Arbeitgeber darf Kopftuch verbieten
Der EUGH erlaubt Einschränkungen, wenn Neutralität für den Betrieb wichtig ist und konsequent umgesetzt wird.
Luxemburg. Arbeitgeber dürfen Angestellten ein islamisches Kopftuch im Job verbieten, müssen das aber gut rechtfertigen und entsprechend auch gegen andere religiöse und weltanschauliche Zeichen vorgehen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EUGH) in Luxemburg zu zwei Fällen aus Deutschland entschieden (C804/18 und C-341/19). In dem einen Fall ging es um eine Heilerzieherin in einer Kindertagesstätte des Hamburger Vereins Wabe. Die zweite Frau war Verkäuferin bei der Drogeriemarktkette Müller. Beide trugen am Arbeitsplatz ein islamisches Kopftuch und gerieten darüber in Konflikt mit dem Arbeitgeber. Die in Deutschland zuständigen Gerichte wandten sich zur Auslegung des Eurechts nach Luxemburg.
Der EUGH entschied nun, dass der Arbeitgeber grundsätzlich das Tragen „jeder sichtbaren Ausdrucksform politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen“verbieten dürfe. Das müsse aber einem „wirklichen“Bedürfnis entsprechen, der Arbeitgeber müsste also sonst Nachteile erleiden. Maßgeblich seien die Erwartungen der Kunden beziehungsweise Eltern.
Zugleich machte der Gerichtshof klar, dass ein Verbot nicht bestimmte Anschauungen oder Religionen wie hier den Islam besonders treffen darf. Er hielt in dem Zusammenhang fest, dass der Arbeitgeber der Erzieherin eine andere Mitarbeiterin, die ein religiöses Kreuz trug, zum Ablegen des Kreuzes bewegt habe. Die von einem Unternehmen gewünschte Neutralität müsse ganz konsequent umgesetzt werden.
Dabei gewährte der EUGH der deutschen Justiz, die die Fälle im Licht seines Urteils nun abschließen muss, Ermessensspielraum. Dieser könnte den betroffenen Frauen zugutekommen. Die nationalen Gerichte dürfen beim Abwägen der in Rede stehenden Rechte „dem Kontext ihres jeweiligen Mitgliedstaats, und insbesondere den in Bezug auf den Schutz der Religionsfreiheit günstigeren nationalen Vorschriften, Rechnung tragen“. In Deutschland gibt es dem Anwalt der Erzieherin zufolge einen „besseren rechtlichen Schutz für die Religionsfreiheit aller Gläubigen (und Ungläubigen)“als in Europa allgemein.