und Armin Laschet (Nordrhein-Westfalen/ CDU) den 9. Mai als Termin ins Spiel gebracht hatten. Dafür gab es reichlich Kritik, gegen die sich Seifert wehrte, wenn er auch einräumte, dass sich die DFL hinterfragen müsse, warum so viel Gegenwind gegen Spieler und Clubs aufkomme. Wie auch andere Firmen in der Corona-Krise sei die Deutsche Fußball Liga aber ein Unternehmen, „das zurückkehren möchte und irgendwann zurückkehren muss“.
Klar sei, dass dies nur mit Geisterspielen geschehen könne und Partien ohne Fans die einzige Chance seien, „die Bundesliga, wie wir sie kennen, am Leben zu erhalten. Ich bitte alle, die sich für die Bundesliga interessieren, dafür um Nachsicht und um Unterstützung“, sagte Seifert. Es sei durchaus denkbar, dass noch bis März 2021 Geisterspielen nötig seien. Die
DFL-Boss Christian Seifert über die Vorschüsse der TV-Sender an die 36 Bundesligisten
Vereine seien aufgefordert worden, die Hinrunde der kommenden Saison ohne Zuschauereinnahmen zu planen.
Kurzfristig ist die Liquidität der Liga gesichert, nachdem die DFL eine Einigung mit fast allen Medienpartnern – nur ein namentlich nicht genannter fehlt noch – über eine Vorauszahlung der noch ausstehenden TVPrämien erzielt hat. „Wir haben intensive Gespräche geführt, die waren geprägt von Respekt“, sagte Seifert, erste Zahlungen an die Clubs sollen Anfang Mai folgen. Klar sei aber: „Sollte die Saison nicht wieder starten, greifen gewisse Mechanismen zur Rückzahlung.“Dann könnte es bei einigen Vereinen zu Engpässen kommen.
Seifert nahm auch die Fans in die Pflicht. „Wenn wir wieder spielen, darf es nicht zu Zuschaueransammlungen am Stadion kommen.“Sonst könnte es zu Spielabbrüchen kommen. Die Clubs müssten deshalb intensiv mit ihren Anhängern sprechen.
Werder Bremens Geschäftsführer Frank Baumann kann sich nur schwer vorstellen, dass die Liga Anfang Mai wieder beginnt: „Ich bin skeptisch, dass am 9. Mai Spiele stattfinden. Wichtig ist, dass wir irgendwann die Gruppengröße im Training vergrößern dürfen und wieder ins Mannschaftstraining einsteigen können. Zwei oder besser drei Wochen Vorlauf sind nötig, weil wir zwei Monate nicht mehr als Team trainiert haben“, sagte der Ex-Profi.
„Sollte die Saison nicht wieder starten, greifen gewisse Mechanismen zur Rückzahlung.“