Angriff aus dem Reich der Mitte
Lange wurde in Deutschland vor allem über russische Geheimdienste gesprochen. Was nun hierzulande über die Aktivitäten aus China bekannt wird, ist dramatisch.
Dass Geheimdienste versuchen, Informationen über Feinde und manchmal sogar über Freunde zu sammeln, ist ihr Geschäft. Auch Morde und Destabilisierungen ganzer Staaten sind nicht neu. Die neue Großmacht China lässt ihre Agenten eher geräuschlos agieren.
Was wollen die chinesischen Geheimdienste?
„Die Nachrichtendienste Chinas dienen maßgeblich dem Machterhalt der Kommunistischen Partei Chinas (KPCH)“, heißt es im jüngsten Bericht des Verfassungsschutzes. Ziel ist der Ausbau der Großmachtrolle. Man habe sich in eine „schmerzhafte Abhängigkeit“von einer Macht begeben, die „auf einmal nicht mehr wohlgesonnen“erscheine, sagte 2022 Bndpräsident Bruno Kahl. Sein Präsidentenkollege vom Bundesverfassungsschutz, Thomas Haldenwang, ergänzte, dass auf Dauer die größte Bedrohung von China ausgehe: „Russland ist der Sturm, China ist der Klimawandel.“
Wird Wirtschaftsspionage zum Problem?
Das Problem besteht längst. So wurden seit 2010 bei VW von „Pandas“, also chinesischen Hackern, Daten gestohlen. Die China-expertin der Bertelsmann-stiftung, Francisca Jungbluth, sagt, dass eine von Systemrivalität geprägte bipolare Weltordnung „eine sehr wahrscheinliche künftige Entwicklung“darstelle „und anteilig bereits Realität“sei. Es stünden sich ein von den USA und ein von China geführter Block gegenüber. Das habe erhebliche sicherheitspolitische Auswirkungen, die nicht zuletzt die Wirtschaft beträfen, die weiter auf den Handel mit China angewiesen sein wird.
Wie groß ist der Einfluss chinesischer Spione? Am 22. April ließ die Bundesanwaltschaft nach eigenen Angaben „die deutschen Staatsangehörigen Herwig F., Ina F. und Thomas R.“in Düsseldorf und Bad Homburg festnehmen. Thomas R. soll „als Agent für einen in China aufhältigen Mitarbeiter des chinesischen Geheimdienstes MSS“tätig gewesen sein und „Informationen zu militändrisch
nutzbaren innovativen Technologien“beschafft haben. „Hierzu bediente er sich der Eheleute Herwig F. und Ina F.“, die von Düsseldorf aus eine Beraterfirma namens Innovative Dragon Limited betreiben. Die Firma schloss ein Kooperationsabkommen mit einer deutschen Universität ab. Es ging um den Stand der Technik „von Maschinenteilen, die auch für den Betrieb leistungsstarker Schiffsmotoren, etwa in Kampfschiffen, von Bedeutung sind“. Weitere „Forschungsprojekte“seien geplant gewesen.
Am 24. April wurde Jian G., Mitarbeiter des Afd-europaabgeordneten Maximilian Krah, festgenommen. Der deutsche Staatsbürger chinesischer Herkunft soll laut Justizminister Marco Buschmann (FDP) „wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen des (Europäischen) Parlaments an seinen nachrichtendienstlichen Auftraggeber weitergegeben“und chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht haben. Nach einem Bericht der ARD hat sich Jian G. sowohl beim BND als auch beim sächsischen Verfassungsschutz beworben. Stellungnahmen der Behörden dazu gibt es nicht. Die AFD spricht von einem „Doppelagenten“.
Was hat die AFD mit Russland und China tun?
Die Generalstaatsanwaltschaft
Dresden prüft in Zusammenhang mit möglichen Zahlungen aus Russland und China, ob sie gegen Maximilian Krah ermitteln wird. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) nimmt den Fall des Jian G. ins Visier: „Wer einen solchen Mitarbeiter beschäftigt, trägt dafür auch Verantwortung.“„Die AFD ist eine Partei, deren Interessen ausgerichtet sind auf die Interessen von Diktatoren, auf die Interessen von autokratischen Regimen“, sagt Katharina Dröge, die grüne Fraktionsvorsitzende im Bundestag. Krah ist weiter Spitzenkandidat für die Europawahl und fiel in der Vergangenheit unter anderem durch Lob für die chinesische Tibet-politik, durch das Leugnen der Menschenrechtsverletzungen gegenüber Uiguren oder durch angenommenes Reisesponsoring durch den Huawei-konzern auf, für den er in Deutschland werbend auftrat. Auch der zweite Kandidat auf der Liste der AFD, Petr Bystron, steht unter Verdacht, vom russischen Geheimdienst beziehungsweise vom Medienportal „Voice of Europe“, Geld bekommen zu haben.
Immer wieder reisten Afd-politiker nach Russland, um sich mit führenden Kreml-politikern, oder mit Rechtsextremen zu treffen. Die Legitimierung russischer Wahlen durch „Wahlbeobachter“der AFD gehört mittlerweile zum Standardprogramm. Auch gegen den Willen des Bundesvorstands. Laut dem „Spiegel“wurde im Kreml ein ganzes „Manifest“produziert, das Deutschland dem Untergang geweiht sieht, wenn es nicht von der AFD gerettet würde. Zufall oder nicht – Reden von Björn Höcke klingen ganz ähnlich. Für Afd-parteichef Tino Chrupalla ist das Manifest hingegen eine Geschichte „aus dem Bereich des Unsinns“.