Mehr Gewalt gegen Prostituierte
Sozialministerium verweist auf zunehmende Prostitution in Wohnungen und Hotels. CDU fordert „Sexkaufverbot“.
Neuer Höchststand der Gewalt, ein steigender Einfluss der organisierten Kriminalität und eine veränderte Szene: Mit Sorge beobachten Polizei, Politik und Sozialministerium die steigende Gewalt gegen Prostituierte. 2023 wurden in Baden-württemberg 194 Gewaltstraftaten registriert, bei denen jeweils mindestens eine Prostituierte Opfer war. Die Anzahl der Straftaten stieg im Vergleich zum Vorjahr (155 Fälle) um 25,2 Prozent an und erreichte einen neuen Höchststand, heißt es in einem Bericht des Sozialministeriums, der unserer Redaktion vorliegt.
Die Cdu-fraktion hatte in dieser Sache nachgefragt und fordert nun einen „wirksamen Schutz von Frauen vor Menschenhandel und Zwangsprostitution“, ein „Sexkaufverbot“sei unumgänglich, hieß es. Der Fraktionsvorsitzende Manuel Hagel sagte: „Unser Land ist ein Hotspot der Prostitution in Europa.“Es sei unerträglich, dass Frauen mitten in Deutschland missbraucht und ausgebeutet werden.
Die meisten Straftaten sind demnach Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit (156 Fälle). Bei mehr als einem Viertel der Taten (27,8 Prozent) handelt es sich um Körperverletzungsdelikte. Die meisten Fälle ereigneten sich laut Bericht in Stuttgart (63), gefolgt von Heilbronn (26) und Karlsruhe (14). Die Zahlen kommen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik.
Das Fundament dieser Entwicklung sehen Polizei und Ministerium bereits in der Coronazeit angelegt. 2020 bis 2023 wurde der legale Prostitutionsbetrieb erheblich eingeschränkt. In der Folge stellten die Behörden im Internet eine deutliche Zunahme der Werbung für sexuelle Dienstleistungen fest, auch verstärkt Angebote von „Haus- und Hotelbesuchen“. Prostituierte nutzten zunehmend illegal Privat- und Ferienwohnungen. „Dieser Trend setzt sich auch nach Beendigung der pandemie-bedingten Einschränkungen nahezu unverändert fort“, heißt es in dem Bericht.
Durch die zunehmende Wohnungs-, Straßen- und Hotelprostitution und die Anbahnungen über das Internet habe sich die Gefahr und Unsicherheit für Menschen in der Prostitution erhöht, schlussfolgert das Sozialministerium. Laut den aktuellsten Daten des Statistischen Bundesamtes für 2022 waren bei den Behörden in Baden-württemberg 3448 Prostituierte nach dem seit Juli 2017 geltenden Prostituiertenschutzgesetz angemeldet.
28.800 Prostituierte
2002 hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung die Prostitution legalisiert. Ende 2022 hatten in Baden-württemberg 256 Prostitutionsgewerbe eine Erlaubnis. In Deutschland sind rund 28.800 Prostituierte registriert, Beobachter der Szene gehen aber von bis zu 250.000 Prostituierten aus. Aufgrund dieser Zahlen fordert die Cdu-landtagsabgeordnete Isabell Huber Konsequenzen: „Der Versuch, mit dem Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2002 die Prostitution in Deutschland zu legalisieren und damit die Situation für Betroffene zu verbessern, ist gescheitert“, sagte sie.