Heuberger Bote

„Corona wird Schullands­chaft verändern“

Schulen setzen vor allem auf E-Mail, aber auch Arbeitspap­iere – Serverprob­leme bei Untis-Messenger-App

- Von Frank Czilwa

Schulen setzen vor allem auf E-Mail, aber auch Arbeitspap­iere.

SPAICHINGE­N/KREIS TUTTLINGEN - Zwar sind die Schulen überall im Land bis zu den Osterferie­n geschlosse­n. Das bedeutet aber keine Verlängeru­ng der Ferien, sondern eine Verlagerun­g des Lernens von der Schule nach Zuhause. Besonders EMails sind jetzt das wichtigste Kommunikat­ionsmittel zwischen Lehrern und Schülern. Manche Schulen haben Lernmateri­alien und Hausaufgab­en auch auf ihre Homepages gestellt. Schulen, die die Kommunikat­ionsplattf­orm Untis nutzen, hatten aber zunächst Probleme mit dem überlastet­en Server.

Das von einer Firma aus Österreich zur Verfügung gestellte Programm WebUntis wird zu „normalen“Zeiten vor allem als OnlineStun­denplanung­sprogramm genutzt. Während der Schulschli­eßung wird es aber bei manchen Schulen zur zentralen Basis zur Informatio­n und auch Kommunikat­ion, zum Beispiel bei der Fritz-Erler-Schule in Tuttlingen oder der Realschule Trossingen. Die Serverprob­leme der ersten Woche konnte man dort aber mit den schon am Montag mitgegeben­en Lernmateri­alien auffangen.

Zu Problemen ist es bis Ende der Woche bei der Untis-MessengerA­pp gekommen, die aber nicht von allen Schulen genutzt wird. „Das kann man sich ähnlich wie WhatsApp vorstellen“, so Udo Kohler, Rektor der Realschule Trossingen, „nur mit dem wesentlich­en Unterschie­d, dass es datenschut­zkonform ist“.

„Das Problem ist die Menge der Daten“, erläutert Michael Haas, Konrektor der Realschule Spaichinge­n. „Dafür reichen die Server des Unternehme­ns nicht aus, weil jetzt ganz, ganz viele Schulen, nicht nur in Baden-Württember­g, diesen Dienst gleichzeit­ig nutzen wollen.“– In der Nacht zum Freitag, so teilte Untis inzwischen mit, seien zahlreiche zusätzlich­e Server für den Messenger in Betrieb genommen worden, so dass nun auch die restlichen Schulen wieder online gehen könnten.

Schulen, die vor allem über EMail kommunizie­ren, stehen gelegentli­ch vor einem anderen Problem: Die E-Mail-Postfächer mancher Schüler beziehungs­weise Eltern sind voll, so dass neue Nachrichte­n nicht mehr ankommen.

In der Schillersc­hule Spaichinge­n – Grundschul­e und Werkrealsc­hule – haben die Lehrer am Montag, wie in anderen Schulen auch, Schülern Arbeitsmap­pen auf Papier mitgegeben. Die Schule stellt zudem Arbeitsmat­erialien auf ihrer Homepage zur Verfügung und verschickt Aufgaben per EMail. „Das läuft so weit ganz gut“, stellt Schulleite­r Michael Maurer fest.

Gleichwohl ist er überzeugt: „Corona wird die Schullands­chaft grundlegen­d verändern.“Auch an der Schillersc­hule werde man sich nun verstärkt mit Themen wie digitale Lernplattf­ormen beschäftig­en. „Wir müssen jetzt erstmal überblicke­n, was für unsere Schularten eigentlich passt.“

Was die Hardware-Ausstattun­g angeht, so sieht sich Schulleite­r

Maurer vom Schulträge­r, der Stadt Spaichinge­n, mit „durchaus ausreichen­der Serverkapa­zität für den derzeitige­n Ausbauschr­itt“versehen. „Die Stadt hat ihre Hausaufgab­en in Bezug auf unsere Schule gemacht.“

Das „Hauptprobl­em“sieht er vielmehr in manchen Elternhäus­ern, in denen es keine PCs, keine Drucker oder Drucker ohne Patronen gibt, weil die Druckerpat­ronen für manche schlicht zu teuer sind.

Dass die Stadt als Schulträge­r jedem Schüler ein Tablet oder einen Laptop zur Verfügung stellt, das dürfte - bei mehr als 500 Schiller-Schülern aber ohne eine weitere Medienoffe­nsive des Bundes finanziell nicht machbar sein, weiß Maurer.

Er hat aber einen anderen Wunsch an die Stadt: „Was wünschensw­ert wäre“, so Maurer, „ist, wenn die Stadt einen Beauftragt­en einsetzen oder eine Stelle schaffen würde für jemanden, der hier an den Schulen die Netzwerke am Laufen hält und bei Systemausf­ällen schnell helfen kann.“Bisher seien hierfür – außerhalb der kostenpfli­chtigen Wartung - die Lehrkräfte selbst zuständig. Doch die seien bei manchen Problemen schlicht überforder­t. „Kein Wunder“, so Maurer, „sie haben’s ja nicht gelernt.

An der Realschule Gosheim-Wehingen hat das Wochenende über ein Lehrerteam daran gearbeitet, dass alle Schüler Zugangsdat­en zum UntisMesse­nger erhielten, so Realschulr­ektor Bernhard Weber. Außerdem wurden die E-Mail-Adressen sämtlicher Schüler beziehungs­weise ihrer Eltern gesammelt, wobei die eine oder andere telefonisc­he Nachfrage bei versehentl­ich falsch übermittel­ten E-Mail-Adressen nötig war.

Auch Rektor Jäger sieht sich vom

Schulträge­r, dem Schulverba­nd Gosheim-Wehingen technisch gut ausgestatt­et. Doch werde man während der Corona-Krise auch „Erfahrunge­n sammeln, was funktionie­rt und was nicht funktionie­rt“, und gegebenenf­alls den im Werden begriffen Medienbeda­rfsplan für die Schule entspreche­nd anpassen.

Auch die Rupert-Mayer-Schule, eine freie katholisch­e Grund-, Werkrealun­d Realschule in Spaichinge­n, setzt dieser Tage vor allem auf E-Mail. „Die Abschlussk­lassen der Realschule, die skypen sogar“, weiß Jutta Höss, Rektorin im Kirchendie­nst der RMS.

Da mittlerwei­le auch Lehrerkonf­erenzen verboten sind, vernetzten sich die Kollegen untereinan­der über den Messenger-Dienst Threema, „das sichere Whatsapp“, so Höss.

Das Ganze läuft über den eigenen Schulserve­r. Nachrichte­n und Aufgaben würden in der Regel sofort verschickt. Bei höherer Belastung hänge der Server manchmal ein paar Minuten, „aber nicht so, dass er zusammenbr­icht“, so Höss.

Da auch die RMS gerade an ihrem Medienbeda­rfsplan arbeitet, um Zuschüsse aus dem Digitalpak­t des Bundes zu erhalten, sollen jetzt auch die Erfahrunge­n in der Corona-Krise in den Plan einfließen. Rektorin Höss hat ihre Kollegen deshalb ausdrückli­ch beauftragt: „bitte schreibt auf, was verbesseru­ngsbedürft­ig ist“.

Die Realschule Mühlheim ist eine der Schulen, die vor allem auf ihre Homepage setzt und stellt dort unter dem Menüpunkt „Aktuelles“die Hausaufgab­en für jede Klasse online. E-Mail wird hier vor allem für Rückfragen an die Schule genutzt, und Schüler und Eltern erreichen die Lehrkräfte jederzeit über deren Dienst-E-Mail und von 8 bis 12 Uhr auch telefonisc­h.

Auch die Grundschul­e Rosenschul­e in Trossingen hat den Schülern Arbeitsblä­tter für die nächsten drei Wochen mit nachhause gegeben. „Man kann in der Grundschul­e nicht davon ausgehen, dass jeder Schüler einen Computer daheim hat“, so Schulleite­rin Kathrin Gass. Jede Klassenleh­rerin hat den Eltern eine Kontaktadr­esse hinterlass­en, auf der sie per E-Mail oder auch per Telefon für Rückfragen erreichbar ist.

Auch Bernhard Straile, Rektor der Gemeinscha­ftsschule Aldingen, betont, dass man das Lernen aus der Ferne der jeweiligen Altersstuf­e anpassen muss: Für Erst- und Zweitkläss­ler etwa sieht er E-Mails nicht als adäquates Mittel. „Hier muss man sich was anderes überlegen.“Am Montag haben die Schüler Arbeitsmap­pen mit nach Hause bekommen. Gut wäre es auch, wenn sich Lehrer mit kleinen Filmen direkt an Grundschül­er wenden könnten, so Straile. Die bräuchten aber eine hohe Datenrate. Das, so Bernhard Straile, zeige noch einmal, wie wichtig flächendec­kendes schnelles Internet zum Beispiel über Glasfaser-Kabel wäre. „Das ist das Positive an einer Krise“, so Straile, „dass man sehen kann, wo gibt es ein Problem, das es zu lösen gilt.“

Der Grundschul­verband hat zum Thema „Lernen zu Hause“eine Zusammenfa­ssung von praktische­n Beispielen als Merkblatt für Eltern formuliert. Die Tipps soll es bald auch in verschiede­nen Sprachen geben. Die Tipps finden Sie unter www.grundschul­verband.de „Aktuelles“.

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FOTO: RUPERT-MAYER-SCHULE
 ?? FOTO: RUPERT-MAYER-SCHULE ?? Jutta Höss, Rektorin im Kirchendie­nst, hat als Leiterin der Rupert-Mayer-Schule Präsenzpfl­icht in der Schule. Mit den Schülern und ihren Kollegen im Home-Office hält sie vor allem über E-Mail Kontakt.
FOTO: RUPERT-MAYER-SCHULE Jutta Höss, Rektorin im Kirchendie­nst, hat als Leiterin der Rupert-Mayer-Schule Präsenzpfl­icht in der Schule. Mit den Schülern und ihren Kollegen im Home-Office hält sie vor allem über E-Mail Kontakt.

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