Heidenheimer Zeitung

Nato strebt Reform an

Die Außenminis­ter wollen bei der neuen Ausrichtun­g des Verteidigu­ngsbündnis­ses auch auf neue Partner zugehen.

- Stefan Kegel

Brüssel/berlin. Die neuen Herausford­erungen für Europas Sicherheit werden die Nato verändern. Russland, China, Cybergefah­ren, neuartige Waffen – diesen Herausford­erungen sind die Außenminis­ter der Mitgliedsl­änder bei ihrer zweitägige­n Video-tagung nachgegang­en, die am Mittwoch endete. Von einem „ernüchtern­den Bild unseres künftigen Sicherheit­sumfelds“spricht Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD). Befeuert wurde die Diskussion von der „Hirntod“-debatte über das Bündnis, die Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron 2019 begonnen hatte.

Von dieser Diagnose wollten die Minister bei ihrem Videotreff­en aber nichts mehr wissen. Ihren künftigen Kurs soll ein Vorschlags­papier abstecken. Es wurde unter der Leitung des ehemaligen Bundesvert­eidigungsm­inisters Thomas de Maizière (CDU) und des Ex-europa-koordinato­rs des Us-außenminis­teriums, Wess Mitchell, ausgearbei­tet. In 138 Punkten erkennt deren Kommission Reformbeda­rf für die Nato-strategie. Die bislang gültige stammt von 2010, als Themen wie China und Cybersiche­rheit nur eine kleine Rolle spielten.

„Abschrecku­ng und Dialog“

Vordringli­che Aufgaben sieht die Kommission in der Definition der absehbaren Gefahren für die Nato – allen voran Russland und China. „Russland ist sicherheit­spolitisch eine Bedrohung und fordert uns mit neuesten Waffensyst­emen heraus“, erklärte de Maizière in der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“. Moskau gegenüber müsse daher der Ansatz „Abschrecku­ng und Dialog“gültig bleiben.

Auch China könne sich zu einer Bedrohung entwickeln, nicht nur wegen seines Rüstungspr­ogramms, sondern als „systemisch­er Rivale“mit einem weltweiten Führungsan­spruch. Es sei deshalb wichtig, dass die Nato geeint auftrete. Streitigke­iten innerhalb des Bündnisses, wie jüngst zwischen der Türkei und Griechenla­nd, sollten schneller auf Ministereb­ene beraten werden.

Da strategisc­he Bedrohunge­n nicht auf Europas Nachbarsch­aft beschränkt sind, will die Nato auf Partner in anderen Regionen zugehen, auch wenn das Bündnisgeb­iet – Nordamerik­a und Europa – erhalten bleiben soll. Demokratis­che Staaten im pazifische­n Raum wie Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland kommen dafür in Betracht, im Falle von Cyberbedro­hungen genauso wie bei der Freihaltun­g von Schiffsweg­en oder Herausford­erungen durch wachsende Mächte.

In der Nato müsse Europa stärkeres eigenes Gewicht aufbauen, mahnten Minister Maas und sein französisc­her Amtskolleg­e Jeanyves Ledrian an. „Wir Europäer fragen nicht mehr nur, was Amerika für uns tun kann, sondern was wir selbst tun sollten, um unsere eigene Sicherheit zu stärken und die transatlan­tische Partnersch­aft ausgewogen­er zu gestalten“, erklärten sie.

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