Millionen für die Kitas
Kultusministerin will vor allem Fortbildung finanzieren
(kab) - Über das GuteKita-Gesetz fließen bis 2022 rund 730 Millionen Euro vom Bund nach Baden-Württemberg, 15 Millionen mehr als bislang gedacht. Das geht aus der Kabinettsvorlage zur Verwendung der Mittel hervor, die Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) am Dienstag im Ministerrat einbringen will. Das Papier liegt der „Schwäbischen Zeitung“vor. Der Großteil des Geldes, 458 Millionen Euro, sollen den Kita-Leitungen zugutekommen. Sie sollen regelmäßig fortgebildet werden sowie Stunden für Management und Qualitätsentwicklung bekommen. Zudem sollen mehr Ausbildungsplätze für Erzieherinnen und Erzieher entstehen.
An den Gebühren für Kita-Plätze will Eisenmann allerdings nicht rütteln. Ihr Fokus liege auf der Weiterentwicklung der Qualität in der frühkindlichen Bildung, sagte sie der „Schwäbischen Zeitung“am Freitag auf Rückfrage.
- Der Kita-Platz bleibt kostenpflichtig – trotz der 730 Millionen, die aus dem Gute-Kita-Gesetz des Bundes nach Baden-Württemberg fließen. „Eine pauschale Maßnahme zur Gebührenfreiheit (...) soll zugunsten von Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung nicht ergriffen werden“, heißt es in der Kabinettsvorlage zur Verwendung der Bundesmittel: Diese will sich Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) am Dienstag von ihren Ministerkollegen absegnen lassen. Das Kabinett entscheidet zudem über den Pakt für gute Bildung und Betreuung (kurz: Pakt), mit dem Eisenmann zusätzlich Landesgeld für die Kleinsten ausgeben will. Die Summe steigt von aktuell 20 auf etwa 76 Millionen Euro im Jahr 2024. Beide Papiere liegen der „Schwäbischen Zeitung“vor – die Pläne im Detail:
Wie steht es im Südwesten um die frühkindliche Bildung?
Lange lag der Fokus auf Betreuung. Die grün-rote Vorgängerregierung hat diesen Richtung Bildung verschoben und die Zuständigkeit vom Sozial- ins Kultusministerium verlegt. Zudem wurde viel Geld investiert – eine Erzieherin betreut heute viel weniger Kinder als früher. Beim Betreuungsschlüssel rückte BadenWürttemberg laut Studien vom letzten Platz inzwischen an die Spitze.
Darf das Geld nicht in die Senkung der Kita-Gebühren fließen?
Doch, Ministerin Eisenmann legt aber einen anderen Schwerpunkt. Sie erklärt auf Anfrage: „Die frühen Lebensjahre prägen die persönliche und soziale Entwicklung der Kinder. Mit dem Pakt stärken wir die Qualität der frühkindlichen Bildung, um allen Kindern, unabhängig von ihrem familiären Kontext, gute Startchancen zu ermöglichen.“
Wofür fließt das meiste Geld?
Auf Rückfrage erklärt das Ministerium, dass allein 458 Millionen Euro für regelmäßige Fortbildungen und vor allem für Leitungszeit für die Kita-Leiterinnen eingeplant sind. Verbände und Wissenschaftler fordern das schon lange, eine landesweite gesetzliche Regelung gibt es bislang nicht. Künftig soll es als Basis sechs Stunden Leitungszeit geben – in kommunalen Kitas ebenso wie in denen in kirchlicher oder freier Trägerschaft. Ab der zweiten Gruppe gibt es pro weiterer Gruppe zwei zusätzliche Stunden. Das ist befristet bis Ende 2022.
Was bringt das?
Wie Schulleiter brauchen auch KitaLeitungen Zeit, um ihre Einrichtung professionell zu managen und zu entwickeln. Bei der Qualität kommt ihnen eine Schlüsselrolle zu. Laut Studien, etwa der Bertelsmann-Stiftung, ist Baden-Württemberg hierbei bislang schlecht aufgestellt. Mit der zusätzlichen Zeit sollen die Leiterinnen die Ausrichtung ihrer Kita, das Personal und das Zusammenspiel aus Kindern, Eltern, Familien und Umfeld weiterentwickeln.
Gibt es auch mehr Erzieherinnen? ●
Perspektivisch ja, denn schon heute gibt es einen Personalmangel. Derzeit bildet das Land jährlich 4000 Erzieherinnen und Erzieher aus. 1800 davon sind Plätze zur praxisintegrierten Ausbildung, genannt Pia. Der Unterschied zur herkömmlichen Ausbildung: Pia-Azubis verdienen während der Ausbildung Geld, sie sind zwei Tage die Woche in der Schule und die restliche Zeit in der Kita. 1000 weitere Pia-Plätze sollen ab September hinzukommen. Für 400 übernimmt der Bund über ein anderes Förderprogramm die Kosten. 600 sollen mit 24,7 Millionen Euro aus dem Gute-Kita-Gesetz finanziert werden. Weitere 18,2 Millionen Euro sind eingeplant, um den Erzieherinnen, die die Pia-Azubis in der Kita anleiten, dafür zwei Stunden pro Woche Zeit zu geben. Eine Regelung fehlte bislang auch hierzu.
Gibt es Ausbildungskapazitäten?
Die müssen die öffentlichen und privaten Fachschulen für Sozialpädagogik schaffen. Das Land zahlt über den Pakt für die Lehrerstellen bis 2024 insgesamt 55 Millionen Euro.
Gehen normale Azubis leer aus?
Nein. Eisenmann möchte ihnen einen Zuschuss von monatlich 100 Euro geben. Ob das auch fließen kann, wenn die Azubis BAföG beziehen, wird derzeit geprüft. Das soll 15,6 Millionen Euro kosten.
Gibt es Anreize für die Träger?
Ihnen will Eisenmann pro Azubi 100 Euro im Monat zahlen – wenn in den Kitas der Gemeinde 25 Prozent mehr Pia-Azubis im Vergleich zu 2017 angestellt werden. Sind es mehr als 50 Prozent, gibt es pro Ausbildungsplatz 200 Euro. Dieses Geld stammt aus dem Pakt, den Eisenmann mit den Kommunalverbänden geschlossen hat. Laut Kabinettsvorlage steigen die Kosten von 2,5 Millionen Euro 2019 auf 15,5 Millionen Euro 2024.
Wohin fließt das sonstige Geld?
Über das Programm „Sprach-Kitas“fördert der Bund noch bis Ende 2020 etwa 1000 Stellen im Land. Die Fachkräfte und Berater sind an Kitas im Einsatz, wo besonders viele Kinder mit sprachlichen Defiziten sind. Eisenmann möchte dieses Programm gerne mit 50,6 Millionen Euro aus dem Gute-Kita-Gesetz fortführen. 10,4 Millionen Euro sind dafür vorgesehen, dass Tagespflegepersonal stärker qualifiziert wird – statt bisher 160 sind künftig 300 Unterrichtsstunden vorgesehen. Ab 2022 sollen Kitas zudem Geld bekommen, wenn sie innovative Projekte umsetzen.
Und was soll noch mit dem Landesgeld aus dem Pakt passieren?
Ab 2020 sollen zusätzlich knapp sieben Millionen pro Jahr zur Förderungen von Kindern fließen, die sprachliche, aber auch mathematische, motorische oder soziale Defizite haben. Zur Stärkung der Inklusion soll es einen Modellversuch in acht Kreisen geben – ab 2020 etwa in Biberach –, der bei Erfolg 2023 auf alle Kreise übertragen werden soll. Mobile Fachdienste und Qualitätsbegleiter sollen dabei Kitas unterstützen. Kostenpunkt: erst drei, ab 2024 dann 15 Millionen Euro. Fast acht Millionen Euro sind für eine stärkere Kooperation zwischen Kitas und Grundschulen eingeplant. Zum Jahreswechsel soll zudem das Forum Frühkindliche Bildung mit Sitz in Stuttgart starten – das kostet jährlich zwei Millionen Euro. Seine Aufgabe: die Kitas wissenschaftlich begleiten und bei der qualitativen Entwicklung unterstützen.