Werth überragt, Kreuzer überrascht
Beim CHIO in Aachen gewinnt die Dressurreiterin den Großen Preis, der Springreiter wird unverhofft Fünfter
- Isabell Werth hat beim CHIO in Aachen mit einer makellosen Kür zum elften Mal den „Großen Preis von Aachen“gewonnen. Die Entscheidung im abschließenden Grand Prix der Springreiter fiel dagegen ohne deutsche Beteiligung. Einen Tag nach ihrer überraschenden Niederlage gegen Laura Graves (USA) im Grand Prix Special rückten Werth und ihr scheinbar schwerelos schwebendes Olympiapferd Weihegold die Kräfteverhältnisse zurecht und distanzierten Graves mit Verdades um sieben Prozentpunkte – Welten in der Dressur.
Bester Deutscher im Großen Preis der Springreiter, den der Belgier Gregory Wathelet auf Coree im Stechen gewann, war Andreas Kreuzer aus Herford mit Calvilot. Der 26-Jährige blieb mit dem Fuchswallach in beiden Umläufen fehlerfrei, handelte sich aber zwei Strafpunkte wegen Zeitüberschreitung ein und belegte Platz fünf. „Nach der ersten Runde war ich schon enttäuscht“, sagte Kreuzer: „Der Zeitfehler war unnötig. In der zweiten Runde habe ich den Strafpunkt in Kauf genommen.“Und: „Mit Platz fünf bin ich jetzt aber glücklich.“Vorjahressieger Philipp Weishaupt war bereits im ersten Umlauf ausgeschieden.
Die Dressur dagegen war fest in deutscher Hand, hinter der überragenden Isabell Werth sorgte Sönke Rothenberger mit Cosmo für einen Doppelsieg. Nur Platz elf belegte aus der goldenen Olympia-Equipe von Rio de Janeiro Dorothee Schneider, deren junger Sammy Davis jr. den Anstrengungen der vergangenen Tage in seinem ersten Grand-Prix-Jahr deutlich Tribut zollen musste.
Gefühlte 90 Prozent
„Das war wichtig, um zu zeigen, wo wir wirklich stehen“, sagte Werth: „Gefühlte 90 Prozent, damit kann man sehr gut leben.“89,675 Punkte gab es für Werth und Weihegold, 85,750 für Rothenberger, 82,550 für Graves.
Dass sie als absolute Topfavoritin zur EM Ende August nach Göteborg fährt, nimmt Werth selbstbewusst und doch sehr sachlich an. „Natürlich wehre ich mich nicht dagegen, das wäre ja unglaubwürdig“, sagte sie, wies allerdings darauf hin, dass „man ganz schnell mal auf Platz zwei landen kann. Vielleicht vertritt sich das Pferd plötzlich beim Ausladen, dann muss man alles ganz neu planen.“
In der Teamwertung hatte die Equipe mit Werth, Rothenberger, Schneider und dem vollkommen indisponierten Hubertus Schmidt mit Imperio zum 37. Mal seit 1977 keine Konkurrenz. Bei der EM reiten Werth, Rothenberger, Schneider und Helen Langehanenberg für Deutschland. Das gaben der Dressurausschuss des nationalen Verbandes FN und Bundestrainerin Monica Theodorescu am Samstagabend bekannt.
Ähnlich souverän wie die DressurEquipe hatten sich die von Bundestrainer Hans Melzer betreuten Vielseitigkeitsreiter am Samstag den im Vorjahr an Australien verlorenen Nationenpreis zurückgeholt – und in Ingrid Klimke auch die Siegerin in der Einzelwertung gestellt. Klimke mit Hale Bob, der dreimalige Olympiasieger Michael Jung mit seinem unverwüstlichen Sam, Weltmeisterin Sandra Auffarth mit Opgun Louvo und Josefa Sommer mit Hamilton legten einen geradezu deklassierenden Abstand zwischen sich und die zweitplatzierten Australier.
Dennoch wollte sich Melzer im Hinblick auf die EM Mitte August im polnischen Strzegom nicht in die Karten schauen lassen. „Ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich hier gesehen habe“, sagte Melzer: „Die Reiter, die ich im Fokus hatte, waren sehr gut. Jeder hat seinen Job erledigt.“Obwohl Melzer sein Team noch nicht benannt hat, dürften die EM-Fahrer feststehen. Neben Klimke mit Hale Bob und Jung mit Rocana gehören voraussichtlich Bettina Hoy mit Seigneur Medicott und Julia Krajewski mit Samourai du Thot zur Mannschaft. Beide verzichteten in Absprache mit Melzer auf den Start in Aachen.