Pechstein-Freund wird Storls Mentalcoach
Der umstrittene Matthias Große soll dem Ex-Kugelstoß-Weltmeister helfen
(dpa) - Er ist ein Riese, doch Muskelmassen allein machen keine Medaillen. Deshalb hat David Storl nach schmerzhaften Rückschlägen und Platz sieben bei Olympia jetzt gehandelt. Deutschlands bester Kugelstoßer will in seinem Kopf aufräumen – und geht dafür neue Wege: Der Sachse arbeitet erstmals mit einem Mentaltrainer zusammen. Matthias Große, Lebensgefährte von EisschnelllaufOlympiasiegerin Claudia Pechstein, soll den 26-jährigen Storl „packen“, ihm Mut machen und ihn wieder in die Erfolgsspur bringen.
Erstes Ziel: Bis zur LeichtathletikWM im August in London soll der Weltklasse-Kugelstoßer Vertrauen in die eigene Stärke zurückgewinnen. „Ich erwarte, dass wir eine klare Linie fahren in dieser Saison. Dass man nicht immer den Leistungen der anderen hinterherrennt, mental so stark wird, dass man mit Negativerlebnissen besser klarkommt“, sagte Storl. Seine Erfolgsgeschichte begann 2007, als er U18-Weltmeister wurde – fast bei jeder internationalen Meisterschaft holte er fortan eine Medaille.
Gemeinsam wollen Storl und Große die „Rückschläge der letzten Jahre“verarbeiten. Schon seit sechs Jahren kennen sich die beiden, 2011 sind sie sich während der Event-Woche „Champion des Jahres“erstmals begegnet. Besiegelt wurde die Partnerschaft dann in diesem Jahr. Der Athlet aus Leipzig und der Unternehmer aus Berlin-Köpenick haben seither oft telefoniert und sich schon auf „halber Strecke“, in Herzberg, getroffen. Die Chemie stimmt. Ob es am Ende auch der richtige Mix ist, muss sich zeigen.
Storl, derzeit mit 21,31 Metern nicht unter den Top 5 der Welt, hat schnell einen Draht zu Große gefunden, „da gab es sofort eine Ebene“, erzählt der 26-Jährige, der beim SC DHfK Leipzig bei Sven Lang trainiert. „Und da habe ich mir gesagt: Diese Chance solltest du nutzen.“An Große schätzt Storl die Lebenserfahrung und den „Blick für das Wesentliche“. Der Mann an der Seite von Pechstein habe eine Art, „mit der er mich packen und in die richtige Richtung drängen kann – das ist genau das, was ich brauche“.
Claudia Pechstein selbst hatte ihren Lebenspartner als „Kopf-Coach“empfohlen. „Ohne Matthias hätte ich meine Schlittschuhe schon längst in die Ecke geworfen. Wenn du wirklich jemanden suchst, der bei dir im Kopf aufräumt, gibt es keinen besseren als ihn“, sagte die 45-Jährige ihrem Bundespolizei-Kollegen Storl, der 2011 und 2013 WM-Gold holte und 2012 in London Olympia-Silber gewann.
Stargast in Biberach
Große will künftig auch bei Storls Wettkämpfen dabei sein, erstmals am Wochenende in Erfurt bei den deutschen Meisterschaften. Heute beim Diamond League Meeting in Lausanne wird er noch fehlen, ebenso beim Meeting auf dem Biberacher Marktplatz nächsten Montag, wo Storl wieder der Stargast ist, „Mit uns treffen zwei Charaktere aufeinander, bei denen es einfach passt“, sagt der 49-Jährige Große. „David ist ein Kerl wie ein Baum, der zurück an die Weltspitze möchte. Das geht nur Schritt für Schritt und mit einer klaren Struktur.“Und er weiß: „David darf sich nicht hetzen lassen.“
Große war in der Vergangenheit umstritten, weil er zuweilen rigoros mit Kritikern von Pechstein umging. Vor den Winterspielen 2014 in Sotschi verteidigte der Deutsche Olympische Sportbund seine Nominierung als Betreuer. „Es wurde geschrieben, ich hätte Leute bedroht. Das ist falsch. Wie soll ich Leute bedrohen, mit denen ich nie gesprochen habe. Ich bin der liebste Mensch der Welt“, sagte Große damals.
Storls neuer Mentor hatte zu DDRZeiten an der Militärakademie Minsk studiert, der Mauerfall verhinderte die Generalslaufbahn. Nach der Wende stieg er in die Immobilienbranche ein. Mit dem Kauf des Berliner Müggelturms, den er als Event-Gaststätte aus dem Dornröschenschlaf wecken möchte, sorgte er für Schlagzeilen.