„Mir losse d’r Dom en Kölle!“
Kolpingsfasnet verbreitet jede Menge gute Laute
- Überraschende Einfälle, schräger Klamauk und gutmütige Spitzen – so lässt sich die Kolpingsfasnet 2017 zusammen fassen. Den Vogel schossen diesmal Andi Hauser und Benedikt Schmid ab, die sich als (geschrumpftes) Dreigestirn aus dem Kölner Karneval in die Primmetropole verirrt hatten und prüften, ob die Spaichinger mit ihrer Mischung aus rheinischem Karneval und schwäbisch-alemannischer Fasnet alle Karneval-Tests bestünden. Das Video zeigte die Aktion.
Sie sind dazu rotzfrech in LutzVanderhorst-Manier an einem Samstag als Jungfrau und Prinz verkleidet auf dem Wochenmarkt unterwegs, begleitet von einer Videokamera und Mikrofon. Mit Kölner Dialekt. Die völlig überrumpelten Marktbesucher und -beschicker müssen sich zum Thema Karneval äußern, und beweisen, das sie „a nette (wahlweise lecker) Jung“sind. Jungfrau Andi Hauser zettelt eine Polonaise an, die beiden testen, ob es morgens um halb acht auch „Kölsch“im Bierzwickel gibt (gibt es nicht), verteilen wahllos „Bützchen“und kommen schließlich zum Schluss: „Mir losse d’r Dom en Kölle“.
Jungfrau Andy Hauser schwor allerdings alle im Saal und auf dem Markt auf Stillschweigen ein. Dass sie die Jungfrau sei, das dürfe man „ne Derrorist net saaje, da will der nimmer ins Baradies!“
Das ganze Programm lebte vom ständigen Einbeziehen des Publikums, sowohl der Ehrengäste in- als auch außerhalb der Kolpingsfamilie. Margot Steinhauser, Irmgard Reuter, Helga Koringer und Theresia Unterberger machten gegenüber den „Rheinischen Elferräten“im „Kölsch-Kampftrinken“der schwäbisch-alemannischen Fasnet alle Ehre. Armin Braun konkurrierte ein bisschen weniger erfolgreich mit den Tänzen der Funkenmariechen aus der Juniorengarde. Und trotz guten Willens siegte auch Xaver Bernhard nicht im Bütztchen-Wettbewerb.
Schon beim „Einzug“hatte das Duo Hauser/Schmid die skurrilsten Ideen gehabt: Spaichingen zur Kasinostadt machen, mit einem BoxTempel (Harald Schimanski und Stefan Keck stiegen in den Ring), Roulette und einer Wellnessterrasse auf dem Pfarrhaus-Anbau für Pfarrer Aubele. Der braucht aber offenbar g’rad keinen Urlaub: Gekonnt gereimt lud er die närrische Schar am Sonntag um 10.30 Uhr zur Narrenmesse ein.
Stolz und glücklich, so sagte der Hauptorganisator und Vorsitzende der Kolpingsfamilie, Michael Wientges, sei man in diesem Jahr aber, dass nicht nur beim Männertanz später, sondern auch im Mittelprogramm der Nachwuchs zur Säule wurde: Tim Bockmüller hielt cool seine erste Büttenrede. Die war interessant gestrickt, ließ er sein Publikum sozusagen am inneren Schaffensprozess einer Büttenrede teilhaben, was wiederum die Büttenrede selber war. Der Brand am Berg und sein Verursacher hatte nachhaltiges Grübeln hinterlassen: „Wer zündelt jedes Jahr am Berg?“Allein die Andeutung reichte dem diesjährigen Prinzenpaar – Stichwort Funkenhexen. Tosender Applaus für Tim Bockmüller.
Durchs Programm führte Peter Mey, für die Musik sorgten die Zwei Hofemer.
Der Deichelchor hatte diesmal – bis auf den im Stakkato brüllenden Ansager (Stefan Koringer) - „Fresse halten – Zähne b’halten!“– nur die „Stadtpolente“auf dem Kicker. Zu Glasperlenspiel, Musik der Höhner und der Schwäbschen Eisenbahn beschrieben sie gereimt und musikalisch den Niedergang des Städtle durch zu viel Reglement. „Das schaffen wir ab, das braucht niemand, hier im Spaichinger Land“(zur Musik von „Viva Colonia“) verkünden die fünf uniformierten Mannen (Michael Wientges, Markus Zimmerer, Frank Steidle, Steffen Wissmann und Stefan Koringer). Abgeschafft wurde erstmal gar nichts, im Gegenteil: Der Saal erklatschte eine Zugabe.
Und sie sind halt nicht zu überbieten, die Kolpingsbrüder. Wie die beiden alten Herren bei der Muppetsshow präsentierten sich Markus Zimmerer, Peter Bockmüller und Michael Wientges als Umzugssprecher, urkomisch und auf den Punkt genau die Skurriliäten und Eigenheiten dieses Traditionsereignisses am Fasnetssonntag.
Der Umzug kann kommen.