„Corona wird Schullandschaft verändern“
Schulen setzen vor allem auf E-Mail, aber auch Arbeitspapiere – Serverprobleme bei Untis-Messenger-App
Schulen setzen vor allem auf E-Mail, aber auch Arbeitspapiere.
SPAICHINGEN/KREIS TUTTLINGEN - Zwar sind die Schulen überall im Land bis zu den Osterferien geschlossen. Das bedeutet aber keine Verlängerung der Ferien, sondern eine Verlagerung des Lernens von der Schule nach Zuhause. Besonders EMails sind jetzt das wichtigste Kommunikationsmittel zwischen Lehrern und Schülern. Manche Schulen haben Lernmaterialien und Hausaufgaben auch auf ihre Homepages gestellt. Schulen, die die Kommunikationsplattform Untis nutzen, hatten aber zunächst Probleme mit dem überlasteten Server.
Das von einer Firma aus Österreich zur Verfügung gestellte Programm WebUntis wird zu „normalen“Zeiten vor allem als OnlineStundenplanungsprogramm genutzt. Während der Schulschließung wird es aber bei manchen Schulen zur zentralen Basis zur Information und auch Kommunikation, zum Beispiel bei der Fritz-Erler-Schule in Tuttlingen oder der Realschule Trossingen. Die Serverprobleme der ersten Woche konnte man dort aber mit den schon am Montag mitgegebenen Lernmaterialien auffangen.
Zu Problemen ist es bis Ende der Woche bei der Untis-MessengerApp gekommen, die aber nicht von allen Schulen genutzt wird. „Das kann man sich ähnlich wie WhatsApp vorstellen“, so Udo Kohler, Rektor der Realschule Trossingen, „nur mit dem wesentlichen Unterschied, dass es datenschutzkonform ist“.
„Das Problem ist die Menge der Daten“, erläutert Michael Haas, Konrektor der Realschule Spaichingen. „Dafür reichen die Server des Unternehmens nicht aus, weil jetzt ganz, ganz viele Schulen, nicht nur in Baden-Württemberg, diesen Dienst gleichzeitig nutzen wollen.“– In der Nacht zum Freitag, so teilte Untis inzwischen mit, seien zahlreiche zusätzliche Server für den Messenger in Betrieb genommen worden, so dass nun auch die restlichen Schulen wieder online gehen könnten.
Schulen, die vor allem über EMail kommunizieren, stehen gelegentlich vor einem anderen Problem: Die E-Mail-Postfächer mancher Schüler beziehungsweise Eltern sind voll, so dass neue Nachrichten nicht mehr ankommen.
In der Schillerschule Spaichingen – Grundschule und Werkrealschule – haben die Lehrer am Montag, wie in anderen Schulen auch, Schülern Arbeitsmappen auf Papier mitgegeben. Die Schule stellt zudem Arbeitsmaterialien auf ihrer Homepage zur Verfügung und verschickt Aufgaben per EMail. „Das läuft so weit ganz gut“, stellt Schulleiter Michael Maurer fest.
Gleichwohl ist er überzeugt: „Corona wird die Schullandschaft grundlegend verändern.“Auch an der Schillerschule werde man sich nun verstärkt mit Themen wie digitale Lernplattformen beschäftigen. „Wir müssen jetzt erstmal überblicken, was für unsere Schularten eigentlich passt.“
Was die Hardware-Ausstattung angeht, so sieht sich Schulleiter
Maurer vom Schulträger, der Stadt Spaichingen, mit „durchaus ausreichender Serverkapazität für den derzeitigen Ausbauschritt“versehen. „Die Stadt hat ihre Hausaufgaben in Bezug auf unsere Schule gemacht.“
Das „Hauptproblem“sieht er vielmehr in manchen Elternhäusern, in denen es keine PCs, keine Drucker oder Drucker ohne Patronen gibt, weil die Druckerpatronen für manche schlicht zu teuer sind.
Dass die Stadt als Schulträger jedem Schüler ein Tablet oder einen Laptop zur Verfügung stellt, das dürfte - bei mehr als 500 Schiller-Schülern aber ohne eine weitere Medienoffensive des Bundes finanziell nicht machbar sein, weiß Maurer.
Er hat aber einen anderen Wunsch an die Stadt: „Was wünschenswert wäre“, so Maurer, „ist, wenn die Stadt einen Beauftragten einsetzen oder eine Stelle schaffen würde für jemanden, der hier an den Schulen die Netzwerke am Laufen hält und bei Systemausfällen schnell helfen kann.“Bisher seien hierfür – außerhalb der kostenpflichtigen Wartung - die Lehrkräfte selbst zuständig. Doch die seien bei manchen Problemen schlicht überfordert. „Kein Wunder“, so Maurer, „sie haben’s ja nicht gelernt.
An der Realschule Gosheim-Wehingen hat das Wochenende über ein Lehrerteam daran gearbeitet, dass alle Schüler Zugangsdaten zum UntisMessenger erhielten, so Realschulrektor Bernhard Weber. Außerdem wurden die E-Mail-Adressen sämtlicher Schüler beziehungsweise ihrer Eltern gesammelt, wobei die eine oder andere telefonische Nachfrage bei versehentlich falsch übermittelten E-Mail-Adressen nötig war.
Auch Rektor Jäger sieht sich vom
Schulträger, dem Schulverband Gosheim-Wehingen technisch gut ausgestattet. Doch werde man während der Corona-Krise auch „Erfahrungen sammeln, was funktioniert und was nicht funktioniert“, und gegebenenfalls den im Werden begriffen Medienbedarfsplan für die Schule entsprechend anpassen.
Auch die Rupert-Mayer-Schule, eine freie katholische Grund-, Werkrealund Realschule in Spaichingen, setzt dieser Tage vor allem auf E-Mail. „Die Abschlussklassen der Realschule, die skypen sogar“, weiß Jutta Höss, Rektorin im Kirchendienst der RMS.
Da mittlerweile auch Lehrerkonferenzen verboten sind, vernetzten sich die Kollegen untereinander über den Messenger-Dienst Threema, „das sichere Whatsapp“, so Höss.
Das Ganze läuft über den eigenen Schulserver. Nachrichten und Aufgaben würden in der Regel sofort verschickt. Bei höherer Belastung hänge der Server manchmal ein paar Minuten, „aber nicht so, dass er zusammenbricht“, so Höss.
Da auch die RMS gerade an ihrem Medienbedarfsplan arbeitet, um Zuschüsse aus dem Digitalpakt des Bundes zu erhalten, sollen jetzt auch die Erfahrungen in der Corona-Krise in den Plan einfließen. Rektorin Höss hat ihre Kollegen deshalb ausdrücklich beauftragt: „bitte schreibt auf, was verbesserungsbedürftig ist“.
Die Realschule Mühlheim ist eine der Schulen, die vor allem auf ihre Homepage setzt und stellt dort unter dem Menüpunkt „Aktuelles“die Hausaufgaben für jede Klasse online. E-Mail wird hier vor allem für Rückfragen an die Schule genutzt, und Schüler und Eltern erreichen die Lehrkräfte jederzeit über deren Dienst-E-Mail und von 8 bis 12 Uhr auch telefonisch.
Auch die Grundschule Rosenschule in Trossingen hat den Schülern Arbeitsblätter für die nächsten drei Wochen mit nachhause gegeben. „Man kann in der Grundschule nicht davon ausgehen, dass jeder Schüler einen Computer daheim hat“, so Schulleiterin Kathrin Gass. Jede Klassenlehrerin hat den Eltern eine Kontaktadresse hinterlassen, auf der sie per E-Mail oder auch per Telefon für Rückfragen erreichbar ist.
Auch Bernhard Straile, Rektor der Gemeinschaftsschule Aldingen, betont, dass man das Lernen aus der Ferne der jeweiligen Altersstufe anpassen muss: Für Erst- und Zweitklässler etwa sieht er E-Mails nicht als adäquates Mittel. „Hier muss man sich was anderes überlegen.“Am Montag haben die Schüler Arbeitsmappen mit nach Hause bekommen. Gut wäre es auch, wenn sich Lehrer mit kleinen Filmen direkt an Grundschüler wenden könnten, so Straile. Die bräuchten aber eine hohe Datenrate. Das, so Bernhard Straile, zeige noch einmal, wie wichtig flächendeckendes schnelles Internet zum Beispiel über Glasfaser-Kabel wäre. „Das ist das Positive an einer Krise“, so Straile, „dass man sehen kann, wo gibt es ein Problem, das es zu lösen gilt.“
Der Grundschulverband hat zum Thema „Lernen zu Hause“eine Zusammenfassung von praktischen Beispielen als Merkblatt für Eltern formuliert. Die Tipps soll es bald auch in verschiedenen Sprachen geben. Die Tipps finden Sie unter www.grundschulverband.de „Aktuelles“.