Hülle ohne Inhalt
Millionen-finanzierung für Unternehmen, die erst noch gekauft werden sollen: Was der aus den USA stammende Börsentrend Spacs für Anleger bedeutet.
Gelohnt hat sich das Investment bislang nicht. Bei 12,25 Euro lag bei Handelsaufnahme am 22. Februar der Kurs. Aktuell sind es gut 10,50 Euro. Nur wer bei der Platzierung der Aktie für 10 Euro (dazu gab es noch einen Optionsschein) dabei war liegt im Plus. Kleinanleger waren es nicht, schließlich wurden die 27,5 Millionen Papiere von Lakestar nicht öffentlich, sondern privat unter Großanlegern platziert. Sechsfach sei die Emission überzeichnet gewesen, sagt Klaus Hommels, der Chef von Lakestar.
Was er macht, hat es seit zehn Jahren in Deutschland nicht mehr gegeben, während die Masche in den USA boomt. Sein Unternehmen ist ein Spac – eine „Special Purpose Akquisition Company“, also ein Spezialvehikel zum Kauf von Firmen. Anders gesagt: Eine Mantelgesellschaft oder eine Hülle ohne Inhalt. Den soll es erst noch geben, durch den Kauf eines Unternehmens. Lakestar schielt auf eine Firma aus dem Technologie-sektor: Software, ein Fintech vielleicht, Transport, Logistik,
Gesundheit oder Start-ups, die sich mit besonderen Technologien befassen.
Wieder einmal schwappt einmal eine Kapitalmarkt-mode aus den USA nach Deutschland. 2019 war der Trend zu Spacs auch dort mit 59 Börsenhüllen eher überschaubar. Aber im vergangenen Jahr waren es auf einmal fast 250. Emissionserlös: die Rekordsumme von 83 Milliarden Dollar. In diesem kamen bis Mitte Februar schon wieder 143 Spacs mit einem Volumen von 44 Milliarden Dollar an den Markt, berichtet die Börsenzeitung. Das scheint auch hierzulande Nachahmer zu animieren, zumal in Zeiten, in denen – trotz, aber auch wegen Corona
zerplatzten oft wie Seifenblasen, selbst wenn ein Unternehmen von einem Spac gekauft werde und an die Börse komme. Es gebe, sagt Kurz, genügend andere Möglichkeiten, Aktien zu kaufen. Spacs müssten es aber nicht sein.
– viel Kapital unterwegs ist und bei Null- und Negativzinsen nach Anlage-möglichkeiten gesucht wird.
Hommels hat sicher schon etwas im Auge für die 275 Millionen Euro, die er mit dem ungewöhnlichen Börsengang eingenommen hat. Die Aktionäre wissen es nicht, weshalb viele sagen: Wer Aktien eines Spac erwirbt, kauft die „Katze im Sack“, zeichnet einen Blankoscheck. Was kauft der Spac oder nutzt ein Unternehmen
den Mantel für den Sprung aufs Parkett durch die Hintertür? Das Geld muss auf einem Treuhandkonto geparkt werden. Wenn es letztlich nicht klappt mit einem Firmenkauf – allgemein wird ein Zeitraum von zwei Jahren angesetzt – muss ein Spac den Aktionären das Geld zurückzahlen. Den Sitz hat Lakestar in Luxemburg. In Deutschland wäre ein solches Finanzvehikel nur schwer oder kaum umsetzbar, sagt Christoph Schalast, Professor an der Frankfurt School of Finance&management. Die Börsennotiz in Frankfurt allerdings ist kein Problem.
Hommels schwärmt vom Potenzial, dass der Tech-sektor in Europa bietet. Notwendig dafür sei eine erfolgreiche Finanzszene. Die will er mit Lakestar bereichern. Die Samwer-brüder, Gründer der Internet-firmen-schmiede Rocket Internet wollen es Hommels gleichtun. Ebenso Martin Blessing, der frühere Commerzbank-chef und bis Ende 2019 Spitzenmanager der Schweizer Großbank UBS. Dem Vernehmen nach plant er ein Spac mit einem Volumen von 300 Millionen Euro. Blessing schielt angeblich auf die europäische Finanzindustrie. „Mit Lakestar ist der Trend zu Spac-ipos (also Börsengängen) auch in Deutschland angekommen“, sagt Oliver Seiler, Partner der Us-wirtschaftskanzlei Latham&watkins in Deutschland. Es gibt diverse Erfolgsmeldungen über Spacs in den USA. Sie haben Anlegern satte Kursgewinne beschert, nachdem Firmen gekauft wurden und so an die Börse kamen. Das gilt etwa für den Elektroauto-hersteller Nikola. Andererseits gibt es auch Fehlschläge, unter anderem wegen Betrügereien. Hierzulande ging der erste Spac, initiiert von Ex-arcandor-chef Thomas Middelhoff, dem Berater Roland Berger und einem Ex-banker in die Hose. Sie kauften mit ihrer Hülle 2009 das Strom-unternehmen AEG Power Solutions. 2017 rutschte es in die Pleite.
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