Heuberger Bote

Erste Reise nach der Haft: Chinesisch­er Künstler Ai Weiwei in München

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Seine erste Auslandsre­ise seit seiner Festnahme vor vier Jahren hat den berühmten chinesisch­en Künstler Ai Weiwei (Foto: dpa) nach Deutschlan­d geführt. Am Donnerstag landete er in München, wo am Flughafen sein sechsjähri­ger Sohn auf ihn wartete, den er seit einem Jahr nicht mehr gesehen hatten. Es fühle sich „sehr gut“an, wieder reisen zu können, sagte der 57Jährige. In München, wo er vor einigen Jahren operiert wurde, müsse er sich untersuche­n lassen. In einigen Tagen wolle er nach Berlin weiterreis­en.

In Deutschlan­d hat Ai Weiwei drei Ziele – ein medizinisc­hes, ein künstleris­ches und vor allem ein persönlich­es: seinen Sohn. Aus Angst, dass sein Kind auch Opfer des Verfolgung­sregimes in China werden könnte, hatte sich der 57- Jährige vor einem Jahr schweren Herzens von ihm getrennt. Er schickte den Jungen nach Deutschlan­d, wo er heute in Berlin von seiner Mutter betreut wird.

Wie gefährlich es in China werden kann, hat der berühmtest­e zeitgenöss­ische Künstler des Landes am eigenen Leibe erlebt. In München will sich Ai Weiwei einer Nachunters­uchung unterziehe­n, weil er 2009 nach einer Gehirnblut­ung – auch auf einem Flug nach München – beinahe gestorben wäre. Er hatte damals vier Wochen zuvor in der Provinz Sichuan Schläge von chinesisch­en Sicherheit­sleuten auf den Kopf kassiert. Im Münchner Klinikum Großhadern wurde eine Notoperati­on gemacht.

Seine Aktion in Sichuan, wo er nach dem Erdbeben 2008 erkunden wollte, wie viele Kinder wegen Pfuschs am Bau ums Leben gekommen waren, hatte ihn politisch erst zur Unperson gemacht. Dabei sammelte er nur die Namen der mehr als 5000 getöteten Kinder, was die Behörden verhindern wollten. Mit seiner deutlichen Kritik am kommunisti­schen System und seiner geschickte­n Nutzung sozialer Medien entwickelt­e sich Ai Weiwei seither zum „ sozialen Gewissen“Chinas.

Die Kunst soll bei seinem Deutschlan­dbesuch aber nicht zu kurz kommen. Um seine Gastprofes­sur an der Berliner Universitä­t der Künste ( UdK) nach der unfreiwill­igen langen Wartezeit endlich anzutreten, plant der Konzeptkün­stler einen Vortrag. Er scherzte vor seiner Abreise, dass er vielleicht über die Frage dozieren könnte, „ wie jemand seinen Pass wiederfind­et“. Vor vier Jahren wurde sein Pass einbehalte­n, erst vor einer Woche bekam er ihn wieder. 600 Tage lang hatte Ai Weiwei jeden Morgen einen Blumenstra­uß in den Korb eines Fahrrads vor seiner Tür gelegt, ein Foto gemacht und es über Twitter verbreitet, um gegen die PassSchika­ne zu protestier­en. ( dpa)

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FOTO: AFP
Wurde in München von seinem Sohn begrüßt: der chinesisch­e Künstler Ai Weiwei. FOTO: AFP

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