Heidenheimer Neue Presse

Hoffen auf das kleine Glück

Eine Roma-familie aus Rumänien ist vor einem Jahr nach Stuttgart gekommen, um sich aus dem Elend zu strampeln. Es ist ein täglicher Kampf.

- Von Sylvia Rizvi riz

Rumänien nix gut“, sagt Maria, die langen, dunklen Haare im Nacken verschlung­en. Seit rund einem Jahr ist die junge Mutter mit ihrem Mann Matyas (Namen geändert) in Stuttgart. Ein besseres Leben hatte sich das Ehepaar vorgestell­t, vor allem für den einjährige­n Sohn und die vierjährig­e Tochter. Hatte sich aufgemacht, Arbeit zu finden und Geld zu verdienen. Wollte die selbstgeba­ute Lehmhütte ohne Strom und fließend Wasser gegen eine richtige kleine Wohnung in Stuttgart tauschen. Doch das kleine Glück lässt auf sich warten. In den letzten zwölf Monaten lebte die Familie mal auf der Straße, mal in einem verwahrlos­ten Haus.

Maria ist nie zur Schule gegangen. Sie wuchs bei Ihrer Großmutter auf und pflegte sie im Alter. Auch ihr Mann kann kaum lesen und schreiben. Zwar ging er sechs Jahre zur Schule, aber seine Lernproble­me interessie­rten niemanden. Die vier könnten im Monat 20 Euro Sozialhilf­e und zehn Euro Kindergeld erhalten. „Damit kommt man auch in Rumänien nicht weit“, sagt Karina-vanesa Niculescu von der „Ambulanten Hilfe“. Und wer wie das Paar die Formulare nicht ausfüllen könne, gehe leer aus.

Die Sozialarbe­iterin Niculescu ist selbst Rumänin und wurde von der Wohnungslo­seneinrich­tung eingestell­t, um nichtdeuts­che Eu-bürger zu unterstütz­en. Rund 250 hätten im vergangene­n Jahre in deren Tagesstätt­e Hilfe gesucht. Wie Maria und Matyas fehlt den meisten ein Schul- oder Ausbildung­sabschluss. Sie leben auf der Straße oder in Zimmern. Bis sie einen Arbeitgebe­r finden, halten sie sich mit Flaschensa­mmeln oder Betteln über Wasser. Von anderen Obdachlose­n werden sie meist feindselig beäugt.

80 osteuropäi­sche Besucher der Tagesstätt­e haben 2020 Arbeit gefunden, auf dem Bau, als Reinigungs­kraft oder als Erntehelfe­r. Oft reichte das Geld kaum zum Leben. Manche ergatterte­n einen sozialvers­icherungsp­flichtigen Job, etwa in der Zeitarbeit. Meist war er befristet oder geringfügi­g.

Auch das Ehepaar begann seinen Weg in Deutschlan­d bettelnd. Es bekam Strafbesch­eide wegen verbotenen gewerbsmäß­igen Bettelns. Niculescu hat Widerspruc­h eingelegt. Das Paar sei in keiner Gruppe organisier­t und müsse keinen Vermittler bezahlen, sagt sie. Sogar das Bettelgeld habe man Matyas schon weggenomme­n, mehr als 300 Euro, schätzt er. Für ihn ein Vermögen.

Bis September hat das Ehepaar in einem der „Bettlerhäu­ser“in Stuttgart-degerloch gewohnt, in denen mittellose Osteuropäe­r wohnten – der Bezirksvor­steher nannte die Menschen in den Medien eine „anonyme Masse“. Zuerst

zog Matyas ein, dann die Kinder.

Für ein 16-Quadratmet­er-zimmer bezahlten sie 10 Euro pro Erwachsene­n und 5 Euro pro Kind. „Das Bett und die Matratze bekam ich von einem Mann gespendet, für den ich gearbeitet habe“, übersetzt Niculescu für Matyas. „Darin schliefen wir alle vier.“Bezahlt haben sie direkt bei der betagten Vermieteri­n. „Sie war eine gute Frau“, sagt Matyas. „Außer, wenn man nicht bezahlte.“Dann sei man mit dem Besen bedroht worden.

Die Unterkunft sei schmutzig gewesen, voller Kakerlaken, erzählt das Paar weiter. Es gab weder Hausmeiste­r noch Reinigung. „Ich habe unseren Raum selbst geputzt“, berichtet Maria. „Ab und zu wischte ich auch das Treppenhau­s, weil ich mich geschämt habe vor den Kindern.“

Auch die Anwohner missbillig­ten den Müll und Dreck ums Haus. Im Stadtteil rumorte es, die lokalen Zeitungen berichtete­n. Im September 2020 räumte die Stadt die Gebäude. Die meisten rumänische­n und bulgarisch­en Bewohner waren nicht gemeldet und hatten keinen Job, die Stadt schickte sie deshalb zurück. „Ich hatte aber einen Arbeitsver­trag“, sagt Matyas. Als Hilfsarbei­ter jobbte er in einem Kleinbetri­eb. Die Familie lebt seitdem in einem Zimmer in einer Sozialunte­rkunft, sagt Niculescu. Bis Mai sei ihr Lebensunte­rhalt gesichert. dann

Maria, verkündet. Das internatio­nale Abkommen war 2011 vom Europarat ausgearbei­tet worden.

Lucha erklärte zudem, die Auswirkung­en der Corona-pandemie auf die Fälle häuslicher Gewalt seien noch nicht exakt zu beziffern. Das Land habe vorsorglic­h Mittel zur Verfügung gestellt, um die technische Ausrüstung für digitale Beratung sowie Ausweichqu­artiere zu schaffen.

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Die Sozialarbe­iterin Karina-vanesa Niculescu von der „Ambulanten Hilfe“betreut in Stuttgart Wohnungslo­se aus der EU.

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