Heuberger Bote

Sorgen um Angela Merkel

Dritter Zitteranfa­ll der Kanzlerin in nur drei Wochen

- Von Sabine Lennartz

BERLIN (dpa) - Nach dem dritten Zitteranfa­ll in gut drei Wochen wächst die Sorge um den Gesundheit­szustand von Bundeskanz­lerin Angela Merkel weiter. Beim Empfang des finnischen Ministerpr­äsidenten Antti Rinne mit militärisc­hen Ehren bebte beim Abspielen der Nationalhy­mnen am Mittwoch erneut der Körper der CDU-Politikeri­n. Anschließe­nd sagte sie trotzdem, es gehe ihr gut: „Man muss sich keine Sorgen machen.“Zweifel an ihrer Arbeitsfäh­igkeit wies die Kanzlerin zurück. „Ansonsten bin ich ganz fest davon überzeugt, dass ich gut leistungsf­ähig bin“, sagte die 64-Jährige.

Sie begründete den Anfall damit, dass sie immer noch in der „Verarbeitu­ngsphase“eines ersten Anfalls vor gut drei Wochen beim Empfang des ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj sei. „Die ist offensicht­lich noch nicht ganz abgeschlos­sen, aber es gibt Fortschrit­te“, sagte Merkel in Berlin.

„Der Kanzlerin geht es gut.“Diesen Satz wiederholt Regierungs­sprecherin Ulrike Demmer stoisch auf alle Fragen von Journalist­en. Zuvor hatte Angela Merkel bei den militärisc­hen Ehren für den finnischen Ministerpr­äsidenten Antti Rinne erneut einen Zitteranfa­ll bekommen, ihren dritten innerhalb von drei Wochen.

„Man muss sich keine Sorgen machen“, sagt die Kanzlerin selbst bei der anschließe­nden Pressekonf­erenz, als sie von einer finnischen Journalist­in nach ihrem Gesundheit­szustand gefragt wird. Sie sei immer noch in der Verarbeitu­ngsphase des Anfalls Mitte Juni beim Empfang des ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj. „Die ist offensicht­lich noch nicht ganz abgeschlos­sen, aber es gibt Fortschrit­te. Und ich muss damit jetzt eine Weile leben“, sagte Merkel. „Ich glaube, dass es so, wie es gekommen ist, eines Tages auch vergehen wird. Aber es ist noch nicht so weit.“

Beim Empfang des ukrainisch­en Präsidente­n hatte sie ihren ersten Zitteranfa­ll. Oder wenn man es ganz genau nimmt, ihren zweiten, denn ihr haben bei einem Besuch in Mexiko 2017 schon einmal die Beine gezittert.

„Gut leistungsf­ähig“

Auch diesmal schlottert­e sie wieder enorm. Danach aber stand sie völlig ruhig vor der Presse. So war es bei den ersten beiden Malen auch, als sie kurz darauf festen Schrittes weitermach­te. Zweifel an ihrer Arbeitsfäh­igkeit weist Merkel zurück. „Ansonsten bin ich fest überzeugt, dass ich gut leistungsf­ähig bin.“

Bei dem ersten Zitteranfa­ll hatte sie dies noch mit der großen Hitze und Wassermang­el erklärt. Doch am Mittwoch waren in Berlin wohltemper­ierte 21 Grad.

Die Sorge um den Gesundheit­szustand der Kanzlerin wächst in Berlin. Ihre Erklärung, sie habe vielleicht deshalb gezittert, weil sie den ersten Anfall noch nicht verarbeite­t habe, scheinen wenig plausibel. Schließlic­h ist Merkel normalerwe­ise nicht so zart besaitet, dass sie allein bei dem Gedanken, einen Zitteranfa­ll gehabt zu haben, erneut ins Zittern gerät.

Gerade die Kanzlerin ist für ihre sehr gute Kondition und für ihre große Gelassenhe­it bekannt – so wie auch viele ihrer Vorgänger. Helmut Kohl hängte einst trotz seines Gewichts und hoher Temperatur­en in Rio de Janeiro die Journalist­en ab, als er zur Christus-Statue hocheilte.

Merkel verbringt Nächte auf EUund G-20-Gipfeln und ihre Bewunderer sagen, sie habe manchen Verhandlun­gssieg deshalb davongetra­gen, weil sie alle anderen mit ihrer Kondition bei weitem übertrifft. Nach durchdisku­tierten Nächten tritt sie oft am nächsten Morgen im Kanzleramt ihren Dienst an. Sicher, nächste Woche, am 17. Juli, wird Merkel 65 Jahre alt. Man sieht ihr die Strapazen mehr an als früher. Doch ohne eine eiserne Kondition ist ihre Aufgabe nicht durchzuhal­ten.

Richtig krank war die Kanzlerin während ihrer Amtszeit erst einmal. Das war, als sie sich Anfang 2014 beim Langlauf einen Beckenring­bruch zuzog und eine mehrwöchig­e Schonzeit einhalten sollte. Doch auch damals empfing sie bereits am 7. Januar im Kanzleramt die Sternsinge­r – auf Krücken. Ob sie drei Tage nach einer Knieoperat­ion die Hannover-Messe eröffnet oder trotz Grippe eine Neujahrsan­sprache hält – immer wieder hat sie ihre Unverwüstl­ichkeit unter Beweis gestellt.

In diesem Jahr aber hat Angela Merkel schon Einiges mitgemacht. Anfang April starb ihre Mutter Herlind Kasner (90), an der sie sehr hing. Die Kanzlerin ließ sich nichts anmerken, absolviert­e auch in den folgenden Tagen eisern und disziplini­ert ihre Termine. Die Beerdigung fand im kleinen Familien- und Freundeskr­eis in Templin statt.

Schwäche zeigt man nicht

Auffällig ist, dass sich bislang kein Politiker zu den Zitteranfä­llen von Angela Merkel äußert. Denn sie alle wissen, wie es ist, im Rampenlich­t zu stehen und nicht ganz gesund zu sein. Zeit zum Verarbeite­n haben Politiker selten. Schwäche wird nicht gezeigt. Es gibt einige wenige Ausnahmen. Horst Seehofer machte einst seine lebensbedr­ohliche Herzmuskel­entzündung öffentlich, als er nach langer Krankheit nach Berlin zurückkehr­te.

Malu Dreyer ist eine Ministerpr­äsidentin, die wegen ihrer Multiplen Sklerose manchmal auf Hilfe angewiesen ist. Und Mike Mohring, der thüringisc­he CDU-Fraktionsc­hef, machte seine Krebserkra­nkung, die er jetzt überwunden hat, öffentlich. Er absolviert­e weiterhin Wahlkampft­ermine, und setzte sich eine Mütze auf.

Auch der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach und der grüne Christian Ströbele waren mit ihren Krebserkra­nkungen offen umgegangen. Die frühere schleswig-holsteinis­che Ministerpr­äsidentin Heide Simonis eilte dagegen zwischen zwei Staatsterm­inen zur Chemothera­pie und hoffte, dass es niemand auffällt. Auch, weil sie Angst hatte, dies könne im Wahlkampf gegen sie verwendet werden. Denn im Großen und Ganzen heißt es in der Spitze von Wirtschaft und Politik immer noch: Schwächen zeigt man nicht.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Kanzlerin Angela Merkel beißt die Zähne zusammen: Beim Besuch von Antti Rinne, dem Ministerpr­äsidenten von Finnland, hat sie zum dritten Mal innerhalb von drei Wochen einen Zitteranfa­ll erlitten.
FOTO: IMAGO IMAGES Kanzlerin Angela Merkel beißt die Zähne zusammen: Beim Besuch von Antti Rinne, dem Ministerpr­äsidenten von Finnland, hat sie zum dritten Mal innerhalb von drei Wochen einen Zitteranfa­ll erlitten.

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