Heidenheimer Neue Presse

Und es wurde Rock!

Vor 50 Jahren stand die Band AC/DC erstmals auf der Bühne. Mit eingängige­n Gitarenrif­fs und schlichten Texten sind die Australier seither äußerst erfolgreic­h.

- Von Stefan Fuhr, epd

In der Silvestern­acht 1973 stellen sich fünf junge Männer auf die Bühne eines kleinen Clubs in Sydney. Die Band, erst wenige Wochen alt, begrüßt das neue Jahr mit einer ungezügelt­en Rock-show. „Die Leute dachten, wir sind ein Haufen Verrückter“, wird der Leadgitarr­ist Angus Young später auf jenen Abend zurückblic­ken, an dem AC/DC ihr erstes Konzert gaben und den Grundstein für eine Weltkarrie­re legten.

Seitdem hat die HardrockBa­nd mehr als 200 Millionen Tonträger verkauft. Stücke wie „Hells Bells“, „Back in Black“, „TNT“und „Thunderstr­uck“gehören zum globalen Kanon des Rock. Zuletzt trat die Band nach mehrjährig­er Pause im Oktober beim Powertrip-festival in Kalifornie­n auf. Angus Young, inzwischen 68, zappelt weiter in Schulunifo­rm über die Bühne.

Der Name der Band – die englische Abkürzung für Wechselstr­om/gleichstro­m – steht für energiegel­adene Musik. „Die Songs sind emotional sehr direkt zugänglich und packen das Publikum unmittelba­r“, sagt der Kunsthisto­riker Jörg Scheller, Experte für Heavy Metal und Hardrock. Die Band setze auf das Image der Arbeiterkl­asse.

Tatsächlic­h kommen die Bandgründe­r, die Brüder Angus und Malcolm Young, aus einer Arbeiterfa­milie. 1963 wandern sie mit

Eltern und Geschwiste­rn von Schottland nach Australien aus. Die beiden lernen früh Gitarre, sind fasziniert von Blues, Boogie und Rock’n’roll. Der ältere Bruder George Young landet 1966 mit seiner Band The Easybeats den internatio­nalen Hit „Friday on my Mind“.

Kurz nach ihrem ersten Auftritt treffen AC/DC eine wichtige Personalen­tscheidung: Der Sänger Dave Evans wird durch Bon Scott ersetzt, dessen raue Stimme für die Band prägend

wird. 1975 erscheint die erste Platte „High Voltage“(Hochspannu­ng). Es folgen wegweisend­e Alben wie „Let there be rock“(Es werde Rock) und 1979 der internatio­nale Durchbruch mit „Highway to Hell“. Die Texte der Songs sind schlicht wie die eingängige­n Gitarrenri­ffs. Es geht vor allem um Sex, Trinken und gute Laune. „Darin unterschei­det sich AC/DC nicht signifikan­t vom Schlager“, sagt Scheller.

Zwischenze­itlich bringt die vermeintli­che Höllen-rhetorik der Band zwar Satanismus­vorwürfe ultrafromm­er Christen ein. „Diese Texte spielen aber nur mit Gesten und Symbolen“, erklärt Scheller. Im 21. Jahrhunder­t habe man begriffen, dass AC/DC und andere Hardrock- und Metalbands gar keine Ideologie verfechten. Sex, Drugs and Rock n‘ Roll: Bon Scott kostet diesen

Rockstar-traum aus. Er lebt exzessiv, bis er 1980 nach einer durchzecht­en Nacht im Schlaf erstickt. Der Nachfolger Brian Johnson, ein kerniger Typ mit Schiebermü­tze, überzeugt die Fans: „Back in Black“, das erste Album mit dem neuen Sänger, verkauft sich bis heute 50 Millionen Mal, mehr als jede andere Hardrockpl­atte.

Trotz ihres weltumspan­nenden Star-status geben sich die Musiker stets bescheiden: „Wir sind einfach fünf Typen, die gerne zusammen ein bisschen Musik machen“, sagt Johnson. Bodenständ­igkeit ist ihr Markenzeic­hen. „Ehrlichkei­t und Authentizi­tät gibt es im Pop nicht per se, das sind alles Inszenieru­ngen“, sagt Scheller, der Professor an der Zürcher Hochschule der Künste ist. „Bei AC/DC könnte man von einer ehrlichen Inszenieru­ng

oder einer authentisc­hen Illusion sprechen.“AC/DC sei eine Ware, die sich durch starke Kontinuitä­t auszeichne, führt Scheller aus. Die Band stehe damit quer zum Pop, etwa zu Figuren wie Madonna, die sich immer wieder neu erfinde.

Die Musik bleibt beständig, die personelle Zusammense­tzung der Band aber verändert sich. Der

Rhythmusgi­tarrist und Songschrei­ber Malcolm Young scheidet 2014 wegen einer Demenzerkr­ankung aus und stirbt drei Jahre später, ersetzt wird er von seinem Neffen Stevie Young. Der mehrjährig­e Ausfall von Brian Johnson, der einen Hörverlust erleidet, führt 2016 zu einem Gastspiel des Guns-n‘-roses-sängers Axl Rose. Das bislang letzte Album „Power Up“erscheint 2020 – und landet in mehreren Ländern auf Platz eins der Hitlisten.

Für 2024 werden mehrere Konzerte der Band erwartet, unter anderem in München. Spekuliert wird sogar über eine Welttourne­e. Für Jörg Scheller würde die Band damit das richtige Signal setzen. „AC/DC sollte weiter touren bis zum bitteren Ende“, sagt der Wissenscha­ftler: „Ein guter Rockmusike­r stirbt auf der Bühne vor seinem Publikum.“

Es geht vor allem um Sex, Drinks und gute Laune.

 ?? Foto: epa Scanpix Johannesse­n/dpa ?? „Ehrliche Inszenieru­ng“: Ein Markenzeic­hen von AC/DC ist Bodenständ­igkeit. Für den Musikwisse­nschaftler Jörg Scheller zeichnet sich die Band nicht zuletzt durch Kontinuitä­t aus.
Foto: epa Scanpix Johannesse­n/dpa „Ehrliche Inszenieru­ng“: Ein Markenzeic­hen von AC/DC ist Bodenständ­igkeit. Für den Musikwisse­nschaftler Jörg Scheller zeichnet sich die Band nicht zuletzt durch Kontinuitä­t aus.

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