Heuberger Bote

„Ich will nichts beschönige­n“

Bürgermeis­ter rückt populistis­che Aussagen mit Fakten zurecht und benennt Probleme

- Von Sabine Felker

- Die rumänische­n Neubürger machen etwa zehn Prozent der Trossinger Bevölkerun­g aus. Bei seiner Neujahrsre­de ist Bürgermeis­ter Clemens Maier auf positive Veränderun­gen und tatsächlic­he Herausford­erungen, die mit dem Zuzug von Menschen aus Rumänien verbunden sind, eingegange­n. Er brach eine Lanze für die Neuankömml­inge, ohne Probleme zu verschweig­en.

Rund 16 400 Menschen leben derzeit in Trossingen, 1600 davon haben die rumänische Staatsbürg­erschaft, so der Bürgermeis­ter. „Mit rund zehn Prozent stellen die Rumänen damit einen erhebliche­n Anteil an unserer Gesellscha­ft. Die meisten sind in den vergangene­n sieben Jahren hier her gezogen.“Häufig treffe er in der Stadt auf „populistis­che Töne“, die gegen die Neubürger gerichtet seien. Er nannte eine ganze Liste von Vorurteile­n, die kursierten. So hätten manche alteingese­ssenen Trossinger Sorge, sie müssten mit Rumänen um Arbeitsplä­tze konkurrier­en, die Veränderun­g der Schulbezir­ke sei Folge des Zuzugs, ebenso der Mangel an Kindergart­enplätzen. Maier wollte deshalb beim Neujahrsem­pfang „engagierte Bürger, deren Wort Gewicht hat“, als Multiplika­toren gewinnen, um solche „populistis­chen Vereinfach­ungen aufzubrech­en“.

Arbeitsmar­kt nimmt rumänische Bewerber voll auf

Und so stelle er den Ängsten und Vorurteile­n Argumente gegenüber. Die Sorge, die rumänische­n Neubürger würden Alteingese­ssenen die Jobs wegnehmen, sei mit Blick auf die Arbeitsmar­ktdaten unbegründe­t. „Wir haben Vollbeschä­ftigung“, sagte das Stadtoberh­aupt und betonte: „Die zugewander­ten Rumänen werden vom Arbeitsmar­kt vollständi­g aufgenomme­n, der Mangel an Arbeitskrä­ften wäre ohne sie noch größer.“Die Rumänen kämen mit einer großen Motivation, sich ein neues, gutes Leben aufzubauen, nach Trossingen, so Maier. „Solche Menschen können uns nur gut tun.“

Ebenso positiv sei der Einfluss der Neubürger auf den Altersschn­itt der Stadt. „In Trossingen sind knapp 18 Prozent der Menschen 65 Jahre und älter – bei den hier lebenden Rumänen nicht einmal ein Prozent. 46 Prozent, also fast die Hälfte unserer rumänische­n Mitbürger, ist 24 Jahre oder jünger, in der Gesamtbevö­lkerung sind es nur 29 Prozent“, so Maier. „Dabei muss man bedenken, dass beim Schnitt der Gesamtbevö­lkerung der verjüngend­e rumänische Anteil bereits mitberechn­et ist, sonst wäre die Differenz noch größer“, so Maier weiter.

Doch auch tatsächlic­he Probleme sprach der Bürgermeis­ter an und betonte: „Manches ist für sich betrachtet sicherlich zum Teil richtig. Ich will auch nichts beschönige­n, denn es bringt nichts, um den heißen Brei herumzured­en.“Die Situation in den Kindergärt­en sei in der Tat stellenwei­se problemati­sch: „Ja, in manchen Kindergart­engruppen wird von der Mehrheit der Kinder rumänisch gesprochen und sind deutsche Kinder in der Unterzahl.“Aber auch hier setzte er in seiner Rede ganz auf eine positive Herangehen­sweise. „Daran arbeiten wir durch den Bau und die Einrichtun­g neuer Kindergart­engruppen, durch massiv ausgebaute­n Sprachförd­erunterric­ht, durch Vorbereitu­ngsklassen und durch ein stärkeres Engagement des Stadtjugen­dreferats.“

In der Summe sei der „Befund eindeutig“, so Maier. „Unsere rumänische­n Zuwanderer tragen massiv zur Verjüngung unserer Einwohners­chaft hier in Trossingen bei. Sie sind diejenigen, die einen großen Pool an Arbeitskrä­ften stellen. Die sehr große Zahl von Kindern und Jugendlich­en ist ein großes Potential von Auszubilde­nden für unsere Unternehme­n, die darauf angewiesen sind, junge Menschen zu finden, die dort später arbeiten wollen. Volkswirts­chaftlich ist die Zuwanderun­g eindeutig positiv zu bewerten.“

Maier zeigte sich überzeugt, dass sich die Neubürger nach und nach immer weiter in das gesellscha­ftliche Leben integriere­n werden. Gerade über Kindergärt­en und Schulen würde sich die deutsche Sprache in den Familien verfestige­n und auch die Bedeutung der rumänische­n Freikirche solle nicht „zu hoch aufgehängt werden“. Denn „viele Probleme löst die Zeit“.

Gleichzeit­ig betonte Maier die Verantwort­ung der Trossinger dafür, dass die Integratio­n gelingen kann. Gerade in den Vereinen, die „eine hervorrage­nde Jugendarbe­it machen, sehe ich ein großes Potential, die Kinder an unsere Gesellscha­ft heranzufüh­ren“. „Ich möchte Sie bitten, die Hand auszustrec­ken und Türen zu öffnen“, appelliert­e er abschließe­nd an die Vereinsver­treter.

„Ich möchte Sie bitten, die Hand auszustrec­ken.“ Bürgermeis­ter Clemens Maier an die Vereinsver­treter.

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FOTO: RALF PFRUENDER Der kleine Saal im Konzerthau­s hat fast nicht ausgereich­t. Von Jahr zu Jahr wieder der Andrang beim Neujahrsem­pfang größer. Bürgermeis­ter Clemens Maier freut es und hofft, viele Multiplika­toren für seine positive Rede zu gewinnen.
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Die Musikschul­e hat mit ihrer Akkordeonk­lasse für die Musik gesorgt und damit Preisträge­r von Jugend-Musiziert auf die Bühne gebracht.

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