Denn sie wissen bald, was sie tun
Erdogan-Affäre begleitete Team durchs Turnier – DFB-Präsident Grindel will Verhaltenskodex
(SID/mp) - Die sportliche Führung der Nationalmannschaft wollte das leidige Thema während der WM zwar ausblenden, die DFBSpitze möchte die „Erdogate“-Aufarbeitung aber nicht unter den Tisch fallen lassen. „Wir müssen nach der WM vielleicht noch deutlicher machen, dass solche sportpolitischen Fragen für uns eine überragende Bedeutung haben“, sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel der „FAZ“. Die DFB-Stars sollen zukünftig (besser) wissen, was sie tun. Grindel plant grundlegende An- und Einweisungen für die Spieler.
Nicht nur deshalb werden zwei Dinge von dieser WM aus deutscher Sicht bleiben. Das eine ist die schwache Leistung des Führungsspielers Toni Kroos, das andere spielt abseits des Platzes: die Fotos von Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Und ob die deutsche Nationalmannschaft es wollte oder nicht: Beide Themen begleiteten sie durch das ganze Turnier. Während Kroos’ Leistung kein Grund ist, dass der DFB grundsätzliche Überlegungen anstellt, steht für den DFB fest, dass sich „Erdogate“nicht wiederholen darf.
Dass die ganze Affäre nicht spurlos an den Kickern vorbeigegangen ist und auch ein Grund für das Vorrundenaus war, ließ zumindest Thomas Müller durchblicken: „Wenn du Weltmeister bist, dann stehst du unter besonderer Beobachtung und musst dich mit vielen Dingen auseinandersetzen, die gar nichts mit dem Fußball zu tun haben“, sagte Müller in Kasan. „Es werden auch von außen die Störfeuer gerne genommen. Jetzt haben wir die Quittung bekommen.“
Daher soll es nun einen Verhaltenskodex geben.
Stärker sensibilisieren
„Ich bin schon dafür, dass wir unsere jungen Nationalspieler und diejenigen, die nachkommen, noch intensiver, als das bisher der Fall war, über die sportpolitischen Rahmenbedingungen informieren, in denen Fußballer heutzutage betrachtet werden“, so Grindel, „wir müssen gemeinsam mit der sportlichen Leitung überlegen, wie wir die Spieler noch stärker sensibilisieren können.“Man wolle generell „die Sensibilität für falsche Symbole und falsche politische Signale steigern“, sagte der DFB-Boss – der aber auch betonte: „Integration heißt nicht Assimilation. Jeder, der in der deutschen Nationalmannschaft spielt, kann selbstverständlich seine Religion leben, braucht nicht seine familiären Wurzeln verleugnen und kann auch offen damit umgehen, dass in seiner Brust zwei Herzen schlagen.“
Für Grindel steht ohnehin fest, dass das Thema „weit über die Frage der Integration“hinausgeht: „Man kann ja auch einmal die Frage stellen, wie gehen wir damit um, wenn sich ein potenzieller Nationalspieler mit einem führenden AfD-Politiker für den Wahlkampf fotografieren lässt?“Die Antwort ist für den früheren CDU-Bundestagsabgeordneten klar: „Wir müssen auch im Fußball noch mehr miteinander über Werte und ihre Bedeutung reden.“