Viele Kassen erhöhen Beiträge
Vor allem die Allgemeinen Ortskrankenkassen verlangen mehr Geld. Betroffene können Anbieter wechseln.
Berlin. Für mehr als jeden vierten gesetzlich Krankenversicherten hat das neue Jahr mit einer unerfreulichen Nachricht begonnen: Ihre Krankenkasse hat den Beitragssatz erhöht. Nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“trifft dies auf 19 der 97 gesetzlichen Krankenversicherer zu. Darunter sind neun der elf Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), weshalb viele Versicherte betroffen sind. Gleichzeitig haben nur neun kleinere Betriebskrankenkassen (BKK) ihre Beiträge gesenkt.
Bundesweit gilt ein allgemeiner Beitragssatz von 14,6 Prozent vom Gehalt. Dazu können die einzelnen Kassen je nach finanziellen Bedürfnissen einen Zusatzbeitrag erheben. Den niedrigsten hat seit Anfang 2022 die BMW BKK mit 0,3 Prozent, den höchsten die BKK24 mit 2,5 Prozent. Den Beitrag teilen sich je zur Hälfte der Versicherte und der Arbeitgeber beziehungsweise die gesetzliche Rentenversicherung.
Die mitgliederstarken Ersatzkassen haben ihren Gesamtbeitrag
unverändert gelassen: die Techniker Krankenkasse bei 15.8 Prozent, Barmer und DAK bei 16,1 Prozent. Dagegen haben die AOK Baden-württemberg und die AOK Bayern jeweils um 0,2 Prozentpunkte auf 15,9 Prozent erhöht, die AOK Nordost (Berlin und Brandenburg) um 0,2 Prozentpunkte auf 16,3 Prozent. Die Chefin des Aok-bundesverbands, Carola Reimann, begründete dies gegenüber der „Welt am Sonntag“mit einem neuen Verteilungsschlüssel für die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds, der massiv zu ihren Lasten gegangen sei.
Bundeszuschuss erhöht
Eigentlich drohte 2022 eine deutlich stärkere Erhöhung: Der Schätzerkreis der Gesetzlichen Krankenversicherung rechnet mit Ausgaben von 284,2 Milliarden Euro bei Einnahmen von 256,7 Milliarden Euro. Die erhebliche Lücke konnte nur durch eine Erhöhung des Bundeszuschusses großenteils geschlossen werden. Trotzdem gingen die Schätzer davon aus, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag unverändert bei 1,3 Prozent liegt.
Erhöht eine Kasse ihren Zusatzbeitrag, haben die Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht: Sie können mit einer Frist von zwei Monaten zu einer anderen wechseln, auch wenn sie erst seit weniger als zwölf Monaten Mitglied waren. Jetzt reicht also eine Kündigung bis Ende Januar aus, um ab April bei einer günstigeren Kasse versichert zu sein. Seit einem Jahr muss nur noch der neuen Kasse mitgeteilt werden, dass man bei ihr versichert sein will. Diese übernimmt die Kündigung beim alten Anbieter. Allerdings raten Verbraucherschützer, vor einem Wechsel die Leistungen zu vergleichen.
In den nächsten Jahren befürchten die Kassen weitere kräftige Kostensteigerungen. Sie dringen daher auf Entlastungen. So sollten die Beiträge für Hartz-iv-empfänger vollständig aus Steuermitteln finanziert werden.