Stolz auf eine starke Saison
Auf einen glanzvollen Beginn folgt für das deutsche Team ein verkrampftes Ende. Trotzdem kann vor allem Andreas Wellinger sehr zufrieden sein. Die Österreicher dominieren.
Zum Abschluss einer ziemlich turbulenten Saison hatten Deutschlands Skispringer nichts mehr zu feiern – außer einem verletzungsfreien Saisonende. Und das war angesichts der schwer gestürzten Kollegen aus Italien, Finnland und Slowenien einiges wert. Bei den Frauen, die auf die kleine Schanze von Planica und damit ins Rahmenprogramm des Skifliegens verbannt worden waren, hatte es die Deutsche Luisa Göhrlich (Kreuzbandriss) erwischt.
Ähnlich wie die Gemütslage am letzten Wochenende fiel auch die Bilanz für die gesamten Saison aus: gemischt, mit positiver Tendenz. „Wir waren am Anfang sehr, sehr gut unterwegs. Es ist ein bisschen Verkrampfung reingekommen. Man kann mit der Saison gut leben, auch wenn sie zum Schluss nicht mehr so hervorragend war“, bilanzierte Bundestrainer Stefan Horngacher.
Grandioser Abschied
Auch die Slowenen durften nicht immer feiern in dieser Saison. Doch am Ende lieferten sie in der frühlingshaften Sonne von Planica einen perfekten und emotionalen Abschied für Peter Prevc, den Mann, der das Skifliegen in Slowenien zu einer Massenbewegung gemacht hat. Die Österreicher nahmen auch hier die Tagessiege und größten Glaskugeln mit: Daniel Huber lieferten sensationelle Flüge ab und Stefan Kraft zeigte nochmal, dass er zurecht den Gesamtweltcup gewonnen hat.
Nur das deutsche Team musste sich an die erfolgreichen Momente bei der Vierschanzentournee und der Flug-wm zurückerinnern, um mit einem Grinsen aus der Saison zu gehen. „Es ist ein Kampf, für viele von uns“, sagte Wellinger zum Formtief. Platz 14 im Einzel und Rang sechs im Team am Samstag standen sinnbildlich für das triste Saisonende.
Bei aller Enttäuschung darf aber vor allem Andreas Wellinger
auf eine grandiose Saison zurückblicken. Es war seine zweitbeste nach 2018, als sein Stern aufging und er Olympiasieger wurde. Die bemerkenswerte Bilanz: Gesamtdritter im Weltcup, zwei Wm-medaillen beim Fliegen und Zweiter bei der Tournee. „Ich bin sehr, sehr froh und stolz, dass ich die Saison so gut hingekriegt habe. Es hat sehr, sehr viel sehr gut funktioniert“, bilanzierte der 28-jährige Bayer. Nur Kraft und Japans Tournee-sieger Ryoyu Kobayashi verdarben ihm ein wenig die Tour.
Wellinger hatte es als einziger Springer in jedem Wettkampf der Saison in den zweiten Durchgang und somit unter die besten 30 geschafft. „Die Konstanz war sehr hoch. Ich habe sehr viele schöne Momente genießen dürfen“, sagte der 28-Jährige. Das galt vor allem für die Tournee, als er in Oberstdorf einen seiner zwei Saisonsiege holte. „25 000 Zuschauer, die die Hymne mitsingen – das war sehr bewegend. Für solche Momente zahlt sich das Training aus“, sagte Wellinger. Er werde sich nun „neue Ziele setzen, damit es noch ein Stück weiter nach vorne geht.“
Zunächst aber wird abgeschaltet. „Es wird im April ins Warme gehen, die Sonne genießen, zwei Wochen nach Sri Lanka. Einfach ein Tapetenwechsel nach der zehrenden Saison, die Seele baumeln lassen. Ende April, Anfang Mai geht es dann wieder richtig los.“
Die offene Trainerfrage scheint sich beim Deutschen Skiverband (DSV) zeitnah zu klären. Chefcoach Stefan Horngacher, dessen Vertrag endet, deutete einen Verbleib an: „Wir wissen genau, dass wir sehr, sehr viel zu tun haben. Wir sind hochmotiviert. Es wird das Team so beieinander bleiben. Wir haben gute Ideen und wollen gemeinsam mit voller Motivation weiterarbeiten“, sagte der 54-jährige Schwarzwälder.
Horngacher und Dsv-sportdirektor Horst Hüttel hatten zuletzt immer wieder betont, dass es gute Gespräche über eine Fortsetzung der Zusammenarbeit gebe. 2025 steht die Nordische SKI-WM in Trondheim an, 2026 Olympia in Mailand und Cortina d‘ampezzo. „Wir haben uns richtig gut zusammengerauft. Es gehört das ganze Trainerteam dazu. Ich schätze mal, wir werden in der Konstellation weitermachen“, sagte Wellinger.
Das letzte Wochenende wurde nochmal von schweren Stürzen überschattet. Nach schweren Stürzen des Finnen Eetu Nousiainen (Kreuzbandriss) und Giovanni Bresadola (Verletzung am Kreuzband und Meniskus) brachte der Weltverband Fis das Finale der besten 30 Athleten am Sonntag reibungslos über die Bühne. Das Teamfliegen, bei dem auch der slowenische Weltklassespringer Timi Zajc nach dem Aufsprung gestürzt war, war wegen des stark auffrischenden Windes nach einem Durchgang abgebrochen worden. „Die Athleten sind extrem müde, man muss nicht sinnlos riskieren“, kommentierte Österreichs Trainer Andreas Widhölzl.