Die Unterzahl-expertin
Jessica Campbell ist im Männer-eishockey eine Ausnahme. Bei der WM hat die Kanadierin als Co-trainerin des deutschen Teams eine extrem wichtige Rolle.
Als die Frage nach ihrer Vorreiterrolle in der Männer-welt Eishockey kommt, lacht Jessica Campbell kurz. „Wenn ich den Weg für andere bereite, ist es toll“, antwortet die Kanadierin am Mittwoch in Helsinki. Aber das sei für sie nicht das Wichtigste. „Jeder, egal, wer du bist, wo du herkommst, was dein Geschlecht ist – wenn du gut bist, in dem was du tust, solltest du erfolgreich sein können und die Möglichkeit bekommen, es zu tun“, sagt sie.
Sie sei dankbar, von Eishockey-bundestrainer Toni Söderholm diese Chance bekommen zu haben. Die 29 Jahre alte Kanadierin gehört bei der Weltmeisterschaft der Männer in Finnland als Co-trainerin zum deutschen Team. Am Donnerstag, wenn der Wm-vierte von 2021 gegen Dänemark einen womöglich vorentscheidenden Schritt fürs Erreichen des Viertelfinals schaffen will, wird sie wie bisher auch wieder hinter der Bande stehen.
Im Männer-eishockey, in dem Emotionen immer wieder mal in Schlägereien auf dem Eis ausarten, sind Frauen im Umfeld die absolute Ausnahme. Oder ein „Novum und etwas Neues“, wie Kapitän Moritz Müller sagt. Und „erfrischend“, wie Wm-neuling Alexander Ehl findet. Dementsprechend groß ist das Interesse an der ehemaligen kanadischen Nationalspielerin und Wm-silbergewinnerin.
Höchstes Level als Anspruch
„Ich sehe nicht wirklich Hürden, ich sehe nur Ziele“, sagt sie. „Mein Ziel als Trainerin war immer, auf dem höchsten Level zu trainieren. Es geht nicht unbedingt um den Männer-sport oder den Frauen-sport.“Sie wisse, dass sie eine andere Perspektive, eine andere Sicht auf das Spiel habe. Sie wisse nicht, ob das die weibliche Perspektive sei.
Ihr Weg zum Nationalteam und zur WM nach Finnland führte über eine kurze Station bei den
Nürnberg Ice Tigers, dessen Sportdirektor Stefan Ustorf den Kontakt hatte. Sechs Gespräche habe er mit Campbell geführt, sagt Söderholm, bevor er sie in seinen Trainerstab holte, um bei dieser WM und bei der Hoffnung auf die Olympia-wiedergutmachung den größtmöglichen Erfolg zu haben. „Es ist eine Eishockey-entscheidung.
Für mich ist es völlig egal, ob es ein Mann oder eine Frau ist“, sagt Söderholm. Die Frauen-männer-diskussion möchte der 44-Jährige am liebsten gar nicht weiterführen: „Man dreht sich im Flieger auch nicht um, wenn man merkt, dass die Kapitänin eine Frau ist.“
Ihre andere Expertise von Spielszenen ist genau das, was der Bundestrainer haben will. Söderholm ist derart überzeugt von Campbell, dass er ihr die Verantwortung für das Unterzahlspiel übertragen hat – und das ist ein oft spielentscheidender Faktor. Und gewinnen wollen die DEBCracks mit Jessica Campbell noch oft bei die WM.
Bundesliga, Frauen, 18./20. Spieltag
2. Bundesliga, Frauen, 21. Spieltag
Herren-turnier in Genf (597 900 Euro)
Giro d’italia