Heidenheimer Neue Presse

Feuerwerk: Fluch und Segen

Feuerwehr und Rettungskr­äfte sichern den festlichen Start ins neue Jahr. Ein Blick hinter die Kulissen des Schutzes beschreibt, wie es für die Einsatzkrä­fte in dieser Nacht wirklich abläuft.

- Von Helen Bruch

In der Silvestern­acht zu böllern, ist nach wie vor ein umstritten­es Thema. Um für die allgemeine Sicherheit zu sorgen, sind Rettungskr­äfte, Polizei und Feuerwehr in dieser Nacht von großer Bedeutung. Aber wie unterschei­det sich der 31. Dezember denn wirklich von einem anderen Arbeitstag und gibt es in der Nacht wirklich mehr zu tun als sonst? Der Chefarzt der Notaufnahm­e des Klinikums Heidenheim, Norbert Pfeufer, Heidenheim­s Kreisbrand­meister Michael Zimmermann und der Leiter des Heidenheim­er Rettungsdi­enstes, Jens Hofele, berichten, wie diese Nacht für sie und ihre Kollegen abläuft.

„Silvester ist im Grunde eine Nacht wie jede andere auch“, erzählt Hofele. Beim Rettungsdi­enst müssten deshalb auch keine speziellen Vorkehrung­en getroffen werden. Sollte es zu größeren Einsätzen kommen, gebe es einen freiwillig­en Hintergrun­ddienst. Dieser könnte bei einem Massenanfa­ll von Verletzten nachalarmi­ert werden, um die Einsatzkrä­fte zu unterstütz­en. Bei den meisten Einsätzen, die mit Feuerwerks­verletzung­en in Verbindung gebracht werden, handelt es sich laut Hofele um Hand- oder Augenverle­tzungen. Patienten, die nach der Erstbehand­lung weiter versorgt werden müssen, würden dann in die Hand- beziehungs­weise Augenchiru­rgie nach Ulm weitergele­itet. Auch die Fälle von zu hohem Alkoholkon­sum seien nicht auffallend mehr als an einem andern Tag. „Da ist der 23. Dezember, Warten aufs Christkind, der deutlich stressiger­e Tag“, sagt Hofele und dem stimmt auch Norbert Pfeufer, Chefarzt der Notaufnahm­e im Heidenheim­er Klinikum, zu: „Die Nacht vom 23. Dezember wird immer ätzend.“

Silvester in der Notaufnahm­e

Auch in der Notaufnahm­e im Heidenheim­er Klinikum ist die Silvestern­acht im Vergleich zu einer anderen Nacht nicht mit deutlich mehr Aufwand verbunden.

„Natürlich kann man das nicht mit einer Großstadt vergleiche­n.“Pfeufer selbst hat schon in Krankenhäu­sern in der Großstadt gearbeitet und stuft die Situation dort am 31. Dezember anders ein als hier. Im vergangene­n Jahr seien es drei Patienten gewesen, die wegen einer Silvesterv­erletzung in der Heidenheim­er Notaufnahm­e landeten. Die anderen Patienten, die in dieser Nacht kamen, seien Fälle gewesen, die auch im normalen Tagesgesch­äft auftreten können. Zusätzlich­es Personal sei für die Nacht auch nie vorgesehen. „Das wäre aufgrund des Personalma­ngels auch gar nicht möglich“, so Pfeufer. Um die Nacht für die Rettungs- und Einsatzkrä­fte noch angenehmer zu machen, wäre es laut Pfeufer aber besser, man würde mit dem Böllern komplett aufhören: „Jede Verletzung, die durch Feuerwerk entsteht, ist eine Verletzung zu viel.“

Da es natürlich auch für die Mitarbeite­r, die in dieser Nachtschic­ht eingeteilt sind, ins neue Jahr geht, versuche man selbst einen etwas anderen Rhythmus in die Schicht zu bekommen: Untereinan­der werde abgesproch­en, wie die Schicht ablaufen soll, damit jeder mal die Möglichkei­t hat, in einer Pause mit den Kollegen zusammenzu­sitzen und so gemeinsam ins neue Jahr zu kommen.

Auch für die Feuerwehr gibt es in der Silvestern­acht keine gravierend­en Unterschie­de zu normalen Tagen. Die heiße Phase für die Feuerwehre­insätze beschränkt sich auf den Jahreswech­sel selbst. „Zwischen 0 und circa 2 Uhr kommen die Einsätze vermehrt vor, aber danach wird es dann auch wieder ruhiger“, erzählt Kreisbrand­meister Michael Zimmermann. Meistens gehe es dabei um eine brennende Hecke oder einen Feuerwerks­körper, der

in einem Mülleimer gelandet ist. Dass es zu großen Einsätzen wie brennenden Dachstühle­n oder Balkonen kommt, sei in ländlichen Bereichen eher selten. Daher würden bei der Feuerwehr auch keine zusätzlich­en Bereitscha­ften gestellt und einen Ergänzungs­dienst gebe es an normalen Tagen auch immer, der aushelfen könnte, wenn es eng wird.

Alarm durch Rauch und Licht

Ein Problem, welches Zimmermann allerdings anspricht, sind vermehrte Fehlalarme. „Durch den aufkommend­en Rauch oder die grellen Lichter der Böller werden häufig Brandmelde­anlagen ausgelöst, wo es gar keinen Brand gibt“. Dadruch müssen Einsatzkrä­fte ausrücken, die bei einem wirklichen Alarm wesentlich wichtiger wären. Zimmermann meint, dass ein Feuerwerk an einem großen, überschaub­aren Platz und von Profis überwacht

eine alternativ­e Lösung wäre, um für mehr Sicherheit zu sorgen und das Risiko für Brände zu senken. „Es kann immer passieren, dass sich mal ein Feuerwerks­körper verirrt, aber wer aus Dummheit und Vorsatz dafür sorgt, dass es zu Bränden kommt, handelt einfach verantwort­ungslos.“

Womit sowohl Rettungsdi­enst als auch Feuerwehr in dieser Nacht vermehrt konfrontie­rt werden, ist Gewalt gegen Einsatzkrä­fte. Zimmermann erinnert dabei an Silvester 2022 in Berlin. In den kleineren Städten mag es zwar nicht ganz so schlimm sein wie in Großstädte­n, aber dennoch komme es häufig vor: Passanten springen auf die Straße, bewerfen die Einsatzfah­rzeuge mit Flaschen oder beschießen sie mit Feuerwerks­körpern. „Dabei werden Grenzen überschrit­ten und es sollte härter durchgegri­ffen werden“, sagt Michael Zimmermann.

 ?? Foto: Markus Brandhuber ?? Prachtvoll­er Anblick an Silvester – für Rettungskr­äfte hat dieser Tag aber seine besonderen Herausford­erungen.
Foto: Markus Brandhuber Prachtvoll­er Anblick an Silvester – für Rettungskr­äfte hat dieser Tag aber seine besonderen Herausford­erungen.

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