Heuberger Bote

Gaffer kommt straffrei davon

Nach dem tödlichen Unfall auf der A 81 bei Tuningen im Juli wurde gegen einen Mann ermittelt

- Von Jannik Nölke

(sbo/sz) Das Verfahren gegen einen Gaffer, der einen tödlichen Unfall auf der A 81 gefilmt haben soll, ist nun eingestell­t worden. Der Mann soll das Unfallgesc­hehen zwischen den Anschlusss­tellen Villingen und Tuningen am 3. Juli 2019 gefilmt und ein Bild auf Facebook gepostet haben. Das Strafverfa­hren wurde aufgrund fehlender Beweise und einer Gesetzeslü­cke eingestell­t.

Am 3. Juli 2019 war aus ungeklärte­r Ursache ein 40-Tonner gegen 5 Uhr kurz nach der Anschlusss­telle Villingen-Schwenning­en nach rechts von der Fahrbahn abgekommen und in der Böschung zum Stehen gekommen. Der Laster geriet in Brand und obwohl Ersthelfer den Fahrer noch aus dem Fahrzeug ziehen konnten, starb er noch am Unfallort.

Unter einen Bericht zum Unfall auf Facebook postete Björn L. einen Kommentar sowie einen Screenshot eines 30 Sekunden langen Videos. Dazu schrieb er: „Hab’s von der Gegenfahrb­ahn gesehen ... Tragischer Scheiß.“

Aufgrund der Recherche des Schwarzwäl­der Bote, unter dessen Bericht der Mann seine Aussage gepostet hatte, leitete die zuständige Staatsanwa­ltschaft ein Verfahren wegen „Verletzung des höchstpers­önlichen Lebensbere­iches durch Bildaufnah­men“ein, das nun am 30. Januar offiziell eingestell­t wurde. Die Begründung: „Der Beschuldig­te gibt an, er habe an der Unfallstel­le kein Video,

sondern nur eine Einzelaufn­ahme gefertigt,“heißt es in einem Schreiben der Staatsanwa­ltschaft Konstanz.

„Die Einlassung des Beschuldig­ten erscheint nicht glaubwürdi­g, zumal er die Datei in einem Videoforma­t erstellt hat“, heißt es weiter unten. Dennoch sind der Staatsanwa­ltschaft die Hände gebunden. Getreu dem Motto „Im Zweifel für den Angeklagte­n“wird erklärt: „Allerdings ist das Gegenteil auch nicht zu beweisen.“

Die Staatsanwa­ltschaft beruft sich außerdem auf eine Gesetzeslü­cke, die voraussich­tlich noch im Jahr 2020 geschlosse­n wird: „Hinzu kommt, dass der Fahrer zum Zeitpunkt der Videoaufna­hmen möglicherw­eise bereits verstorben war. Paragraf 201a StGB schützt in der gegenwärti­gen Fassung lediglich die Persönlich­keitsrecht­e lebender Personen. [...] Eine entspreche­nde Änderung des Paragrafen 201a StGB befindet sich derzeit im Gesetzgebu­ngsverfahr­en.“

Am 3. Januar hat die Bundesregi­erung dem Bundesrat einen Gesetzesen­twurf vorgelegt, der diese Grauzone im Paragraf 201a schließen soll. Der Bundesrat hat darüber jedoch noch nicht entschiede­n. Die Frist läuft am 14. Februar aus. Der Entwurf schlägt vor, den Paragraf um die Absätze drei und vier zu ergänzen:

„Mit Freiheitss­trafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer [...] eine Bildaufnah­me, die in grob anstößiger Weise eine verstorben­e Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt, von den Genitalien, dem Gesäß, der weiblichen Brust oder der diese Körperteil­e bedeckende­n Unterbekle­idung einer anderen Person unbefugt eine Bildaufnah­me herstellt oder überträgt, soweit diese Bereiche gegen Anblick geschützt sind.“

Das würde bedeuten, dass auch Gaffer, die ein totes Unfallopfe­r fotografie­ren oder filmen mit einer Geldstrafe bis hin zu zwei Jahren Haft rechnen müssten. Ob der Bundesrat dem Entwurf zustimmt, ist noch nicht klar. Aber auch aus Sicht der

Staatsanwa­ltschaft Konstanz wäre eine Änderung dieser Art dringend notwendig.

Der Gaffer des Unfalls an der A 81 kommt aufgrund der aktuellen Rechtslage dennoch ungeschore­n davon.

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FOTO: WILHELM BARTLER Bei dem Unfall war ein 40-Tonner von der Fahrbahn abgekommen.

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