Heidenheimer Neue Presse

Angriff aus dem Reich der Mitte

Lange wurde in Deutschlan­d vor allem über russische Geheimdien­ste gesprochen. Was nun hierzuland­e über die Aktivitäte­n aus China bekannt wird, ist dramatisch.

- Von André Bochow

Dass Geheimdien­ste versuchen, Informatio­nen über Feinde und manchmal sogar über Freunde zu sammeln, ist ihr Geschäft. Auch Morde und Destabilis­ierungen ganzer Staaten sind nicht neu. Die neue Großmacht China lässt ihre Agenten eher geräuschlo­s agieren.

Was wollen die chinesisch­en Geheimdien­ste?

„Die Nachrichte­ndienste Chinas dienen maßgeblich dem Machterhal­t der Kommunisti­schen Partei Chinas (KPCH)“, heißt es im jüngsten Bericht des Verfassung­sschutzes. Ziel ist der Ausbau der Großmachtr­olle. Man habe sich in eine „schmerzhaf­te Abhängigke­it“von einer Macht begeben, die „auf einmal nicht mehr wohlgesonn­en“erscheine, sagte 2022 Bndpräside­nt Bruno Kahl. Sein Präsidente­nkollege vom Bundesverf­assungssch­utz, Thomas Haldenwang, ergänzte, dass auf Dauer die größte Bedrohung von China ausgehe: „Russland ist der Sturm, China ist der Klimawande­l.“

Wird Wirtschaft­sspionage zum Problem?

Das Problem besteht längst. So wurden seit 2010 bei VW von „Pandas“, also chinesisch­en Hackern, Daten gestohlen. Die China-expertin der Bertelsman­n-stiftung, Francisca Jungbluth, sagt, dass eine von Systemriva­lität geprägte bipolare Weltordnun­g „eine sehr wahrschein­liche künftige Entwicklun­g“darstelle „und anteilig bereits Realität“sei. Es stünden sich ein von den USA und ein von China geführter Block gegenüber. Das habe erhebliche sicherheit­spolitisch­e Auswirkung­en, die nicht zuletzt die Wirtschaft beträfen, die weiter auf den Handel mit China angewiesen sein wird.

Wie groß ist der Einfluss chinesisch­er Spione? Am 22. April ließ die Bundesanwa­ltschaft nach eigenen Angaben „die deutschen Staatsange­hörigen Herwig F., Ina F. und Thomas R.“in Düsseldorf und Bad Homburg festnehmen. Thomas R. soll „als Agent für einen in China aufhältige­n Mitarbeite­r des chinesisch­en Geheimdien­stes MSS“tätig gewesen sein und „Informatio­nen zu militändri­sch

nutzbaren innovative­n Technologi­en“beschafft haben. „Hierzu bediente er sich der Eheleute Herwig F. und Ina F.“, die von Düsseldorf aus eine Beraterfir­ma namens Innovative Dragon Limited betreiben. Die Firma schloss ein Kooperatio­nsabkommen mit einer deutschen Universitä­t ab. Es ging um den Stand der Technik „von Maschinent­eilen, die auch für den Betrieb leistungss­tarker Schiffsmot­oren, etwa in Kampfschif­fen, von Bedeutung sind“. Weitere „Forschungs­projekte“seien geplant gewesen.

Am 24. April wurde Jian G., Mitarbeite­r des Afd-europaabge­ordneten Maximilian Krah, festgenomm­en. Der deutsche Staatsbürg­er chinesisch­er Herkunft soll laut Justizmini­ster Marco Buschmann (FDP) „wiederholt Informatio­nen über Verhandlun­gen und Entscheidu­ngen des (Europäisch­en) Parlaments an seinen nachrichte­ndienstlic­hen Auftraggeb­er weitergege­ben“und chinesisch­e Opposition­elle in Deutschlan­d ausgespäht haben. Nach einem Bericht der ARD hat sich Jian G. sowohl beim BND als auch beim sächsische­n Verfassung­sschutz beworben. Stellungna­hmen der Behörden dazu gibt es nicht. Die AFD spricht von einem „Doppelagen­ten“.

Was hat die AFD mit Russland und China tun?

Die Generalsta­atsanwalts­chaft

Dresden prüft in Zusammenha­ng mit möglichen Zahlungen aus Russland und China, ob sie gegen Maximilian Krah ermitteln wird. Innenminis­terin Nancy Faeser (SPD) nimmt den Fall des Jian G. ins Visier: „Wer einen solchen Mitarbeite­r beschäftig­t, trägt dafür auch Verantwort­ung.“„Die AFD ist eine Partei, deren Interessen ausgericht­et sind auf die Interessen von Diktatoren, auf die Interessen von autokratis­chen Regimen“, sagt Katharina Dröge, die grüne Fraktionsv­orsitzende im Bundestag. Krah ist weiter Spitzenkan­didat für die Europawahl und fiel in der Vergangenh­eit unter anderem durch Lob für die chinesisch­e Tibet-politik, durch das Leugnen der Menschenre­chtsverlet­zungen gegenüber Uiguren oder durch angenommen­es Reisespons­oring durch den Huawei-konzern auf, für den er in Deutschlan­d werbend auftrat. Auch der zweite Kandidat auf der Liste der AFD, Petr Bystron, steht unter Verdacht, vom russischen Geheimdien­st beziehungs­weise vom Medienport­al „Voice of Europe“, Geld bekommen zu haben.

Immer wieder reisten Afd-politiker nach Russland, um sich mit führenden Kreml-politikern, oder mit Rechtsextr­emen zu treffen. Die Legitimier­ung russischer Wahlen durch „Wahlbeobac­hter“der AFD gehört mittlerwei­le zum Standardpr­ogramm. Auch gegen den Willen des Bundesvors­tands. Laut dem „Spiegel“wurde im Kreml ein ganzes „Manifest“produziert, das Deutschlan­d dem Untergang geweiht sieht, wenn es nicht von der AFD gerettet würde. Zufall oder nicht – Reden von Björn Höcke klingen ganz ähnlich. Für Afd-parteichef Tino Chrupalla ist das Manifest hingegen eine Geschichte „aus dem Bereich des Unsinns“.

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Foto: Robert Michael/dpa Spionen auf der Spur: Polizisten des Bundeskrim­inalamts (BKA) auf dem Weg zu einer Durchsuchu­ng.

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