Kretschmann prophezeit Schaden für Wirtschaft
Mit Münster als Standort für Batteriezellenforschung könnte deutsche Wettbewerbsfähigkeit leiden
STUTTGART - Die Kritik an der Vergabe der „Forschungsfertigung Batteriezelle“nach Münster nimmt weiter Fahrt auf: Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Dienstag in Stuttgart eine „krasse Fehlentscheidung“zulasten der gesamten Bundesrepublik vorgeworfen. Natürlich ärgere sich die grün-schwarze Landesregierung, dass die in Aussicht gestellten 500 Millionen vom Bund nicht nach Ulm fließen werden. „Der Ärger ist aber ganz anderer Natur“, so Kretschmann. „Wir glauben, dass die Entscheidung für Deutschland falsch ist.“
Bereits in einem gemeinsamen Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) haben Kretschmann und die Ministerpräsidenten der anderen Automobil-Länder Markus Söder (CSU/Bayern) und Stephan Weil (SPD/Niedersachsen) scharfe Kritik an der Münster-Entscheidung geäußert. Nun legte Kretschmann nach. In Asien gebe es bereits einen klaren Vorsprung bei der Batteriezellenfertigung. Der könne nur durch schnelles und kompetentes Handeln aufgeholt werden. Nötig dafür laut Kretschmann: die passende Infrastruktur. Die gebe es beispielsweise in Baden-Württemberg mit seinen Autobauern und den entsprechenden Forschungseinrichtungen. „Wir haben den ganzen Kranz außenrum“, so Kretschmann. „Deshalb halte ich das für eine krasse Fehlentscheidung, für die gesamte Republik.“
Die Entscheidung für Münster koste laut Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) unnötig Zeit. „Wir haben nicht viel Zeit, um ein wettbewerbsfähiges, eigenes Modell aufzubauen und unserer Wirtschaft die Möglichkeit zu geben, eine wettbewerbsfähige Batterie zu entwickeln.“Asien sei Vorreiter, „die warten nicht auf uns“. Die Wirtschaftsministerin warf Karliczek einen intransparenten Entscheidungsprozess vor. „Es geht nicht, dass Entscheidungskritierien wirken, die in der Ausschreibung nicht aufgeführt waren.“Das Recyclingkonzept, das als Grund für Münster angeführt wird, sei in der Ausschreibung nicht als Kriterium aufgeführt gewesen. Für noch mehr Unverständnis sorge, dass Baden-Württemberg sogar auch ein Recyclingkonzept vorgelegt habe, betonte Kretschmann. „Selbst das, was jetzt zu den Hauptkriterien der Entscheidung gehört haben soll, hatten wir in der Bewerbung“, sagte er. „Insofern ist das nicht nachvollziehbar.“
Vier Kriterien seien als wesentlich benannt gewesen: Eine sichere Finanzierung, Schnelligkeit, Kooperation mit der Industrie und Kompetenz. „Wir sind dem Gewinnerkonzept in allen vier Punkten überlegen“, betonte Hoffmeister-Kraut. Sie fordere Transparenz und Erklärungen dazu, warum Ulm als Standort dennoch nicht gesiegt hat. Das sei auch wichtig für zukünftige Ausschreibungen. „Wir brauchen Sicherheit und Klarheit.“