Demokratie und Krieg, aber wozu?
Bühne Acht Stunden brisanter Diskurs: Wie Berlin mit Shakespare und Rainald Goetz in den Kampf zieht.
Berlin. Die beiden führenden Bühnen der Hauptstadt haben sich programmatisch dem zeitgenössischen Theater verschworen. Das Deutsche Theater ging mit „Rom“als Erstes an den Start . Sehr frei nach den drei Shakespeare-tragödien „Coriolan“, „Julius Cäsar“und „Antonius und Kleopatra“. Alle drei hat der versierte Bearbeiter John von Düffel verschnitten und mit anspielungsreichen heutigen Sentenzen aus dem Pegida- und Merkelwortschatz angereichert.
Tags darauf hatte im Berliner Ensemble „Krieg“von Rainald Goetz Premiere. Auch das ein Triptychon, bestehend aus „Heiliger Krieg“, „Schlachten“und „Kolik“. Wer sich im politischen Diskurs über das Sinnhafte und dennoch meistens Misslingende von demokratischem Republik-streben einerseits und der Hoffnungslosigkeit selten vernünftiger Menschen im kaputten Umgang miteinander aufrüsten will, der sitzt gut acht Stunden im Theater. Weiß er danach wirklich mehr? Zwiespältig. Aber der Ansatz ist jeweils sehenswert bühnentauglich.
Karin Henkel hat die Römertragödien inszeniert. Sie will mit Hilfe des hellsichtigen Weltendenkers Shakespeare als (Bei-) Spiel darstellen, wie wankelmütig, lernunwillig das Volk schon in der Zeit vor Christi Geburt gewesen ist. Selber schuld, könnte man schlussfolgern, wenn das willfährige Volk immer wieder machtgierig korrupten Dikatatoren auf den Leim geht.
„Alles ist Dreck, Dreck, Dreck!“
Ganz von den sieben gewaltig aufdrehenden sprechartistischen Darstellern lebt Robert Borgmanns furiose Be-inszenierung. Lauter wütend um sich schlagende Außenseiter, frühe Punks in einer tauben Wohlstandsgesellschaft, die im Krieg mit sich selbst liegt. Und das exzessiv spätexpressionistisch aufgeladene Kampfmittel ist die unmittelbar um ihre sinnliche Verkörperung ringende Sprache.
„Alles ist Dreck, Dreck, Dreck!“Das zieht sich als Motto so durch. Das Theater stellt sich dabei als der kriegerische Ort der zerstörerischen Handlung zwischen Schein und Sein grundsätzlich selbst in Frage.
Mal bezieht sich Goetz auf Peter Handkes und Thomas Bernhardts Publikumsbeschimpfungen, mal hat er‘s mit dem geometrie-harmonischen surrealistischen Maler Giorgio de Chirico, am Schluss aber lässt er eine krächzende apokalyptische Beckett-figur im Bierdunst nur noch still sterben wollen.
Sehr anspruchsvolle und deshalb auch anstrengende Großstadt-schauspielkunst, aber so muss das sein, dafür kriegen sie ja schließlich ihre Subventionen.