Heidenheimer Zeitung

Trauer um Alfies Schicksal

Der Kampf zwischen Eltern und Ärzten um seine Behandlung bewegte Menschen weit über Großbritan­nien hinaus: Alfie Evans wurde nur 23 Monate alt.

- Silvia Kusidlo

Nach dem Tod des schwer kranken Alfie Evans haben gestern mehr als 1000 Briten mit Luftballon­s Abschied von dem Kleinen genommen. Er war in der Nacht zum Samstag im Kinderkran­kenhaus Alder Hey in Liverpool gestorben. Eine nicht klar diagnostiz­ierte neurologis­che Erkrankung hatte sein Gehirn zerstört. „Unserem kleinen Jungen sind Flügel gewachsen“, schrieb Vater Thomas Evans auf Facebook.

Zwischen Alfies Eltern und den Ärzten hatte es einen erbitterte­n Streit um das Schicksal des knapp Zweijährig­en gegeben. Der Fall beschäftig­te mehrere Gerichte und sogar den Papst.

Alfie konnte sich infolge seiner Erkrankung nicht bewegen, sprechen und hören. Die Ärzte hiel- ten lebenserha­ltende Maßnahmen für sinnlos und stellten sie am vergangene­n Montag ein. Zur Überraschu­ng der Mediziner atmete der Junge von allein weiter, wie sein Vater sagte. Die Eltern wollten, dass Alfie so lange wie möglich lebt. Sie kämpften daher auch für eine Behandlung im Ausland. Die Verlegung ihres Sohnes nach Hause war für sie ebenfalls eine Option.

Viele Demonstran­ten forderten mehr Rechte für das junge Paar und andere Eltern schwer kranker Kinder. Die Polizei musste die Klinik sichern. Kurz vor Alfies Tod zeigten sich seine Eltern versöhnlic­her: Sie wollten mit den Ärzten zusammenar­beiten, versichert­en sie.

Sogar der Papst hatte sich für das Kind eingesetzt. „Ich bin vom Tod des kleinen Alfie tief getroffen“, ließ der Pontifex am Samstag auf Twitter mitteilen. Die Regierung in Rom hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den Jun- gen ins vatikanisc­he Kinderkran­kenhaus Bambino Gesù zu bringen. Ein britisches Gericht untersagte das.

In Deutschlan­d wäre Alfie „selbstvers­tändlich auf Wunsch der Eltern weiterbeha­ndelt worden“, sagte Nikolaus Haas, Professor für Pädiatrisc­he Intensivme­dizin am Unikliniku­m München. Eine Heilung des 23 Monate alten Jungen hielt aber auch Haas für ausgeschlo­ssen. Er hatte im Auftrag eines britischen Gerichts ein Gutachten erstellt und die Verlegung des Jungen in ein Krankenhau­s in Deutschlan­d, Italien oder nach Hause befürworte­t. Er vermutet hinter der Haltung der britischen Ärzte die Furcht vor Kosten für das nationale Gesundheit­ssystem NHS sowie Arroganz.

 ?? Foto: Peter Byrne/dpa ?? Große Anteilnahm­e: Hunderte blaue Luftballon­s steigen neben dem Liverpoole­r Alder Hey Kinderkran­kenhaus auf, in dem der britische Junge Alfie in der Nacht zu Samstag gestorben ist.
Foto: Peter Byrne/dpa Große Anteilnahm­e: Hunderte blaue Luftballon­s steigen neben dem Liverpoole­r Alder Hey Kinderkran­kenhaus auf, in dem der britische Junge Alfie in der Nacht zu Samstag gestorben ist.

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