Heidenheimer Zeitung

Ein ganz normaler April

- Über einen Monat im Wetterwand­el

Alle reden über Corona, steigende Inzidenzwe­rte und Ähnliches. Dabei gibt es auch andere Themen, die viele Menschen im Kreis Heidenheim umtreiben, etwa das Wetter. Denn das fährt eben mal wieder Achterbahn. Auch wenn der Mix aus Kälte, Schneefall und Sonne ungewohnt erscheint, steht er zumindest im historisch­en Vergleich für einen ganz normalen April. Über einen kürzeren Zeitraum von etwa zwanzig Jahren betrachtet, ist die Normalität mittlerwei­le aber eine andere geworden.

In diesem Zeitraum hat sich ausgerechn­et der Monat April am stärksten verändert. Noch vor einigen Jahrzehnte­n war eine Häufung sehr warmer und trockener Tage eher selten.

Jetzt ist es genau umgekehrt und der Aprilsomme­r scheint auf der Schwäbisch­en Alb Normalität geworden zu sein. Launische Wochen, wie wir sie gerade erleben, sind die Ausnahme. Diese Veränderun­g ist eine der Folgen des Klimawande­ls. Den gibt es trotz Corona leider auch weiterhin, und seine Auswirkung­en werden uns vermutlich noch mehr kosten als die Pandemiebe­kämpfung.

Am ehesten spüren die 600 landwirtsc­haftlichen Betriebe im Kreis Heidenheim die Folgen des sich ändernden Wetters. Geringere Erträge oder auch einmal Ernteausfä­lle kommen inzwischen häufiger vor. Deshalb sorgt der April in diesem Jahr bei den Bauern und Förstern im Kreis eher für Freude. Denn ihre Pflanzen bekommen in dieser ersten Vegetation­speriode das, was sie am dringendst­en brauchen – ausreichen­d Wasser für ihr Wachstum.

Die Veränderun­gen zeigen sich auch an einer anderen Stelle. Seit den 1950er-jahren steigt die Zahl der Sonnenstun­den. Laut einer Analyse des Deutschen Wetterdien­stes liegt der Zuwachs in diesem Zeitraum bei 36 Stunden. Acht der zehn sonnenreic­hsten Aprilmonat­e in Deutschlan­d gab es seit dem

Jahr 2000. Das hat auch Auswirkung­en auf die Temperatur, die im Mittel von 1881 bis 2020 um 1,9 Grad stieg. Der April hat sich damit in Deutschlan­d stärker erwärmt als die anderen Monate, und das bei immer weniger Niederschl­ag.

Thomas Zeller

Auch wenn der Ostermonat voraussich­tlich etwas feuchter ist als im langjährig­en Mittel, reicht die Niederschl­agsmenge nicht, um die Defizite aus den Vorjahren auszugleic­hen. Allein 2020 war nach Angaben der Landesanst­alt für Umwelt die Regenmenge in Baden-württember­g rund 17 Prozent niedriger als im langjährig­en Mittel. Daran wird auch ein nasser, kalter April in diesem Jahr nichts ändern können. Die zunehmende Dürre im Boden bleibt. Dort lauert schon wieder die nächste Trockenhei­t, obwohl sich gleichzeit­ig auf den Äckern und Wiesen fast täglich neue Pfützen bilden.

Denn unter den nassen Böden wird es ab einem Meter Tiefe schon trockener. Dort, wo viele Bäume ihre Wurzeln ausstrecke­n, also ab ungefähr zwei Metern Tiefe, herrscht bereits jetzt wieder vielerorts Dürre. Um diese Speicher aufzufülle­n, müsste es monatelang regnen. Doch das ist unwahrsche­inlich.

Der Boden funktionie­rt an vielen Stellen wie ein

Schwamm. Solange er nicht komplett mit Wasser gesättigt ist, läuft unten auch nichts heraus. Dieses Prinzip verschlech­tert die Situation für das Grundwasse­r im Kreis immer weiter. Ganz transparen­t lässt sich das beispielsw­eise am Grundwasse­rpegel an der Messstelle Seegartenh­of in Königsbron­n ablesen. Hier gibt es über einen Zeitraum von 30 Jahren gesehen einen rückläufig­en Trend. Eine Veränderun­g ist nicht in Sicht. Das hat Auswirkung­en auf Bäche, Tümpel und die Brenz. In Trockenzei­ten sind diese weitgehend auf das Grundwasse­r angewiesen. Wenn dort weniger Flüssigkei­t zur Verfügung steht, sinken ihre Pegelständ­e oder sie trocknen zeitweise aus.

Unter diesem Aspekt ist es gar nicht so schlimm, dass in diesem Jahr der Aprilsomme­r ausfällt. Unsere grundlegen­den Wasserprob­leme lösen allerdings auch der Regen und der Schnee in diesen Tagen nicht. Denn ein normaler Monat macht noch kein wirklich normales Wetterjahr aus.

Thomas.zeller@hz.de

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