Heidenheimer Neue Presse

Zu hohe Erwartunge­n

- Guido Bohsem zur Diskussion um das Renteneint­rittsalter

Die Rente, also der Bezug von Geld im Ruhestand, gilt immer mehr als Ausweis der Lebensleis­tung. Wer „hart gearbeitet“und „fleißig eingezahlt“hat, so heißt es immer wieder, müsse von den gesetzlich­en Zahlungen „gut leben“können. Vor allem linke Sozialpoli­tiker wecken mit diesen Begriffen sehr gerne Erwartunge­n, die die Rente zu einer Art Lebensbelo­hnungs-zahlung stilisiert. Das Problem daran ist, dass kein Rentensyst­em der Welt, auch das deutsche nicht, diese Erwartunge­n erfüllen kann.

Die Deutsche Rentenvers­icherung vergibt keine Punkte für „harte Arbeit“. Hierzuland­e kommt es schnöde darauf an, wie viel man über wie viele Jahre einzahlt. Die Höhe der Rente spiegelt nicht die Lebensleis­tung, sondern allenfalls den materielle­n Erfolg.

Seit Jahren schon driften aber die politisch geschürte Erwartungs­haltung

und die tatsächlic­he Höhe der Rente auseinande­r – und das sorgt für Frust und Verzweiflu­ng. Um wieder mehr Verständni­s für die Funktionsw­eise der Rente zu schaffen, sollte die Diskussion darüber möglichst präzise geführt werden.

Forderunge­n wie die des Arbeitgebe­rverbandes Gesamtmeta­ll, den Rentenbegi­nn erst mit dem 70sten Lebensjahr anzusetzen, tragen nicht zur Lösung des Problems bei. Zum einen gilt die vor langer Zeit beschlosse­ne Rente mit 67 Jahren vollständi­g erst in knapp zehn Jahren, weshalb der Vorschlag ein bisschen übereilt daherkommt. Zum anderen bleibt die Frage offen, ob eine so lange Lebensarbe­itszeit Arbeitnehm­ern mit körperlich anstrengen­den Berufen überhaupt zuzumuten ist. Sollen die dann eine niedrigere Rente bekommen, weil sie ihr Leben lang tatsächlic­h „hart gearbeitet“haben?

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