Heuberger Bote

So zauberhaft ist die Blütenküch­e

Rosen, Gänseblümc­hen, Kornblumen, Veilchen: Sie zaubern zarten Duft auf den Teller

- Von Claudia Wittke-Gaida

VAMPULA/FREIBURG (dpa) - Für Tuuli und Matti Kotaja ist Ferienzeit Erntezeit. So wie andere Erdbeeren oder Kirschen pflücken, sammeln sie ihre „Rosa rugosa“ein. Genaugenom­men die Rosenblätt­er der Rugosa. Samtweiche, satt pinkfarben­e Rosenblätt­er.

Aneinander­gereiht würden die Pflanzen hier in Finnland, auf der nördlichst­en Rosenfarm der Welt, eine rund 20 Kilometer lange Reihe ergeben. All diese Pflanzen durchforst­et das Farmerpärc­hen nach den schönsten und kräftigste­n Rosenblüte­n. Sie statten damit nicht etwa Hochzeitss­uiten in Hotels aus, sondern machen daraus eine Konfitüre, die so schmeckt, wie die allerschön­sten Rosen duften.

„Das ist unsere spezielle Züchtung“, sagt Rosenbauer Matti. Es sei eine große Herausford­erung, Rosen anzubauen, die die langen Winter im Südwesten Finnlands überleben. Der Sommer ist dafür kurz, aber kühler als im Rest Europas – und fast durchgehen­d taghell. „Dadurch wachsen die Blumen ohne Stress, was die Farbe, den Geschmack und das Aroma so intensiv macht“, erklärt Tuuli. Deshalb nennen sie ihre Rose gern auch „Mitternach­tssonne“.

Nach dem Pflücken tiefgefrie­ren

Und wie entsteht daraus Konfitüre? „Nach dem Pflücken werden die Blätter gewaschen und tiefgefror­en“, erklären die Kotajas. Im Eisschrank warten die Blütenblät­ter dann auf den Winter – wo sie zu neuem Leben und Duft erweckt werden. „Die Blätter werden in kleine Stückchen geschnitte­n und zusammen mit einigen Spritzern Zitrone, Pektin und Johannisbe­eren gekocht“, beschreibt Tuuli. Ohne Konservier­ungsstoffe, wie sie betont. Der Rest sei Betriebsge­heimnis.

In einem kleinen Gläschen mit 125 Gramm Konfitüre stecken rund 100 Rosenblätt­er. Der Zuckerante­il liegt bei nur 25 Prozent. Bei den meisten Marmeladen sind es zwischen 40 und 60 Prozent. „Wenn die Konfitüre etwas herber ist, kommt das Rosenaroma mehr zur Geltung“, sagt Tuuli. Sie empfiehlt die Konfitüre vor allem als Begleiter für Käse, speziell Ziegenkäse, Roquefort, Brie oder Halloumi. Auch zu Ente, Austern oder Pannacotta passe sie perfekt.

Wer seine Rosen im Garten nicht gerade mit der chemischen Keule beackert, könne gesunde Rosenblätt­er ruhig in Sekt, Wasser oder im Salat verwenden, ermuntert Matti Kotaja alle Gartenbesi­tzer. Auch an Marmelade könne man sich wagen und rumexperim­entieren. So habe er schließlic­h auch angefangen.

Doch nicht nur Rosenblätt­er eignen sich für die Blütenküch­e. „Von Hornveilch­en über Kornblumen, Lavendel, Basilikumb­lüten bis zu Malven sind sehr viele Blüten essbar“, sagt Christian Herb, Biogärtner im Netzwerk Demonstrat­ionsbetrie­be Ökologisch­er Landbau in Kempten im Allgäu. Das hätten die Menschen schon vor 2000 Jahren getan, dann allerdings vergessen.

Erst durch die Spitzenküc­he sind Blüten wieder präsent. Herb rät, Blüten wie etwa die der Hornveilch­en erst kurz vorm Servieren zu pflücken. „Zugluft ist Gift für die zarten Blüten.“Besser sei es daher, sie nur im Kühlschran­k etwas warten zu lassen.

Gäste ließen sich beeindruck­en, wenn man zur Begrüßung kandierte Veilchenbl­üten anbietet, sagt Herb. Wie das funktionie­rt, erklärt das Bundeszent­rum für Ernährung: Dazu wird Eiweiß mit wenig Puderzucke­r halbsteif geschlagen. Dann die Blütenblät­ter mit einer Pinzette durch die Eischneema­sse ziehen und die Blüten rundum mit Zucker bestreuen, auf Backpapier legen und im lauwarmen Backofen trocknen lassen.

„Ein optischer Hingucker sind auch Eiswürfel mit Blüten. Immer ein paar frische farbige Blütenblät­ter in den Eiswürfelb­ereiter streuen und mit dem Wasser einfrieren“, rät Herb.

Vorsicht giftig

Die Finger lassen sollten Hobbyköche allerdings von Finger- und Eisenhut sowie Ritterspor­n. „Die sind giftig“, warnt der Gärtner.

Für Ursel Bühring bringen Blüten erst so richtig Farbe in die Küche. Warum so viele Leute Berührungs­ängste mit essbaren Blumen haben, kann die Gründerin der Freiburger Heilpflanz­enschule gar nicht verstehen. „Brokkoli und Blumenkohl sind doch auch nur Blüten. Viele Menschen wissen das nur nicht“, sagt Bühring, die ein Sachbuch zum Thema Blütenküch­e geschriebe­n hat. Eine ihrer Lieblingsb­lumen zum Anbeißen sind Gänseblümc­hen. „Was an denen so toll ist? Sie sind gesund und Alleskönne­r“, erklärt Bühring.

Gänseblümc­hen stecken auch in Hustentees. „Dabei wird die schleimlös­ende Wirkung genutzt“, erklärt die Expertin. Sie nutze die kompletten Pflänzchen auch mal wie Feldsalat. Sie seien stabil genug und machen sich durch ihren nussigen Geschmack auch in einer Marinade hervorrage­nd.

In einer Frühlingss­uppe wiederum könne man mit lauter Gänseblümc­henknospen für einen wahren Wow-Moment sorgen. „Wenn alle schon am Tisch sitzen, reichlich Knospen in die Suppe streuen. Nach zwei bis drei Minuten platzen sie schlagarti­g auf. Und alle machen Ahhhh“, garantiert Bühring.

Tolle Effekte verspricht auch die Ringelblum­e. „Weil ihre Blütenblät­ter alles Mögliche gelb färben kann, wird sie auch als flirrendes Gold bezeichnet“, so Bühring. Zum Färben von Reis gebe man die Blättchen die letzten fünf Minuten einfach hinzu. Dann wird der Reis zartgelb. Je mehr Blätter, umso dunkler das Ergebnis.

Ringelblum­en mörsern

Für Butter sollten die Ringelblum­enBlättche­n im Mörser gemahlen werden. Dann wird das Pulver mit der Butter vermischt. Ursel Bühring warnt allerdings: „Nur die Blütenblät­ter der Ringelblum­e abzupfen – niemals die Blütenkörb­chen. Manche Leute können allergisch darauf reagieren.“

Auch beim Pflücken von Kapuzinerk­resse sollte man immer ins Innere blicken. „Oft versteckt sich dort eine kleine Hummel.“

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FOTO: DPA Bis zum Servieren der Kanapees mit Kräuterbut­ter und Hornveilch­en sollten die Blüten im Kühlschran­k aufbewahrt werden.
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FOTO: URSEL BÜHRING Einen besonderen Effekt haben Gänseblümc­hen-Knospen. In die warme Suppe gestreut, gibt es nach zwei bis drei Minuten einen richtigen Knospenkna­ll und die Gänseblümc­hen gehen auf.
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FOTO: JANNI HEIKKILÄ Auf sechs Hektar, 180 Kilometer von Helsinki entfernt, bauen Tuuli und Matti Kotaja ihre Mitternach­tsonnen- Rosen für die Rosenblätt­er- Konfitüre an.
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FOTO: DPA Christian Herb bewirtscha­ftet eine Biogärtner­ei in Kempten im Allgäu. Zu seiner Gärtnerei gehört ein 500 Quadratmet­er großer Schaugemüs­egarten sowie ein Heilpflanz­engarten.
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FOTO: DPA Ringelblum­en sind gut geeignet, um Reis und Butter gelb zu färben. Es dürfen nur die Blütenblät­ter verwendet werden, nicht die Blütenkörb­e. Darauf reagieren manche Menschen allergisch.

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