Kommunion unter freiem Himmel
Ein deutscher Ordensmann kümmert sich um Roms Obdachlose – Corona zum Trotz
- Rund 8000 Menschen leben in Italiens Hauptstadt ohne Dach über dem Kopf. Sie sind besonders hart von den Folgen der Ausgangsbeschränkungen und Schließungen infolge des Coronavirus betroffen. Der deutsche Ordensmann Stefan Tertünte kümmert sich trotz Ausgangsbeschränkungen und Infektionsgefahr um sie – und spendet, wenn es sein muss, die Kommunion auch unter freiem Himmel.
Es sind vor allem katholische Organisationen, die sich zurzeit auf Straßen und Plätzen um Menschen kümmern, die kein Dach über dem Kopf haben. Unter den freiwilligen Mitarbeitern findet sich auch ein Ordensmann aus Deutschland. Der Herz-Jesu-Priester Stefan Tertünte lebt seit sieben Jahren in Rom. Der 54-Jährige stammt aus dem Ruhrgebiet und ist eigentlich Historiker des römischen Studienzentrums der Dehonianer.
Vor fünf Jahren begann er damit, neben seiner Arbeit innerhalb seiner Gemeinschaft auch „auf der Straße zu dienen, sich um die zu kümmern, die hier in Rom absolut zu kurz kommen“. Gemeint sind die vielen Obdachlosen, für die es nur einige wenige Hundert Unterkunftsmöglichkeiten in der Stadt gibt. Der Staat und die Stadt sind für diese Menschen nur wenig präsent.
„Ich habe nicht so sehr die Angst, selber infiziert zu werden, aber der Gedanke, das Virus hier in die Gemeinschaft der Mitbrüder hineinzutragen, ist ein Gedanke, der mich immer wieder, ehrlich gesagt, beunruhigt“, sagt Stefan Tertünte. Und doch geht der Ordensmann trotz Ausgangssperre auf die Straßen seiner Stadt, um dort als Freiwilliger der katholischen Laiengemeinschaft
Sant’ Egidio Obdachlosen zur Seite zu stehen. Einmal pro Woche verteilt er an der Piazza Venezia, im Herzen der Altstadt, Getränke, Decken und Rucksäcke. Anschließend macht er sich zu verschiedenen Orten Roms auf, um dort mit Betroffenen zu sprechen, ihnen zuzuhören und um ihnen die Möglichkeit zu geben, Wünsche und Klagen vorzutragen.
Tertünte riskiert damit seine Gesundheit. Trotzdem will er jenen helfen, denen es mit der Ausgangssperre infolge von Covid-19 noch schlimmer geht als schon zuvor. „Für die Obdachlosen ist Covid-19 eine Lebensbedrohung“, erklärt der Deutsche.
„Sie spüren hautnah, dass das Virus ihnen die Lebensgrundlagen wegnimmt.“Denn Roms Obdachlose haben es aufgrund der umfassenden Schließung noch schwerer als sonst zu überleben. Ohne Menschen auf den Straßen gibt es keine Spenden mehr für sie. Roms Suppenküchen sind geschlossen. Restaurants, die spätabends Essensreste verteilten, sind ebenfalls zu.
Bei seinen Treffen mit Obdachlosen erlebt Stefan Tertünte erfüllende Geschichten. Wie etwa mit einer cirka 40-jährigen Frau, die erst seit wenigen Wochen kein Dach mehr über dem Kopf hat. Sie war anfangs nicht dazu bereit, mit dem Ordensmann zu sprechen. Erst nach einigen Wochen vertraute sie sich ihm an und bat ihn schließlich, die Kommunion zu erhalten. Das war aber nur unter freiem Himmel möglich, denn auch Roms Kirchen sind seit Wochen geschlossen.
„Einen Tag nach dieser Bitte“, berichtet Stefan Tertünte, „nahm ich die Kommunion aus dem Tabernakel unserer Gemeinschaft und bin zu Barbara, so heißt sie, gefahren, und wir haben dann an einem der so unnormal leeren Plätze von Rom gemeinsam die Kommunionfeier gehalten.“