Strompreis schießt nach oben
Energieversorger verlangt fast ein Drittel mehr. Weitere Erhöhungen sind nicht ausgeschlossen. Stromsperrungen sollen vermieden werden.
Vor wenigen Tagen hatte Enbw-chef Frank Mastiaux noch im „Handelsblatt“angekündigt, um eine Erhöhung der Strompreise wohl nicht herumzukommen. Jetzt ist es schon soweit: Das drittgrößte deutsche Energieunternehmen hebt seine Strompreise in der Grundversorgung um durchschnittlich 31,1 Prozent an. Der Arbeitspreis für die Kilowattstunde für Haushaltsstrom liegt von Oktober an bei 37,31 Cent. Das entspricht einer Steigerung um 10,02 Cent gegenüber dem September 2022 und 5,58 Cent gegenüber dem Vorjahr, vor dem Wegfall der Eeg-umlage, wie der Konzern berichtet. Für einen Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden – wie ihn die Verbraucherzentrale berechnet – ergibt sich daraus unterm Strich eine Kostensteigerung von 400,80 Euro im Jahr. finanziell schwer belasteten Haushalten“, soll es in der kommenden Heizperiode keine Sperrungen bei Strom und Gas geben, sagte Vorständin Colette Rückert-hennen. Es werde „in Koordination mit Maßnahmen aus der Politik“gemeinsam mit Kundinnen und Kunden nach anderen Lösungen gesucht. Der Konzern wolle verhindern, dass durch Sperrungen eine zusätzliche Notlage entstehe. Der „Stuttgarter Zeitung“und den „Stuttgarter Nachrichten“sagte Rückert-hennen, so unvorhersehbar wie die Lage an den Energiemärkten aktuell sei, „kann ich leider nicht ausschließen, dass sie weitere Anpassungen nötig machen wird“.
Wer spart, bekommt 100 Euro
Zudem plane das Unternehmen eine Gassparprämie von einmalig 100 Euro für Bestandskunden, die im Vergleich zur Heizperiode des Vorjahrs mindestens 10 Prozent weniger Gas verbrauchten. Das solle zu Einsparungen anregen, wie sie derzeit in der Politik diskutiert werden. Politiker und Experten rufen zum sparsamen Umgang mit Energie auf, damit die Speicher gefüllt und Kraftwerkskapazitäten für den Fall weiterer russischer Lieferkürzungen ausreichen.
Doch manche Anbieter nutzen offenbar die momentane Lage aus. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisiert Tricksereien einiger Energieanbieter bei Preiserhöhungen. „Wir sehen Fälle, in denen die Bestandteile der Preiserhöhung nicht transparent und ordnungsgemäß dargestellt sind oder Preissteigerungen in allgemeinen Schreiben versteckt werden“, sagt Vorständin Ramona Pop.
„Wir sehen auch, dass Versorger nach der Salamitaktik verfahren und in sehr kurzer Taktung neue Preiserhöhungen verschicken, sodass der Verbraucher irgendwann den Überblick verliert“, kritisiert Pop. In einem Fall seien die Gesamtkosten beispielsweise innerhalb weniger Monate in mehreren kleinen Schritten um insgesamt 115 Prozent gestiegen. „Solche Kettenpreiserhöhungen sollte der Gesetzgeber dringend unterbinden“, fordert sie.
Die ENBW machte aber darauf aufmerksam, dass es sich bei ihren anstehenden Preiserhöhungen um die ersten seit mehreren Jahren handele. Seit 2020 seien die Strompreise sogar zweimal gesenkt worden. Seit Anfang vergangenen Jahres habe sich aber nun die langfristigen Beschaffungspreise für Strom an den Energiebörsen teilweise versiebenfacht. Gründe seien vor allem die höheren Preise für fossile Energieträger wie Kohle und Gas, ausgelöst durch den Ukrainekrieg und die Drosselung russischer Gaslieferungen. Das Unternehmen beschaffe sich Strom zum Teil lange im Voraus, um Kostenschwankungen möglichst auszugleichen. Bei den derzeitigen Steigerungen sei dies allerdings nicht mehr möglich.