TSF verzweifelt bei Suche nach Ärzten
Herzsportgruppen fehlen Ärzte, um Reha-Angebot langfristig zu sichern
- Wer nach einem Herzinfarkt mit Rehasport anfängt, darf das nur unter ärztlicher Aufsicht. Für zwei Tuttlinger Vereine wird das immer mehr zum Problem: Auf dem Land fehlen Ärzte. Und unter den Verbleibenden schwinde die Bereitschaft, Herzsportgruppen neben dem Hauptjob zu betreuen, beklagt Elke Beiswenger.
Sie leitet den Kurs der Tuttlinger Sportfreunde (TSF). Zwischen 15 bis 20 Teilnehmer dürfen es maximal sein. Ziemlich viel, um alle im Blick zu behalten, sagt die Trainerin. Aber eine zweite Gruppe aufmachen? Geht nicht. Zu wenig Ärzte. Der Sportclub 04 Tuttlingen bietet zwar zwei Herzsport-Kurse an. „Die sind aber beide voll. Der Sportclub nimmt keine neuen Teilnehmer mehr auf.“
Beide Vereine zählen jeweils einen Pool von fünf Ärzten, die sich die drei wöchentlichen Kursstunden untereinander aufteilen. Wobei es im Kern eher drei seien, bestätigt die Trainerin zumindest für die TSF. Die Ärzte werden bezahlt. Teils spenden sie das Geld aber auch an den Verein. „Wenn es nur ein oder zwei mehr wären, würde das die Lage schon deutlich entspannen.“Nahezu alle Ärzte habe sie abgeklappert, auch jene in Rente. Vergeblich. Sie traue sich fast schon nicht mehr zu fragen, sagt Beiswenger. „Rentner lehnen häufig sofort ab. Und Krankenhäuser und Praxen sind überfüllt. Die Ärzte haben viel zu tun.“Noch dazu mangelt es an Ärzten.
Aber nur die dürfen Herzsportgruppen betreuen, keine Rettungssanitäter.
Das kann Beiswenger nicht nachvollziehen. Das schreibt das neunte Sozialgesetzbuch vor. „Bei Herzinfarkt-Patienten reanimieren Rettungssanitäter und übernehmen die Notfallversorgung. Warum dann nicht auch bei uns?“Mit dieser Frage wandte sich Beiswenger an das Justizministerium.
Behördenchef Guido Wolf leitete die Frage an seinen Kollegen aus dem Sozialministerium, Manne Lucha. Der stellt klar: Teilnehmer einer Herzsportgruppe müssten nicht nur bei Zwischenfällen versorgt werden. Die Trainingsbelastung müsse immer wieder überprüft und angepasst werden. „Diese Aufgaben gehen über die reine Notfallversorgung deutlich hinaus und erfordern die Anwesenheit
von Ärzten.“
Ohnehin kann der Landesminister nicht viel ausrichten. Ist das Gesetz doch auf Bundesebene zu verordnen. Noch dazu sprechen sich Versicherungen, kassenärztliche Bundesvereinigung und Leistungserbringer-Dachverbände in einer Rahmenvereinbarung zum RehaSport für die Beaufsichtigung durch einen Arzt aus. Daher startete Justizminister Wolf einen zweiten Anlauf, bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Das Schreiben datiert vom 10. Dezember 2019. Eine Antwort habe er noch nicht bekommen.
Wie Landesminister Lucha in seinem Brief ausführt, gibt es eine Ausnahmeregelung, die die Versorgung mit Ärzten verbessern soll: „Danach kann ein Herzgruppenarzt maximal drei Herzgruppen in räumlicher Nähe gleichzeitig betreuen.“Etwa in Mehrfachturnhallen. In ländlichen Regionen entspanne diese Regelung die Lage aber nicht, sagt Wolf. Daher bittet er Spahn um eine Prüfung der Vorschriften.
„Ich finde eher einen Arzt, als dass sich da irgendetwas ändert“, mutmaßt Trainerin Beiswenger. Seit Jahren sei die Betreuung der Herzsportgruppe Thema. „Vor zehn Jahren standen wir schon einmal kurz vor dem Aus,“bis sich doch wieder zwei Ärzte gefunden hätten. Sie wolle nicht aufgeben. „Ich bleibe penetrant.“So schnell will Beiswenger die Herzsportgruppe nicht aufgeben.