Merkels Stuhl bleibt leer
Dass die ehemalige Bundeskanzlerin nicht zum Parteitag kommt, ist für die Christdemokraten keine Überraschung.
Zu den Ritualen eines Cdu-parteitags gehört es, Gäste zu begrüßen, die zwar nicht qua Amt, dafür qua Verdienst eingeladen wurden. Eine aber wird nächste Woche in Berlin in der Reihe der Ehrengäste fehlen – und das ist ausgerechnet Rekordkanzlerin Angela Merkel. Eingeladen wurde sie, heißt es in der Parteizentrale. Aber sie sagte ab.
Dass Merkel sich seit ihrem Abschied von fast allen politischen Ereignissen fernhält, daran haben sie sich in der CDU gewöhnt. Dass sie diesmal allerdings, quasi zeitgleich, zu einer Veranstaltung ausgerechnet der Grünen-fraktion zum Abschied von deren eher links außen verortetem Abgeordneten Jürgen Trittin Ja gesagt hat, das verkraften sie in der Union nicht so leicht. Auch viele ihrer Fans seien irritiert, heißt es in der CDU. „Es ist nicht so, dass das mit der Partei nichts macht.“
Einem kann die Entwicklung womöglich recht sein: dem Vorsitzenden Friedrich Merz. Er will sich auf dem dreitägigen Parteitag wiederwählen lassen und hat noch immer gegen den Verdacht sowohl innerhalb wie außerhalb der Partei zu kämpfen, er wolle die Ära Merkel rückabwickeln. Was in vielen inhaltlichen Punkten – das wichtigste Stichwort lautet Flüchtlingspolitik – auch zutreffend ist. Merz und sein Team werden nicht müde, von einer „inhaltlichen Neuaufstellung der CDU“zu reden. Und eine Zeitlang schimmerte der späte Triumph über die alte Rivalin durch, die ihn vor zwei Jahrzehnten politisch ausgestochen hatte.
Merz will Kanzler werden
Doch jetzt will Merz Kanzlerkandidat und am besten auch Kanzler werden, da braucht er auch diejenigen, die zur Fanbase der Bundeskanzlerin gehören. Er hat sie also eingeladen, er hat sogar eine Feier zu ihrem 70. Geburtstag im Sommer ausloten lassen – vergebens. Merz hat, so sieht es Merz, getan, was er konnte. Der Rest liege bei ihr. Merkel wiederum hatte sich bei einer ihrer seltenen öffentlichen Äußerungen, am Rande des Trauer-staatsaktes für Wolfgang Schäuble im Januar, nicht unfreundlich über Merz geäußert, allerdings vor allem seinen „wirtschafts- und finanzpolitischen Sachverstand“gelobt.
Trösten mag sich der aktuelle CDU-CHEF auch damit, dass selbst der durchaus als Merkel-freundlich geltende Kanzlerkandidat Armin Laschet im Wahlkampf 2021 wenig Unterstützung von seiner Vorvorgängerin an der Parteispitze bekam. Und auch Merkels Wunschnachfolgerin als Cduchefin, Annegret Kramp-karrenbauer, hatte sich mehr Hilfe von der damals noch regierenden Kanzlerin erhofft.
Was Merkel wirklich denkt über ihre CDU und ihren Nachfolger Merz, das könnte womöglich ihr für den Herbst erwartetes Buch enthüllen. Kein Wunder also, dass das Werk ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl für gewisse Nervosität an der Parteispitze sorgt.