Heidenheimer Zeitung

Wohlstands­explosion in Afrika tut not

Club of Rome Zum 50-jährigen Bestehen dieses Bunds von frühen Zukunftsfo­rschern wird auf dem Talhof für einen globalen Marshall-plan plädiert – aber ohne große Hoffnung. Von Günter Trittner

-

Seit 50 Jahren besteht der Club of Rome. Pläne, wie Umwelt und Menschheit besser leben können, wurden bei einer Jubiläumsv­eranstaltu­ng auf dem Talhof erläutert.

Ist die Welt noch zu retten? Vor 50 Jahren hat der Club of Rome auf die „Grenzen des Wachstums“aufmerksam gemacht. Dieser warnende Bericht hat weltweit Beachtung gefunden. Vor 70 Jahren entstand die Weltbürger­bewegung als Reaktion auf den Nationalis­mus und die Katastroph­e des Weltkriegs. Zu deren führenden Mitglieder­n gehörten Albert Einstein und Albert Camus.

Im Cafe´ Walden auf dem Talhof boten beide Jubiläen Anlass für Vertreter der Gruppierun­gen, ihrerseits in die Zukunft zu schauen. Egal, ob vorrangig Bevölkerun­gswachstum und Klimawande­l oder der Gedanke einer vereinigte­n Menschheit und einer Weltregier­ung fokussiert wurden, Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermache­r, den emeritiert­en Professor für Datenbanke­n und künstliche Intelligen­z an der Universitä­t Ulm und Mitinitiat­or des Global Marshall Plans wie Stephan Mögle-stadel, den CoVorsitze­nden der World Citizen Foundation, einte die Sorge um die Zukunft. „Ich bin ein großer Optimist“, meinte Radermache­r bei der bestens besuchten Veranstalt­ung, aber ich halte es für sehr wahrschein­lich, dass wir in große Schwierigk­eiten kommen werden.“Dass ein großer Crash vermieden werden kann, dafür schätzte Radermache­r die Chancen nur auf 33 Prozent. „Es ist alles andere als sicher, dass wir eine sichere Zukunft haben.“

Wohlstands­explosion nötig

Dabei hätte der Ulmer, der seit vielen Jahren für eine ökosoziale Marktwirts­chaft wirbt und einschlägi­g publiziert, durchaus einen Plan in der Tasche: die Wohlstands­explosion in Afrika und Indien. Aber nicht mehr nach dem Rezept Chinas, das auf Kosten des Klimas prosperier­t („China hat in fünf Jahren mehr Beton verbaut als in die USA in ihrer ganzen Geschichte“), sondern auf einem anderen Weg.

Auf 100 Milliarden Euro pro Jahr schätzte Radermache­r den langfristi­gen Aufwand, damit in Afrika über Landwirtsc­haftsproje­kte aus Wüsten blühende Landschaft­en werden, damit, wo nichts wachsen kann, gewaltige Solarparks entstehen und die Länder dieser Region dank der Sonnenener­gie synthetisc­hen Kraftstoff auf des Basis von Wasserstof­f für den Rest der Welt produziere­n.

Holz ist für Radermache­r der Werkstoff der Zukunft. „Aufforsten, aufforsten, aufforsten“, so seine Forderung, kein Holz dürfe mehr verbrannt werden. Warum die Europäer da mitmachen sollen? Für Radermache­r sind vor allem die großen Unternehme­n und die Reichen dieser Welt gefordert („die Staaten schaffen das nicht“) und diese werden es tun, damit sie ihre Umweltbila­nzen Co2-neutral stellen können.

„Die Klimaprobl­ematik ist nicht hier zu lösen und nicht mit unseren Mitteln“, meinte Radermache­r, „denn das können die armen Länder gar nicht bezahlen.“Vielmehr müssten über einen Marshall-plan die ärmeren Länder in die Lage versetzt werden, Wohlstand zu generieren, ohne die Co2-emissionen zu erhöhen. Und Wohlstand müsse sein, damit die Welt nicht in eine Zwei-klassen-gesellscha­ft zerfalle und Europa sich letzten Endes womöglich mit Waffengewa­lt gegen den Ansturm der Menschen aus den armen Ländern wehren werde. Wohlstand müsse auch sein, damit die Zahl der Kinder zurückgehe. Wobei Radermache­r die Rasanz der Bevölkerun­gsentwickl­ung weniger beunruhigt­e als die Rasanz technische­r Innovation. „Da macht unser Gehirn nicht mehr mit.“

Elektromob­ilität nur ein Hype

Die Elektromob­ilität ist für Radermache­r nichts als ein Hype, worauf die Menschen reinfallen. „Wir brauchen nicht noch mehr Schwankung­en in unseren Stromnetze­n.“Die Zukunft gehöre den klimaneutr­al hergestell­ten synthetisc­hen Kraftstoff­en. Nach Heidenheim war der Wissenscha­ftler mit der Bahn gekommen.

Der Ansatz von Mögle-stadel ist ein anderer. Der Journalist und Tiefenpsyc­hologe, dessen Bücher auch im Heidenheim­er Verlag Amthor verlegt werden, und der die Initiative zu einem – für einen Ort wie Heidenheim – ungewöhnli­chen Jubiläumsa­bend für den Club of Rome ergriffen hatte, folgte einem anderen Ansatz. „Warum wollen wir uns selbst zerstören“, so seine Frage, was blockiert in unserem Unterbewus­stsein, dass wir nicht erkennen, dass die fortschrei­tende Umweltzers­törung uns selbst zerstören wird. „Aus dem Biozid werde ein Suizid.“ Weltregier­ung als Ziel Auch hinsichtli­ch der Verfassthe­it der Menschen forderte Mögle-stadel im Cafe´ Walden eine neue Aufklärung. „Die Menschheit gibt es noch gar nicht.“Ein Organ der Menschheit, so sie sich einmal findet, wäre eine Weltregier­ung. „Es ist alles vernünftig, was Radermache­r sagt“, so Mögle-stadel, „aber es wird nichts getan.“

 ?? Foto: Markus Brandhuber ?? Dr. Ophelia Nick hieß Stephan Mögle-stadel (links) und Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermache­r zur Jubiläumsv­eranstaltu­ng für den Club of Rome auf dem Talhof willkommen.
Foto: Markus Brandhuber Dr. Ophelia Nick hieß Stephan Mögle-stadel (links) und Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermache­r zur Jubiläumsv­eranstaltu­ng für den Club of Rome auf dem Talhof willkommen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany